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Ärger ist ein völlig überbewertetes Gefühl
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Mein Rückblick auf die Woche fällt heute eher bescheiden aus, denn bei der Sichtung meiner Randnotizen zu Themen, die nicht ergiebig genug für einen eigenen Blogeintrag waren, sind mir nur zwei Gespräche aufgefallen, über die ich nun kurz berichten möchte. Das erste gehört zur Kategorie "Hätte ich doch lieber geschwiegen":
"Ich weiß, dass es eine ungewöhnliche Bitte ist und dass das Thema vermutlich schwer zu bearbeiten ist, aber ich versuche es trotzdem einmal und bitte die Zeitung um Hilfe", sagte ein Leser und erklärte mir sein Problem: Während der vergangenen Wochen hatte er während der späten Abendstunden immer zur fast gleichen Zeit am Himmel ein sich schnell und fast geräuschlos bewegendes Fluggerät gesehen; die Flughöhe dürfte seinen Schätzungen zufolge unter 50 Meter gelegen haben, die eingeschalteten Scheinwerfer seien deutlich zu erkennen gewesen. Bewegt hätte sich das unbekannte Objekt über dem Stadtgebiet von Südwest nach Nordost, für ein Flugzeug oder einen Hubschrauber sei es eindeutig viel zu klein gewesen. "An Ufos glaube ich natürlich nicht", sagte der Mann und meinte weiter: "Aber vielleicht könnten Sie doch mal versuchen herauszubekommen, um was es sich dabei gehandelt hat." Ich nehme solche Anrufe immer ernst, und mit dem nächsten Satz wollte ich eigentlich auch nur die Stimmung etwas lockern: "Eine Drohne von Amazon auf dem Wege zu einem Kunden wird es wohl nicht gewesen sein, denn die dürfen, glaube ich, bei Dunkelheit gar nicht fliegen." Der Leser in der Leitung konnte darüber nicht lachen, und es hat eine Weile gedauert, bis ich das verlorene Vertrauen wiedergewonnen hatte. Das zweite Gespräch gehört zur Kategorie "Überflüssiger Ärger":
"Manchmal könnte ich vor Wut ins Lenkrad beißen", sagte mir eine Leserin, nachdem sie mir ihr Problem geschildert hatte: Von der Autobahn bis in die Innenstadt brauche sie seit einigen Wochen mindestens fünf Minuten länger als zuvor, weil die Grüne Welle nicht mehr funktioniere und sie bei jeder Ampel bei Rot zum Halten und Warten verdonnert werde. Ich versprach ihr, die Redaktion darüber zu informieren mit der Bitte, das Thema aufzugreifen und bei den verantwortlichen beziehungsweise zuständigen Behörden nachzufragen. Da es mir ein Bedürfnis war, der Frau etwas von ihrer Wut zu nehmen und den Ärger zu verringern, habe ich ihr noch erzählt, was ich heute Morgen auf dem Weg ins Büro (ausnahmsweise wegen einiger Anschlusstermine mit dem Auto) erlebt habe: Ich bin hinter einem Wagen (Modell ?Antik?, weil es seit den frühen neunziger Jahres dieses Modell nicht mehr gibt) hergefahren, dessen Fahrer (mit Hut) vor jeder grünen Ampel gebremst hat, um zu warten, bis es gelb wird, damit er in Ruhe sein Auto zum Stehen bringen konnte; nicht einmal, nicht zweimal ... Die Frau in der Leitung hat tatsächlich gelacht, was mich sehr gefreut hat, denn ich weiß, was ich ihr zum Schluss auch gesagt habe: Ärger ist ein völlig überbewertetes Gefühl.
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