Der britischen Tennisspielerin Anne Keothavong war vergangene Woche auf dem heiligen Rasen von Wimbledon kein langer Auftritt beschieden. 71 Minuten währte ihre Partie gegen die Spanierin Garbiñe Muguruza, dann flog die 29-Jährige nach der ersten Runde vom Platz. Schlagzeilen hatte die Londonerin bis dahin jedoch schon gemacht - mit ihren Fingernägeln.
Geduldige Fernsehzuschauer haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass Ex-Boxer namens Schulz das lichte Axel-Haar mit einem Basecap verbergen, auf dem ein F-Wort steht. Und man nimmt es hin, dass Spitzensportler oft bis zur Halskrause mit Markennamen zugeklebt sind. Dennoch scheint das Potenzial von werbeträchtigen Körperstellen noch nicht hinreichend ausgeschöpft, weshalb Anne Keothavong in Wimbledon nun die Nagelprobe wagte: Auf ihren Fingern bewarb ein Unterhaltungskonzern aus dem Land der aufgehenden Sonne das neue, hochauflösende Fernsehen - auch 4K oder Ultra HD genannt. Dessen Bilder sind so detailreich, dass sie selbst Werbebotschaften auf den Fingernägeln einer Sportlerin sichtbar machen. Werbefachleute sprechen von Microtising, einem Kunstwort, das sich aus Advertising (Werbung) und microscopic (mikroskopisch) zusammensetzt.
Ob es jemand bemerkt hat? Wohl kaum. Zu sehen war die neue Werbeform nur für die wenigsten Menschen. Dazu musste man entweder selbst in Wimbledon gewesen sein, wo alle Spiele in 4K-Qualität auf Bildschirme im Sportareal übertragen wurden, oder aber in den großen Verkaufsfilialen des besagten Unterhaltungskonzerns. Einen großen Sender, der bereits dauerhaft in 4K ausstrahlt, sucht man bislang vergebens.
Es wird das Geheimnis des Herstellers bleiben, warum er für Geräte wirbt, die etwas können, was man nur sieht, wenn man so ein Gerät schon hat - aber nur theoretisch, weil es fast keinen Kanal gibt, der überhaupt so detailreich sendet.
Davon abgesehen muss man etwas anderes befürchten: dass Microtising trotz aller Detailschärfe auf Dauer nervt. Denn ob im Kleinen oder Großen, ist die am häufigsten eingesetzte Reklame-Botschaft immer dieselbe: "Hier könnte Ihre Werbung stehen!"
Von Ronny Strobel
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