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Schnell wie das Licht? Eher wohl nicht

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Gestern habe ich hier noch darüber geschrieben, dass womöglich eine Generation von jungen Leuten gerade erwachsen wird, deren Vertreter davon ausgehen, dass man selbst die einfachsten Grundrechenarten nicht mehr beherrschen muss, weil man ja immer ein Smartphone dabei hat, mit dem man alle Gleichungen innerhalb weniger Sekunden lösen kann. Heute jedoch bin ich selbst am einfachen bis fortschrittenen Multiplizieren gescheitert und muss deshalb gestehen: An einer Stelle dieses Gesprächs mit einer Leserin war ich sehr froh, dass ich vor meinem Computer saß und den Rechner aktivieren konnte. Das kam so:

"Sie haben da heute einen Fehler in der Zeitung und zwar ...", sagte die Frau in der Leitung und nannte mir die Seite, den Artikel, den Absatz und die Zeile, in der sie ihn gefunden hatte; ich hatte sie nicht danach gefragt, sie packte diese Informationen in einen einzigen, sauber und korrekt formulierten Satz. Diesen Fehler hatte sie gefunden: In dem Artikel "Forscher nehmen Hubbles Konstante ins Fadenkreuz" auf der Seite Wissen in der Beilage "Wochenende" ist zu lesen, dass ein Lichtjahr die Strecke ist, die Licht im Vakuum in einem Erdenjahr zurücklegt. Das seien zehn Billiarden Kilometer. "Und das ist leider falsch", meinte die Anruferin und klärte mich auf: "Es sind zehn Billionen Kilometer."

Vermutlich weil ich mit meinen Gedanken noch bei dem Gespräch mit dem Leser war, der mich unmittelbar zuvor angerufen hatte, um mich zwanzig Minuten lang über die wahren Hintergründe des Konflikts im Nahen Osten aufzuklären, ließ ich mich zu einem Satz hinreißen, den ich normalerweise wohl nicht sagen würde, weil er tatsächlich ein wenig respektlos klingt: "Wenn Sie das meinen", hörte ich meine Stimme erklingen, was zur Folge hatte, dass diese Unterhaltung eine Wende nahm, die der Frau und mir ersparte geblieben wäre, wenn ich geschwiegen hätte. Also kam, was kommen musste: "Glauben Sie mir etwa nicht?", fragte mich die Anruferin und zögerte nicht, dies hinzuzufügen: "Dann denken Sie doch mal nach. Was wissen Sie über die Lichtgeschwindigkeit?"

Zum Glück waren mir noch, weil der Prüfer bei meinem Philosophie-Examen ein ehemaliger Experimentalphysiker gewesen war und er mit mir über die Bedeutung von Schrödingers Katze für die Existenzialisten innerhalb seiner Zunft gesprochen hatte, die Eckpfeiler von Einsteins Relativitätstheorie bekannt, weshalb ich antworten konnte: "Das Licht legt in der Sekunde rund 300.000 Kilometer zurück." So verlief das Gespräch dann weiter:

"Und?"
"Das wären dann, mal 60 Sekunden, 18 Millionen Kilometer in einer Minute." (Kopfrechnung)
"Stimmt. Und?"
"Das wären dann, mal 60 Minuten, (1. Anmerkung: Hier hat es etwas länger gedauert, so etwa zehn Sekunden, weil ich zuerst 6 x 10 plus 6 mal 8 ergänzt um die Nullstellen im Kopf ausrechnen musste), eine Milliarde und 80 Millionen Kilometer in einer Stunde."
(2. Anmerkung: Bevor die Leserin etwas sagen konnte, habe ich die Option "Rechner" in meinem Computer aktiviert, und begonnen die Ziffern 1.080.000.000 einzugeben.)
"Stimmt. Und?"
(3. Anmerkung: Ich tippte ganz leise und jeder Ziffer mit Bedacht und zeitverzögert, weshalb ich wieder fast zehn Sekunden dafür brauchte.) "Das wären dann, mal 24 Stunden, 25,92 Milliarden Kilometer am Tag."
"Stimmt. Und?"
(wie 3. Anmerkung) "Das wären dann, mal 365 Tage, 9,46 Billionen Kilometer in einem Jahr."
"Stimmt, was bedeutet, dass ich recht habe: Sie haben da heute einen Fehler in der Zeitung."

Abschließend habe ich sie noch gefragt, ob sie Lehrerin von Beruf sei, mit den Fächern Mathe und Physik, und bekam diese Antwort: "Nein, Hausfrau mit drei schulpflichtigen Kindern."

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