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Anders und doch zum Scherzen aufgelegt

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Es war wie an jedem Mittwoch, weil die aktuelle Seite Leserforum in der "Freien Presse" erschienen und darauf meine wöchentliche Kolumne zu lesen ist (unter Angabe meiner Kontaktdaten), denn auch heute habe ich zwischen zehn und elf nahezu ohne Pause mit Lesern gesprochen und mir ihre Anliegen angehört. Doch heute war etwas anders, und an diesen Mittwoch werde ich mich noch eine Weile erinnern. Aus einem ganz einfachen Grund: Der Zahl der Anrufer, die zum Scherzen aufgelegt waren, war überdurchschnittlich groß und lag bei 30,8 Prozent; das ist wirklich viel, weshalb ich heute auch nicht ein einziges Mal in die Schreibtischschublade gegriffen und mir ein Stück bittere Schokolade geleistet habe (die gibt es nur in Momenten des Bedarfs an Trosteinheiten). Diese Leser haben mich zum Lachen gebracht:

Episode 1: An dieser Stelle muss ich kurz aus dem Nähkästchen meines Lebens plaudern: Während meines Studiums habe ich mal in einer Wohngemeinschaft gelebt; zwei Frauen teilen sich mit mir eine Dreizimmerwohnung: Die eine hieß mit Nachnamen Pech, die andere Schade. Die Situationen, die entstanden, wenn eine von beiden ans Telefon ging und sich mit Namen meldete, obwohl die andere verlangt wurde, haben für viel Heiterkeit gesorgt. Aus diesem Grund, weil ich mich gern an diese Zeit erinnere, kann ich es manchmal nicht lassen, bei gewissen Namen meine Schlagfertigkeit zu testen; meistens beiße ich mir auf die Zunge und spreche nicht aus, was ich denke, heute habe ich es aber getan: "Mein Name ist Anders", sagte die Frau in der Leitung. "Meiner auch", habe ich gesagt. "Ich weiß", erwiderte die Anruferin, wobei ich ihr ins Wort fiel: "Dass ich nichts weiß." "Von wem?", fragte mich die Leserin, und ich antwortete: "Platon. Oder Sokrates?"

Episode 2: Offensichtlich köstlich amüsiert hat sich heute eine Leserin, nachdem sie auf der Seite Ratgeber den Artikel "Neue Tracht im alten Look" gelesen hatte und sich dabei vorstellen wollte, wie ich aussehen würde, wenn ich eine Lederhose, Kniestrümpfe und ein kariertes Hemd tragen würde, um auf ein Oktoberfest zu gehen. Das allein aber hat sie nicht wirklich zu einem Ausbruch an Heiterkeit geführt, vielmehr war es dies: "Vor allem, wenn ich mir vorstelle, was sie mit Ihren Haaren machen; zusammenbinden geht ja schlecht."

Episode 3: "Ich muss am Sonntag mit dem Auto von Annaberg nach Erlabrunn fahren, können Sie mir sagen, welche Strecke ich da am besten wähle?", wollte ein Leser von mir wissen. "Nein, tut mir leid, im Erzgebirge kenne ich mich überhaupt nicht aus", habe ich geantwortet. "Können Sie das mal für mich rauskriegen?", formulierte der Mann sein Anliegen weiter und erreichte, dass ich den Routenplaner im Netz aktivierte und zu dem Ergebnis kam: "Sie fahren die B 101 bis Schwarzenberg und dann in Richtung Erlabrunn." Der Anrufer zögerte keinen Moment, mir mit Nachdruck mitzuteilen: "Erwischt." Ich schwieg, also fügte er hinzu: "Am Wochenende ist doch Tag der Sachsen, da kann man Schwarzenberg  wohl vergessen, wenn man mit dem Auto durch die Stadt oder daran vorbei will." Ich fühlte mich nicht wirklich ertappt, gab jedoch fragend zu: "Das stimmt, was kann ich also für Sie tun?" Offensichtlich fand er Gefallen an dieser Unterhaltung, denn der Leser fragte mich: "Kennen Sie nicht das Zauberwort für dieses Problem?" Kannte ich nicht, was ich ihm auch sagte, also sprach er die Formel: "Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater, Umleitung." Nun endlich fiel der Groschen bei mir; der Mann wollte von mir die alternativen ausgewiesenen Routen rund um Schwarzenberg erfahren, denn in der Zeitung habe  er sie schmerzlich vermisst, aber die ich natürlich auch nicht kannte und ihn deshalb an die Kollegen in der zuständigen Lokalredaktion verwiesen habe. Damit war das Gespräch eigentlich beendet, doch ich wollte dies noch loswerden: "Kennen Sie den chinesischen Energieminister?", fragte ich. Kenne er nicht, erwiderte der Mann, also habe ich ihm den Namen gesagt: "Hai Zung." Der Anrufer schwieg, verstand den Witz nicht, weshalb ich ihm auf die Sprünge geholfen habe: "Das ist der Kabinettskollege des chinesischen Verkehrsministers, der heißt nämlich Um Lai Tung."

Episode 4: "Hier ist ihr kleines Fresserchen", sagte - eigentlich war es mehr ein Hauchen - eine Frauenstimme; ich war verwirrt, weshalb ich nichts anderes sagen konnte als dies: "Wer bitte ist da?" Nun hörte ich ein Geräusch, das mehr ein Glucksen war, als das man es hätte als Lachen, was ist vermutlich sein sollte, bezeichnen können, doch dann kam die Anruferin doch noch zur Ruhe und formulierte mit deutlichen Worten: "Hier ist Frau L. aus F., ich habe schon häufiger bei Ihnen angerufen", sagte sie, während ich mittlerweile ein Ahnung davon bekam, wen ich da in der Leitung hatte, weil es eine Reihe von Leuten gibt, die mich, weil es ihnen Spaß mach, mehr oder weniger regelmäßig anrufen, und erklärte mir dann: "Nun habe ich heute ihre Kolumne gelesen und mir gedacht, dass ich jetzt nicht anders kann, als Sie anzurufen und Ihnen ein bisschen von Ihrer Zeit zu stehlen." "Na dann mal los", sagte ich, weil mir langsam dämmerte, was sie mit der Einleitung hatte zum Ausdruck bringen wollen, und forderte sie auf: "Aber schlingen Sie nicht zu sehr, wenn sie sich meine Zeit einverleiben." Also fing die Frau noch mal von vorn an, formulierte aber eine Variante ihrer Vorstellung: "Hier ist Ihre treueste Zeitfresserin."

Nun (für die Mathelehrerinnen und -lehrer unter den Lesern) die abschließende Preisfrage (ohne Gewinnmöglichkeit): Wie viele Leser haben heute bei mir angerufen?

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