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Ein Ärgernis, und das auch noch öffentlich

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Zu den Fragen, die mir Leser am Telefon häufig stellen, gehört auch diese: Was kann ich tun, haben Sie einen Rat für mich? Über solche Gespräche und die Versuche, eine Antwort zu finden, habe ich hier schon oft berichtet. Zu den Fragen und Kommentaren, die mir Anrufer mindestens genauso oft stellen und kundtun, zählen auch diese Formulierungen: Was hätte ich tun sollen, wie hätte ich reagieren sollen, was hätten Sie denn gemacht? Auch von diesen Unterhaltungen habe ich im Blog schon erzählt. Innerhalb von zehn Minuten gab es heute zwei solcher Anrufe, beide haben auf meiner internen (und nach oben offenen) Skala "Originalität" den Wert von fünf Punkten überschritten; die erste kam auf 5,6, die zweite sogar auf 7,3 Punkte.

Episode 1: "Unmittelbar bevor dann der Hagelsturm losbrach, habe ich beim Gewitter vorgestern Abend ein fast unheimliches Geräusch gehört; ein lautes Rauschen, aber nicht wie von Wind, sondern eher konstant und bedrohlich, fast ein Dröhnen", erzählte mir eine Leserin und fragte mich, ob die Redaktion nicht mal recherchieren könne, um welche Art von Wetterphänomen es sich bei diesem lauten Brummen gehandelt haben könnte. Um die Kollegen im für solche Anliegen zuständigen Fachressort noch detaillierter beschreiben zu können, worum mich die Anruferin bat, wollte ich von ihr wissen: "Aufgenommen haben Sie es nicht zufällig?" Die Frau in der Leitung sagte zunächst nichts, dann dies: "Wie bitte?" Während des Schweigens in meinem Kopfhörer war mir jedoch klar geworden, dass ich bei meiner Frage von etwas ausgegangen war, was in diesem Fall einfach nicht zutraf, weshalb ich der Leserin dann mit viel Verständnis für ihre Unwissenheit erklärte, dass es mittlerweile moderne mobile Telefone gibt, die über eine Videofunktion mit einer erstaunlichen Qualität bei der Tonaufnahme verfügen. "Mein Mann hat ein Handy, ich nicht, aber ich weiß nicht, wie Sie in dieser Situation reagiert hätten, aber ich aber ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich nicht irgendwo in Deckung gehen soll."

Episode 2: Nur wenige Minuten später war ich dann doch noch dankbar für die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik. "Ich möchte Ihnen erzählen, was mir heute passiert ist, Sie werden es kaum glauben, aber für eine Recherche ist es nicht geeignet, für einen Bericht in der Zeitung also auch nicht, doch trotzdem muss ich es loswerden", sagte ein Anrufer und schlug vor: "Vielleicht können Sie es für Ihren Blog verwenden." Gesagt, getan, dies hat der Mann erlebt: Auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes konnte er beobachten, wie ein Kleintransporter auf das Gelände fuhr und in einer der Parkbuchten in Sichtweite des Eingangsbereichs des Supermarktes abgestellt wurde. Dann öffnete sich die Beifahrertür, und eine Frau stieg aus und ging um die Frontseite des Lieferwagens herum zur Fahrertür und öffnete diese; diese Dame sei, auch wenn eine eher spärliche Bekleidung in dieser Jahreszeit und bei den momentane Temperaturen nichts außergewöhnliches sei, angesichts der sexuell aufreizenden Kleidung offensichtlich eine Vertreterin des horizontalen Gewerbes gewesen. Die Frau habe sich dann zum Fahrer des Lieferwagens gebeugt und ... "Halt", habe ich den Anrufer unterbrochen und gefragt: "Sie meinen, sie hat ihm (...)" "Genau so sah es aus, sie hat ihm (...), und alle hätten, wenn sie in diese Richtung geguckt hätten, dabei zuschaue können. Stellen Sie sich doch nur mal vor, da wären Kinder auf dem Parkplatz gewesen." Und dann stellte er mir diese Frage: "Was hätten Sie in dieser Situation gemacht?" Natürlich fiel mir als erstes ein, die Polizei anzurufen, weil diese "Erregung" offenbar ein öffentliches Ärgernis darstellt, doch dann erinnerte ich mich, dass ich erst gestern in der "Freien Presse" diese Nachricht gelesen hatte: "Zwischen dem Eingang eines Notrufes und dem Einsatz vor Ort liegen bei der sächsischen Polizei durchschnittlich 19 Minuten." Demnach dürfte es zwecklos gewesen sein, in diesem Fall die 110 zu wählen, weil die beiden Personen in dem Kleintransporter vermutlich nicht so lange brauchen würden, um ... Also war ich ehrlich und habe dem Mann in der Leitung gesagt: "Vermutlich wäre ich einfach weitergegangen." Zum Schluss des Gesprächs habe ich dann noch leise Zweifel aufkommen lassen, ob die Beobachtungen auf dem Parkplatz nur diese eine Schlussfolgerung zuließen. Der Leser hat sie mit einem Satz zerstreut: "Ich habe die Szene mit dem Handy fotografiert, ich schicke Ihnen das Foto per Mail." Das Bild ist jetzt auf meinem Rechner, und ich stimme dem Anrufer zu: So wird's gewesen sein.

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