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Geschichte mahnt zum Nachdenken
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Seit Wochen gebe ich mit die größte Mühe, bei Gesprächen mit Lesern, in denen es um die steigende Zahl an Flüchtlingen und eine mögliche Regelung der Einwanderung nach Deutschland geht, betont sachlich zu diskutieren und mich allein auf die Überzeugungskraft meiner Argumente zu verlassen. Nur bei einer Erklärung für die ablehnenden Haltung gegenüber der Aufnahme von aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen gelingt mir das nicht, und dann sage ich: "Das ist vollkommener Quatsch, das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun." Stellvertretend für rund 20 Anrufer mit dieser Meinung möchte ich eine Leserin zitieren: "Wer sich mehrere Tausend Euro für die Reise nach Deutschland leisten kann, hat mit Sicherheit keinen wirklichen Grund, seine Heimat zu verlassen, und hat deshalb bei uns nichts zu suchen."
Mit meiner Erläuterung, dass die Menschen nicht fliehen, weil sie arm sind, unter schlechten Lebensbedingung zu leiden haben und in Deutschland eine Verbesserung ihrer Umstände erhoffen, sondern weil in ihrem Land geschossen wird, Bomben fallen und Raketen einschlagen und Mörderbanden durchs Land ziehen, bin ich bei diesen Unterhaltungen nie weit gekommen. Auch hier möchte ich nur einen Anrufer zitieren: "Das glauben Sie doch wohl selbst nicht, das ist doch nur eine Folge der gleichgeschalteten Berichterstattung aus diesen Ländern." Bei noch keinem Gespräch sind der Anrufer und ich zu einem Konsens gelangt, die Unterhaltungen endeten immer eher unbefriedigend. Bis heute: Zwei Leser haben mich angerufen, weil sie mit mir über die Probleme, die es in Deutschland wegen der vielen Flüchtlinge gibt, reden wollten, und bei beiden ist es mir gelungen, sie zumindest zum Nachdenken zu bewegen.
"Haben Sie heute die Berichte über die Veranstaltung gelesen, bei der 70 Jahre nach ihrer Befreiung durch die Rote Armee einige Überlebende in das ehemalige NS-Vernichtungslager Auschwitz zurückgekommen waren, um der Opfer des Holocaust zu gedenken?", habe ich die Leser gefragt; beide bestätigten mir dies. "Hat Sie das bewegt, was sie da erfahren haben, und hat es sie nicht auch berührt, was die Menschen damals erleiden mussten und wie schwer es ihnen heute immer noch fällt, mit den Erinnerungen daran zu leben?", habe nicht eine zweite Frage gestellt; beide Anrufer gaben zu, dass sie eine "Art von innerem Schauer" gefühlt haben beim Lesen des Artikels auf der Seite Zeitgeschehen. Die dritte Frage war schließlich diese, und beide Anrufer ließen sich Zeit, mir zu antworten, dass sie darüber erst einmal in Ruhe nachdenken möchten: "Glauben Sie nicht, dass 1933 nach der Machergreifung der Nazis und vor allem 1938 nach den Novemberprogromen noch viel mehr Juden das Land verlassen hätten, um dem Holocaust zu entkommen, wenn sie es sich hätten leisten und das Geld für die garantiert nicht billige Flucht aus Deutschland aufbringen können?"
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