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Der Mensch, die Ware und der Einkaufswagen
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"Sind Sie in der Lage, mit mir über Karl Marx zu sprechen?", sagte eine Leserin und erweiterte ihr Frage noch um diesen Zusatz: "Oder gehören Sie auch zu den Zeitgenossen, die nichts mehr mit diesem großen Philosophen zu tun haben wollen, weil sie entweder seine Gedankenwelt nie begriffen haben oder nicht mehr verstehen wollen und sie deshalb auch ablehnen, oder weil sie seinen Namen sofort mit dem ach so bösen Kommunismus und der ach so noch viel schlimmeren DDR in Verbindung bringen und deswegen die Schotten dichtmachen und jeden Austausch über die Ideen dieses für die Menschheit wohl wichtigsten Ökonomen ablehnen?" Angesichts dieser Eröffnung des Gesprächs war ich zunächst platt und sprachlos, dann hatte die Frau in der Leitung meine volle Aufmerksamkeit, was ich damit zum Ausdruck brachte, dass ich sagte: "Ja, das bin ich, reden wir über Karl Marx."
Kein Panik: Ich gebe das Gespräch jetzt nicht im Wortlaut wieder und verzichte auch auf eine zusammenfassende Inhaltsangabe, und zwar nicht, weil ich mir nicht zutraue, über die Bedeutung der Ware und ihres Tauschwerts im Kapitalismus zu schreiben, oder weil ich Angst davor habe, aus der Tatsache, dass in unserer Gesellschaft der Mensch wie eine Ware behandelt wird, weil er der gleichen Austauschbarkeit unterliegt wie ein erzeugtes und zum Kauf angebotenes Produkt, die eigentlich logische Konsequenz zu ziehen, dass in unserem sozialen und wirtschaftlichen Gefüge etwas nicht stimmt und dringend einer Korrektur bedarf. Nein, deswegen berichte ich jetzt nicht ausführlich von dieser Unterhaltung. Der Grund ist ein anderer: Ich möchte mir nicht den Vorwurf anhören, mit solchen theoretischen Abhandlungen zu langweilen. Warum ich diesen Anruf der Leserin dann überhaupt erwähne? Das will ich gern verraten: Die Frau hatte in der "Freien Presse" einen Bericht über den Sieg der deutschen U-19-Fußballnationalmanschaft im Finale der Europameisterschaft gelesen und war darin auch darüber informiert worden, dass einzelne Spieler einen "Marktwert" von bis zu fünf Millionen Euro haben. Für die Anruferin stand fest: "In unserer modernen und aufgeklärten Gesellschaft werden Menschen einer Ware gleichgestellt, was bedeutet, dass sie beliebig austauschbar sind und dass nicht die Einmaligkeit des Einzelnen als wertvolles Glied der Gemeinschaft entscheidend ist, sondern der Wert der Austauschbarkeit."
Damit dieser Blogeintrag nicht so kompliziert aufhört, wie er angefangen hat, möchte ich noch darüber informieren, worauf mich der nächste Leser hingewiesen hat. Sich bei mir gemeldet hatte er sich wegen des Artikels "Hersteller von Einkaufswagen setzen auf flotten Fuhrpark"; es ging darin unter anderem darum, dass die Zahl der Einkaufswagenbauer ständig wächst, mittlerweile kaum noch zu überschauen ist und dass die Unternehmen mit immer spezielleren Konstruktionen um die Kunden buhlen. Der Leser war zu der Erkenntnis gelangt: "Einkaufswagen sind generell eine Fehlkonstruktion." Als Gründe nannte er die vier Schwenkräder, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass Einkaufswagen nur schwer in der Spur zu halten sind, und die fehlende Handbremse. Er habe schon mehrere Hersteller von Einkaufswagen angeschrieben, von keinem aber eine Antwort erhalten. Ich habe mich für den Hinweis bedankt und gesagt, dass ich meine Kollegen in der Redaktion darüber informieren werde mit der Bitte, dies bei einer möglichen weiteren Berichterstattung zu berücksichtigen. Ach ja, das sollte ich mir vor mein geistiges Auge holen, meinte der Leser noch: "Stellen Sie sich vor, sie haben eine Kiste Bier im Einkaufswagen und heben die mit beiden Händen heraus. Was passiert? Sie können sehen, wie der Einkaufswagen sich langsam in Bewegung setzt."
Dies war ein trockener und wenig bis gar nicht unterhaltender Blogeintrag? Das stimmt.
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