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Für das neue Jahr habe ich mir fest vorgenommen, mich mehr über die angenehmen Gespräche mit Lesern zu freuen, als mich über die weniger wohltuenden zu ärgern. Deshalb möchte ich jetzt auch mit einer kleinen Tradition brechen und am ersten Tag nach meinem Urlaub nicht von den ersten drei Anrufen zwischen zehn und zwölf berichten, um auf diese Weise zu beschreiben, wie so mein Arbeitstag aussieht und um welche Inhalte es geht, weshalb es gleich nicht um eingestellte Fernsehprogramme oder fehlende Müllentsorgungstermine in der Zeitung geht. Vielmehr treffe ich eine Auswahl, weil es bei drei der neun Unterhaltungen heute darum ging, das Vertreter einer ganz bestimmte Menschengruppe mich um Hilfe gebeten haben und ich das Problem tatsächlich lösen konnte. Bei den Lesern handelte es sich um "Senioren ohne Internet", aus diesen Notlagen konnte ich sie befreien.

Episode 1: "Ich bin ziemlich verzweifelt, ich weiß nicht mehr, was ich noch tun kann", sagte eine Leserin, deren Problem darin besteht, dass sie in Chemnitz wohnt, im März ihre Kinder und Enkelkinder in München besuchten möchte und sich eine Fahrkarte mit der Deutschen Bahn nicht leisten möchte. Also war sie, nachdem sie kürzlich den Artikel "Fernbusse auf der Überholspur" in der Zeitung gelesen hatte, auf die Idee gekommen, mit einem solchen Fernbus die Reise in die bayrische Hauptstadt anzutreten. Aber: "Leichter gesagt, als getan, denn überall dort, wo ich angerufen habe, konnte mir niemand helfen", sagte die Frau in der Leitung und teilte mir noch mit, dass sie einige Servicenummern unter anderem bei der Bahn und den Betrieben des Öffentlichen Personennahverkehrs gewählt hatte. Den Hinweis auf die Internetadresse www.busliniensuche.de am Ende des Artikels habe sie zwar gelesen, doch helfe er ihr nicht weiter, weil sie kein Internet nutze und auch niemanden kenne, der ihr damit helfen kann. Wenige Minuten und einige Klicks auf dieser Homepage weiter schrieb sich die Leserin eine Telefonnummer auf, unter der sie weitere Informationen über eine Busfahrt nach München zum Preis von 20 Euro erhalten kann. Ihre Dank begann mit den Worten "Sie sind mein ganz persönlicher ...".

Episode 2: Erstmals überhaupt habe ich eine Ausnahme von der Regel gemacht, dass ich mich eigentlich nicht darum kümmern möchte, wenn Leser mich anrufen, weil sie irgendwo (meistens im Urlaub) jemanden kennengelernt haben, von dem sie häufig nicht mehr als den Vornamen und vielleicht noch den Wohnort kennen, mit dem sie aber nun unbedingt in Kontakt treten möchten, weil diese Person ihnen nicht mehr aus dem Kopf gehe. Und das kam so: "Ich wohne in Traunstein. Kürzlich war ich auf der Rückereise von Berlin, als ich im Zug eine junge Frau kennengelernt und mich lange mit ihr angeregt unterhalten habe", sagte der Anrufer und bat mich um Hilfe, weil er dieses Gespräch gern weiterführen würde und außerdem jetzt einige Fragen beantworten könnte, die ihr die Gymnasiastin gestellt habe. Dieser Satz sorgte dafür, dass ich meine Meinung geändert habe und helfen wollte: "Ich bin weit über achtzig, und bitte glauben Sie mir, dass meine Absichten in jeder Beziehung ehrbar sind." Von der jungen Frau kannte er aber nur den Vornamen, und er wusste von der Tatsache, dass sie sich politisch in der Nachwuchsorganisation einer der großen Volksparteien engagiere. Diesmal nahm es deutlich mehr Zeit und viel mehr Klicks in Anspruch, bis ich mit diesen wenigen Angaben mit Hilfe der Suchmaschine einen Namen gefunden hatte. Die Telefonnummer herauszubekommen, war dann eher nicht so schwierig, und dann hatte ich sie persönlich in der Leitung: "Es ist ihre Entscheidung, aber: Wenn sie den alten Herrn anrufen, würden Sie ihm, glaube ich, eine große Freude machen." Und das (kleine) Wunder geschah, denn die junge Frau war begeistert, hat gelacht und sagte: "Das mache ich wirklich gern, es war tatsächlich ein sehr nettes Gespräch während der Zugfahrt."

Episode 3: "Ich würde gern mit diesem Mann in Kontakt treten", sagte ein Leser und fügte hinzu: "Ich denke nämlich, dass wir gemeinsam von unseren Erfahrungen mit diesem Hobby profitieren können." In dem Artikel, auf den sich der "schon etwas ältere" Anrufer bezog, ging es um einen Bastler, der sich eine Drohne gebaut hatte, mit der er aus der Vogelperspektive ganz besondere Fotos von seiner Heimatstadt schießen wollte. Nachdem ich mir den Artikel aufgerufen und den Namen gelesen hatte, brauchte ich noch weitere 30 Sekunden, um dem Leser die gewünschte Telefonnummer mitteilen zu können. Der Anrufer war verblüfft und fragte: "Wie haben Sie das denn so schnell geschafft?" Meine Antwort hat er dann nicht weiter kommentiert: "Der Mann steht im Telefonbuch."

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