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Zu den Akten, wenn ich etwas nicht verstehe
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Manche Äußerungen von Lesern kann ich nicht, manche muss ich nicht und manche möchte ich auch nicht verstehen. Für solche Hinweise und Fragen von Anrufern habe ich mir eine eigene Datei angelegt, in der ich die Notizen meiner Kurzprotokolle ablege, weil ich sie nicht löschen möchte, denn man kann schließlich nicht wissen, ob sie nicht irgendwann einmal von Nutzen sein können oder ich nach ihrem Verbleib gefragt werde; diese Datei trägt den Namen "I-Files" und sie hat den Untertitel "in memoriam Dana und Fox"; das "I" steht übrigens für "incredible", und dieser Anglizismus darf sein, ich bitte um Nachsicht. Weil Papier bekanntlich geduldig ist und das für die Festplatte des Computers um ein Vielfaches gilt, denke ich für gewöhnlich nicht darüber nach, wenn ich wieder mal ein paar Sätze in die "I-Files" rüberschiebe, doch heute waren es gleich drei, weshalb ich jetzt darüber berichten möchte:
Episode 1 (I-Files/126): Er habe gelesen, dass unter den Menschen in Sachsen die Bereitschaft zur Organspende stark nachgelassen habe, ließ mich der Leser wissen, bevor er mir einen "Denkanstoß" mitteilte, was man dieser Entwicklung entgegensetzen könnte: "So wie zum Beispiel Blutspender immer wieder (zu Recht) namentlich in der Presse erwähnt werden, könnte ich mir so etwas auch für Organspender (mit oder ohne Ausweis) vorstellen. Wenn nicht ausdrücklich widersprochen wird, könnte in jeder Todesanzeige in kleiner Schrift das Wort 'Organspender' eingefügt werden. Das Wort könnte auch durch ein Symbol ersetzt werden. Sicher wäre es der Bereitwilligkeit zur Organspende nicht abträglich."
Episode 2 (I-Files/127): Dieser Leser beginnt seine Anrufe immer mit diesem Satz: "Ich habe in Ihrer aus dem Westen ferngesteuerten Zeitung gelesen, dass ...", sagt und erklärt mir dann, warum die Menschen hier in der Region das nicht akzeptieren können, was sie da in dem einen Artikel erfahren; diesmal ging es um die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns. Normalerweise lasse ich ihn reden und diskutiere nur über den Inhalt, nicht über die Einleitung des Gesprächs. Heute aber war ich tatsächlich etwas genervt von diesem Satz, weshalb ich sagte: "Der Chefredakteur ist hier geboren und aufgewachsen, auch sein Stellvertreter und ebenfalls die stellvertretende Chefredakteurin. Ich versuche jetzt mal, Sie mit einem Mitglied der Chefredaktion zu verbinden, dann können Sie in Ruhe mal über diese Fernsteuerung sprechen und sich anhören, was meine Chefs dazu sagen." Ich habe den Verbindungsknopf gedrückt, bis zehn gezählt und mit dann das Gespräch zurückgeholt. "Es tut mir leid, aber ...", habe ich gesagt, bevor ich das Tuten in kurzen Abständen gehört habe.
Episode 3 (I-Files/128): "Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass Sie mit einer solchen Überschrift dieser schlechten Entwicklung auch noch Vorschub leisten", fragte mich eine Leserin und zitierte die Überschrift des Aufmachers der Titelseite vom Samstag: "Bereitschaft zur Organspende sinkt in Sachsen dramatisch". Die Anruferin redete sich innerhalb weniger Sätze in Rage, weil sie der Ansicht ist, dass genau solche Berichte, in denen immer wieder der Finger in die Funde gelegt und an die Manipulationsskandale in Göttingen, Regensburg, München und Leipzig erinnert würde, dafür verantwortlich seien, dass die Menschen verunsichert werden und sich von der Bereitschaft zur Organspende anwenden. "Sie meinen also, man hätte diese Nachricht verschweigen sollen?", fragte ich und erhielt als Antwort: "Ganz genau, denn solange, wie niemand wirklich ein gute Idee hat, was man dieser Entwicklung entgegensetzen kann, ist Schweigen die beste Lösung im Vertrauen darauf, dass die Leute diese Skandale langsam vergessen und sich von ihrem gesunden Menschenverstand leiten lassen und sich wieder für die Bereitschaft zur Organspende entschließen."
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