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Kenn ich auch: Die liebe Not mit der Liebe

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Aus Diskussionen um religiöse Themen halte ich mich bei meinen Gesprächen mit Lesern konsequent raus; genauso wie aus Erörterungen höchst unterschiedlicher Auffassungen von Sitte, Moral und Anstand. Jeder nach seiner Façon, lautet meine Devise, und als Mensch komme ich mit diesem Kurs ganz wunderbar durchs Leben, nur als Leserobmann stoße ich manchmal auf wenig Verständnis für diese Grundhaltung. Heute bin ich nochmal davongekommen, dies vorneweg: Aber ich bin standhaft geblieben und habe nicht diskutiert.

An mich gewandt hatte sich der Leser, nachdem er vor einigen Tagen in der "Freien Presse" den Artikel "Gauck verteidigt sich gegen Pfarrer-Kritik" gelesen hatte. Es ging in dem Bericht darum, dass der Bundespräsident von 67 ostdeutschen Geistlichen wegen seiner Äußerungen zu Militäreinsätzen der Bundeswehr kritisiert worden war und dazu dann Stellung genommen hatte. Demnach hat Gauck der Kritik widersprochen, er habe sich von christlichen Idealen und Zielen der friedlichen Revolution abgewendet;  vielmehr bevorzuge er weiterhin präventive und zivile Konfliktlösungen und werde auch künftig von einem christlichen Wertefundament aus agieren. Gerade diese Passagen hatten den Leser besonders verärgert, weshalb er meinte:

"Der soll doch erst mal bei sich selbst anfangen, seinen eigenes Leben in Ordnung zu bringen", meinte der Leser und fügte hinzu: "Von solchen Amtsvorgängern wie Richard von Weizsäcker und Gustav Heinemann mit ihren hohem Ansehen und moralischer Integrität ist Gauck meilenweit entfernt. Er ist als Bundespräsident unserem Land unwürdig, Deutschland hat einen weitaus anderen Bundespräsidenten verdient." Bei der Erklärung der Ursache für seine Verärgerung zitierte der Mann die Bibel (Mattäus 5/28): "Wer ein Weib anflehet, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen." An dieser Stelle war mir klar, worauf dieses Gespräch hinausläuft, und ich sagte: "Gauck ist verheiratet und lebt mit einer anderen Frau zusammen." Der Mann war froh, dass ich ihn verstanden hatte, und sagte: "Ganz genau, sechstes Gebot: Du sollst nicht ehebrechen."

Der Leser wollte noch wissen, wie ich die Sache sehe, hatte dann aber Verständnis dafür, dass ich nicht darüber reden wollte, und er akzeptierte meine Begründung, dass ich als Leserobmann doch zur Neutralität verpflichtet sei, was ja auch stimmt, aber eben nur die eine Seite der Wahrheit ist. Nach diesem Gespräch bin ich ins Nachbarzimmer gegangen, habe mich der Kollegin gegenüber gesetzt und gesagt: "Ich bin deprimiert." Sie hat nicht darauf reagiert, mich vielmehr mit angeschaut und gelächelt, weil sie mich kennt und weiß, dass ich manchmal dazu neige, nur so zu tun, als ob ich ... Dann habe ich ihr den Grund für meine Schwermut genannt: "Ich komme in die Hölle, ganz bestimmt, das Fegefeuer, es wird mich verschlingen, das sechste Gebot ..."

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