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Mal mehr, mal weniger: Das ist ein Thema
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In meinem Wochenrückblick mit den kleinen Randnotizen geht es heute um Themen, die Leser mir am Telefon genannt haben, weil sie gern mal darüber etwas in der Zeitung lesen würden; durchschnittlich jeder vierte Anrufer wählt meine Nummer aus diesem Grund. Grundsätzlich unterscheide ich dabei zwei Arten von Unterhaltungen. Erstens: Ich höre zu und mache mir Notizen. Zweitens: Ich höre zu und mache mir Notizen und diskutiere darüber. Welchen Unterschied ich dabei mache, warum ich mich einmal so und einmal so verhalte? Das könnte ich ausführlich erklären, aber meiner Ansicht nach wird es auch deutlich, wenn ich diese drei Beispiele anführe, weil ich bei keinem dieser Gespräche seit Montag mit den Anrufern diskutiert habe.
Episode 1: Zwei Mal musste ich mich in dieser Woche dafür verteidigen, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die ein Fernsehgerät besitzen und deren Meinungsbildung (vielleicht gerade deshalb und ganz bewusst) vor allem über das Konsumieren von Talkshows erfolgt. In beiden Fällen ging es um dieselbe Sendung: "Menschen bei Maischberger" am vergangenen Montag zum Thema "Feindbild Islam: Wird der Hass geschürt?". Beide Unterhaltungen begannen mit dieser Frage: "Haben Sie die Maischberger gesehen?" Zum einen habe ich beide Male mit Nein geantwortet, zum anderen habe ich (in vollem Bewusstsein dessen, was ich tue) jeweils dies noch hinzugefügt: "Ich schaue kein Fernsehen, ich besitze nicht einmal ein Gerät." Beide reagierten ähnlich, die Leserin fragte mich: "Kann ich trotzdem mit Ihnen über dieses Thema sprechen?" Der Anrufer meinte: "Auch egal, ich kann Ihnen auch so erklären, worum es mir geht." Meine Strategie war also aufgegangen, denn ihre Meinungen durften die zwei Leser mir sagen, diskutieren musste ich aber nicht mir ihnen darüber, weil ich die Talkshow ja nicht gesehen hatte. Was soll ich sagen: Darüber war ich sehr froh. Die Frau hat mir zwei Minuten lang dargelegt, warum sie es nicht einsieht, dass in Leipzig eine Moschee gebaut werden darf, während in islamischen Ländern die Christen verfolgt würden, und dass sie von der Zeitung erwartet, darüber einmal ausführlich zu berichten. Der Mann hat doppelt so lange gesprochen, weil er mir ausführlich erklären wollte, warum seiner Ansicht nach der Islam den inneren Frieden in unserem Land gefährdet und dass es zu den Aufgaben der "Freien Presse" gehöre, diese Hintergründe einmal darzulegen.
Episode 2: Der Leser meinte: "Man muss den Menschen einfach nur einmal ganz klar die Perspektive aufzeigen, dann werden sie mit Sicherheit verstehen, warum es dazu keine Alternative gibt und warum am Ende alle nur Gewinner sind." Deshalb machte er diesen Vorschlag für einen Artikel in der Zeitung, es geht ihn um die Energiewende: Im Gegensatz zu den anderen konventionellen Möglichkeiten der Stromerzeugung stehen bei der Windkraft und der Sonnenenergie diese Energiequellen unbegrenzt zur Verfügung und kosten zunächst einmal nichts, weil niemand dafür Geld haben will (im Gegensatz beispielsweise zur Kohle und zum Gas). Wenn man also erst einmal die Infrastruktur und die technischen Anlagen geschaffen hat, wobei die Kosten dafür seiner Meinung nach eine zweitrangige Frage darstellen, gibt es die Energie dann quasi auch zum Nulltarif. Würden die Menschen dies begreifen, müssten sie sich keine Sorgen machen, weil der Strom jetzt zwar teurer wird, weil diese Zwischenphase schließlich finanziert werden muss, aber irgendwann in der Zukunft hätten die Anschaffungen und Investitionen sich amortisiert und die Energie fließe dann trotzdem weiter, ohne dass noch jemand viel dafür bezahlen muss. "Das ist doch eine schöne Perspektive", meinte der Anrufer und fügte noch hinzu: "Deshalb kann man Putin sogar dankbar sein, wenn er mit einem Lieferstopp für Gas droht, weil die Menschen bei uns zum Nachdenken gezwungen werden."
Episode 3: Ich kann mich noch gut daran erinnern, als vor vier Jahren die griechische Staatsschuldenkrise begann, über Wochen und Monate zu einem Dauerbrenner bei der Auswahl der Themen ebenso in Zeitungen wie in elektronischen Medien zu werden, und dass ich mich damals gefragt habe, ob nicht tatsächlich jeder Aspekt bis ins letzte Detail untersucht, hinterfragt oder auch von Kollegen kommentiert worden ist. Ganz ehrlich? Irgendwann hatte ich genug von diesem politischen Streit, wer für was verantwortlich ist und wie man wen aus der Patsche helfen muss, damit das System nicht kollabiert. Ob ich jemals alles verstanden habe? Eher nicht, weshalb ich mich eher davor gedrückt habe, eine eindeutige Position in dieser Diskussion einzunehmen; irgendwann habe ich, so wurde mir bewusst, wohl den Überblick verloren. Und dann erreicht mich heute dieser Vorschlag: "Ich vermisse in der Zeitung eine gründliche Erörterung der Ursachen für die ganze Krise. Die hatte ja eine Vorgeschichte." Was ich gedacht habe? Das behalte ich für mich. Was ich gesagt habe? "Ich werde die Kollegen in der Redaktion darüber informieren."
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