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Wie beim Schach: Kreative Ideen sind gefragt

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Früher gab es in meiner Zunft den Begriff "Journalistenfeiertag". Das war der Tag vor einem kirchlichen oder gesetzlichen Feiertag, an dem Redakteure nicht arbeiten mussten, weil am nächsten Tag keine Zeitung erschien, während sie an dem Feiertag selbst in die Redaktion mussten, weil es am Tag danach (wie am Montag nach einem Sonntag) eine Ausgabe der Gazette gab. Aber das ist Geschichte, ich habe mich gerade bei einem Rundgang durch unsere Newsroom (Nachrichtenzentrale) davon überzeugt: Weil es die Grenze zwischen Print- und Onlinejournalismus schon lange nicht mehr gibt, sitzen dort Kollegen von mir wie an jedem anderen Arbeitstag auch. Für mich bedeutet das jedoch: Weil morgen Feiertag ist, gibt es heute schon die wöchentlichen Randnotizen aus meinen Protokollen der Gespräche mit Lesern zwischen zehn und zwölf:

Episode 1: Ein Kollege sprach mich gestern an, weil er mir nicht so recht glauben wollte, dass es den Leser, von dem ich in meinem Blogeintrag "Bambi und die Erkenntnis: Alles wie immer" geschrieben hatte, wirklich gab, denn diese Einstellung sei 25 Jahre nach der friedlichen Revolution und dem Fall der Mauer kaum noch vorstellbar geschweige denn nachvollziehbar. Diesem Redakteur widmet ich dieses Zitat eines Lesers, der sich wegen der vielen Berichte über den Herbst 1989 bei mir beschwert hatte. Seine Meinung: "Eine aufmerksame Analyse der täglichen medialen Berichterstattung zum umfassenden gesellschaftlichen Geschehen im Land kommt zu der Erkenntnis: Der Unterschied zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat verliert seine aufgeblasene Bedeutungslosigkeit durch eine klare und exakte Definition der im Lande herrschenden Produktionsverhältnisse und somit auch eine klare Definition der Ereignisse von 1989 und 1990 als Konterrevolution."

Episode 2: Ein Anrufer hatte meine Nummer gewählt, nachdem er den Artikel "Schlaf, Butterbrote oder Toilette ? elf kuriose Gedenktage" in der Zeitung gelesen hatte. Ihm sei dabei eine Idee gekommen, weshalb er mir diese Bitte vortragen wollte: "Es wäre schön, wenn sich Ihre Zeitung mit einem Bericht dafür einsetzen würde, dass es bald auch einen Tag der verlorengegangenen Haare gibt, weil meiner Ansicht nach dann auch für die älteren Generationen etwas getan würde." Während ich mir mit der Hand über meinen Kopf strich, fragte ich den Mann in der Leitung: "Wie meinen Sie das mit der älteren Generation?"

Episode 3: Zu den zahlreichen Berichten über die Ebola-Krankheit und die weltweiten Anstrengungen, die Verbreitung der Seuche zu verhindern, hat mich nur ein Leser angerufen. Der alte Mann hat mir viel erzählt über die Zeit, als er vor fast 50 Jahren für sechs Monate zu einem Arbeitseinsatz in Westafrika war, bevor er mir dies sagte: "Ich habe damals schon gedacht, wie das nur gutgehen kann: Die Menschen dort waschen sich vor dem Essen nicht immer die Hände."

Episode 4: Im Gegensatz dazu fand ich diesen Hinweis eines Lesers einfach klasse: "Beim Schachspiel kann man nur gewinnen, wenn man die Theorie besser handhabt als der Gegenspieler, wenn man kreativer spielt als der Widerpart, das heißt  mit neuen Ideen aufwarten kann, und vor allem, wenn man in der Lage ist, möglichst alle in Frage kommenden Gegenzüge des Gegners im Voraus einzukalkulieren und auch dafür Gegenmaßnahmen parat zu haben." Warum mich das begeistert hat? Ganz einfach, denn der Mann fügte dies noch hinzu: "Hat Politik gegenüber Russland etwas mit Schach zu tun? Natürlich, denn unsere EU-Politiker sind miserable Schachspieler, weil sie nicht die Courage haben, ihre Abhängigkeiten abzuschütteln und selbständig in europäischem Interesse zu handeln."

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