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Der Rotkittel und die Frage: On the road again?
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Zu meinen Grundsätzen hier im Blog gehört es, dass ich das mundartliche Aussprechen von Wörtern, die schon im Hochdeutschen eine mehr oder weniger große Herausforderung darstellen, nicht zum Gegenstand meiner Auswertung von Gesprächen mit Lesern zwischen zehn und zwölf mache. Deswegen zitiere ich den Anrufer auch in der Schriftsprache und behalte die tatsächliche Aussprache für mich:
"Das ist ein echter Fauxpas, den Sie da heute in ihrem Blatt haben", sagte er, schnaufte zweimal in einer Lautstärke, die mich hätte aus Angst vor einem handgreiflichen Übergriff einen Schritt zurückgehen lassen, wenn der Mann vor mir gestanden hätte, und fügte dann hinzu: "Und das nennt sich Heimatszeitung, ich halt's nicht aus." Mit nicht weniger markanten Worten machte der Leser mir dann klar, dass "Freie Presse" ihn mit einem Artikel tief in seiner erzgebirgischen Seele getroffen und dort unwiderruflichen Schaden angerichtet habe, weshalb er jetzt darüber nachdenkt, die Zeitung nicht mehr lesen zu wollen. Was war passiert?
"Schlagen Sie doch mal die dritte Seite von heute auf", sagte der Mann und erhielt von mir zur Antwort: "Das dauert jetzt ein bisschen, weil ich das Programm erst starten muss, bitte haben Sie einen Moment lang Geduld." Hatte der Anrufer leider nicht sofort, denn er fragte nach: "Wie meinen?" Zwei Möglichkeiten hatte ich zur Auswahl: Ich erkläre ihm, wie E-Paper funktioniert, und warum die papierlose Zeitung mir das Arbeiten erleichtert, oder ich sage: "Gleich habe ich die Seite aufgeschlagen, noch zwei Sekunden, jetzt liegt sie vor mir, was kann ich für Sie tun?" Und in diesem Augenblick, da die Seite Zeitgeschehen meinen Bildschirm ausfüllte, rutschte mir das Herz in die Hose, ich fühlte mich ertappt: Zum einen hatte ich den ganzseitigen Artikel über den Wettbewerb "Tradition und Form 2014", bei dem die besten erzgebirgischen Kunsthandwerker und Spielzeughersteller für ihre innovativen Produkte ausgezeichnet werden, nur überflogen, weil dieses Thema und meine eigene Vorstellung von künstlerischem Ausdruck keine besonders große gemeinsame Schnittmenge haben. Zum anderen bin ich alles andere als ein kompetenter Gesprächspartner, wenn es darum geht, dem Leser zu erklären, dass es nicht unsere Absicht war, mit diesem Bericht sein erzgebirgisches Selbstverständnis zu treffen, weil ich nicht wirklich viel über die erzgebirgisches Seele weiß. Doch ich wollte mutig sein und sagte: "Erzählen Sie mir doch bitte, worüber Sie sich geärgert haben."
Das tat er dann auch, nicht ohne diese Bemerkung voranzustellen: "Das fragen Sie noch? Ich fass' es nicht", sagte der Anrufer und forderte mich auf: "Lesen Sie doch mal die Überschrift. Fällt Ihnen da nichts auf?" Ich tat, wie mir empfohlen, und zitierte laut die Überschrift "Biker machen das Rennen", bevor ich gestand: "Tut mir leid, nein." Den anschließenden Wortschwall fasse ich, weil ich gar nicht so schnell aufschreiben konnte, wie ich glaubte, die Wörter und Sätze zu verstehen, wie folgt zusammen: Niemand im Erzgebirge, der auch nur ein bisschen sich für Tradition und Brauchtum interessiert und engagiert, benutzt das Wort "Bike" als Bezeichnung für ein Motorrad, und die Behauptung, dass der Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht auf einem "Bike" unterwegs sind, grenzt an ethnologischer Blasphemie. Ob sich der Mann jetzt besser fühlt, nachdem er mit mir telefoniert hat? Das ist der Fall, da bin ich mir ganz sicher.
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