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Es muss sein: Reden wir über Schwachsinn

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Nach langer Zeit ist es mal wieder soweit, ich kann nicht anders: Es geht um Schwachsinn. Der Grund ist ebenso einleuchtend wie nachvollziehbar: Seit Montag habe ich elf Gespräche mit Lesern geführt, in denen mir die Anrufer mit Nachdruck zu verstehen geben wollten, dass für sie hier eine Grenze überschritten worden ist und dass sie ernsthaft den Geisteszustand von Menschen in Zweifel ziehen, die mehr oder weniger auf das Wohl von uns allen einen Einfluss ausüben können oder dies zumindest versuchen. Sechs Leser sprachen ausdrücklich von Schwachsinn, vier haben Blödsinn als Synonym dafür verwendet, während eine Frau in der Leitung von Unsinn sprach. Um vier verschieden Themen ging es dabei:

"Einen größeren Schwachsinn habe ich schon langer nicht mehr in der Zeitung gelesen", sagte ein Leser und kommentierte damit die Meldung "Präsident plädiert für Rente mit 70"; wegen des zunehmenden Fachkräftemangels hatte Handwerkspräsident Otto Kentzler sich mit diesem Vorschlag an die Öffentlichkeit gewagt drei weitere Anrufe gab es dazu). "Das ist doch wieder mal typisch, die Damen und Herren bei der Europäischen Union sind doch nur dazu da, sich von Zeit zu Zeit solchen Schwachsinn auszudenken", sagte ein Leser und zog mächtig über den Inhalt des Artikels "Die Kontonummer hat bald 22 Stellen" auf der Seite Ratgeber her; darin geht es um das neue EU-System Sepa, das zum 1. Februar 2014 eingeführt werden soll, wobei europaweit einheitliche Kontonummern (IBAN) die alten Zahlenkombinationen ablösen werden (zwei weitere Anrufe mit ähnlichem Inhalt gab es dazu). Zum dritten Thema gab es gestern hier schon ein paar Bemerkungen: "Typisch für die Grünen, für jeden Ökoblödsinn zu haben", schimpfte eine Leserin über den Vorschlag, in deutschen Kantinen einmal in der Woche einen "Veggie Day" einzuführen (auch hierzu haben zwei weitere Leser bei mir angerufen). Einen Anruf gab es wegen des Artikels "Sparkasse Chemnitz bewegt sich auf solidem Wachstumskurs": "Unsinn, tut mir leid, mehr fällt mir dazu nicht ein; ich kann Ihnen Beispiele nennen, wie diese Bank zu ihrem Wachstum auf dem Rücken der Kunden kommt", sagte eine Leserin.

Nun möchte ich mich nicht weiter zu den einzelnen Themen äußern, es soll jetzt auch nicht um eine Diskussion darüber gehen (obwohl mich das reizen würde, doch dafür reicht hier der Platz einfach nicht). Mich beschäftigt vielmehr folgende Frage: Wenn die Menschen, die mich wegen solcher Anliegen angerufen haben, wirklich davon ausgehen, dass mit viel Verantwortung ausgestattete Politiker, einflussreiche Verbandspräsidenten oder als Experten geltende EU-Kommissionsbeamte nicht mehr bei klarem Verstand und deshalb auch nicht mehr zurechnungsfähig sind, würde ich gern von den Anrufern erfahren, mit welcher Einstellung sie die kleinen oder größeren Probleme des Alltags lösen und wie sie den normalen (mein Lieblingswort dafür) Wahnsinn in unserer auf Konsum und Wachstum ausgerichteten Gesellschaft bewerten. Auch auf die Gefahr, dafür wieder Schelte einstecken zu müssen, doch diese Fragen bringen auf den Punkt, was ich meine: Was ist der Kauf einer Jeans für unter zehn Euro oder eines T-Shirts für zwei Euro? Was ist der in Mexiko angebaute Blumenkohl in dem Fertiggericht für gerade mal einen Euro? Muss ich im tiefsten Winter unbedingt Erdbeeren essen wollen?

Manchmal versuche ich, bei den Gesprächen mit Lesern zu hinterfragen, welche Aussagekraft das von ihnen gebrauchte Wort "Schwachsinn" wirklich hat. "Das haben sich doch qualifizierte Experten ausgedacht, um den Geldfluss innerhalb von Europa einfacher zu machen, und davon profitieren doch auch die Verbraucher, wenn sie sich beispielsweise Waren im Ausland bestellen wollen", habe ich beispielsweise einem Kritiker der neuen Kontonummern gesagt. "Das glaube Sie doch wohl selber nicht", habe ich als Antwort darauf erhalten, weshalb ich nicht weiter darüber gesprochen habe. Also höre ich mir an, was alles Schwachsinn ist; manchmal fällt mir das leichter, manchmal schwieriger.

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