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Aufarbeitung: "Platte" noch erlaubt?

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Zunächst mal der Versuch einer Definition, nachdem ich mich - angesichts meiner regionalen Herkunft beziehungsweise meiner ethnischen Wurzeln sei mir das verziehen - im Netz mit dieser Thematik vertraut gemacht habe: Die "Platte" - ein aus Betonfertigteilen (auch Großtafelbauweise genannt) errichtetes mehrstöckiges Gebäude in einer Großwohnsiedlung. Als weitere Einleitung für diesen Blogeintrag möchte ich darüber hinaus eine Leserin zitieren: "Ich bin sauer", bekannte die Anruferin und leitete damit ein, was sie auf die Palme gebracht hatte: "Jetzt habe ich schon wieder das Wort Platte in der Zeitung gelesen", sagte sie und nannte mir den Grund für ihren Anruf: "Es kann doch nicht wahr sein, dass wir nach mehr als 20 Jahren immer noch diskriminiert werden, nur weil wir in einem Neubaublock wohnen."

Darum geht es: Die Rezension des Dokudrams "Letzte Ausfahrt Gera - Acht Stunden mit Beate Zschäpe" auf der der Seite "Kultur & Radio" gestern in der "Freien "Presse" hatte die  Überschrift "Femme Fatale aus dem Plattenbau". Schon bei der morgendlichen Zeitungslektüre war mir klar, dass sich Leser deswegen bei mir melden werden, denn seit Jahren ist das so: Offensichtlich viele Menschen, die in einem aus Betonfertigteilen gebautem Gebäude in einer Großwohnsiedlung wohnen, empfinden die Bezeichnung "Platte" oder "Plattenbau" als Diskriminierung. Ein Leser ging sogar noch einen Schritt weiter: "Was will uns der Verfasser damit sagen? Er will uns sagen, in Plattenbauten wachsen Neonazis auf, dort werden sie dazu erzogen. Oder etwa nicht? Es muss doch für einen Journalisten einen triftigen Grund geben, den Lesern dieses wichtige Detail aus dem Leben von Beate Zschäpe mitzuteilen." Ein anderer Anrufer meinte: "Mit dieser Überschrift bedienen Sie ein Klischee, meiner Ansicht nach hat das mit einer objektiven Berichterstattung nur wenig zu tun."

Gerade weil ich mich überfordert fühle und keinen Ausweg aus diesem Dilemma weiß, möchte ich heute mit einer Frage enden: Sollte man das Wort "Platte" tatsächlich besser auf den Index der Begriffe setzen, die man mit Blick auf die Geschichte unseres wiedervereinten Landes nicht mehr verwenden sollte?

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