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Tut mir leid, heute ist so ein Tag
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Es gibt Tage, an denen mir nichts Anderes übrig bleibt - wobei ich den Grund dafür bislang noch nicht herausbekommen habe, was mich betrübt - wenn ich einen neuen Eintrag für meinen Blog schreiben möchte, mich darauf zu beschränken, von drei Gesprächen mit Lesern zu berichten, die ich in meinen Protokollen mit einem Ausrufezeichen versehen habe, weil ich sie für geeignet halte, daraus eine Geschichte für meinen Blog zu machen. Soll heißen: Heute ist so ein Tag. Von den 17 Unterhaltungen, die ich heute am Telefon geführt habe, habe ich diese drei ausgewählt, wobei ich die Frage nach die Kriterien für die Auswahl nicht beantworten kann:
"Ich bin nicht rot, ich bin nicht schwarz, schon gar nicht bin ich braun, ich bin Freidenker und Humanist", sagte heute der erste Leser am Telefon, nachdem er sich mit Namen, Anschrift und der Nummer seines Abonnements vorgestellt hatte. Sein Anliegen: "Weil ich heute in Ihrer Zeitung das Interview mit der Sprachforscherin gelesen habe, in dem es um die Frage ging, ob das von der AfD-Chefin verwendete Wort 'völkisch' noch mit der rassistischen NS-Ideologie in Verbindung gebracht werden kann, möchte ich Sie bitten, diese Expertin noch einmal anzurufen und ihr die Frage zu stellen, ob das Wort 'Pack', wie es der SPD-Politiker Siegmar Gabriel verwendet hat, nicht gleichfalls mit auf die Liste der Wörter zu setzen ist, die man heute nicht mehr im Sprachgebrauch haben sollte, weil es während der Zeit des Dritten Reichs als Bezeichnung für eine bestimmte Volksgruppe diente." Ich sagte ihm zu, meine Kollegen in der Redaktion über seinen Hinweis zu informieren.
"Sagen Sie mal, junger Mann, kann es sein, dass ich irgendwie im falschen Film bin?", fragte mich die nächste Leserin in der Leitung, die erst nach der zweiten Aufforderung dazu mit nur ihren Nachnamen mit "Lehmann" nannte, und fügte noch hinzu: "Was bildet sich dieser Kerl überhaupt ein? Hält er sich für was Besseres?" Es hat dann tatsächlich zwei Minuten gedauert, bis ich sie soweit beruhigen konnte, dass sie mir nicht nur Fragmente eines Themas in der Zeitung nannte, sondern ich mit "Am Erfolg festgebissen" die Überschrift des Interviews mit dem Schauspieler Peter Simonischek erfuhr und dann nachlesen konnte, was die Frau am Telefon so in Rage versetzt hatte. Diese Antwort des Mimen war es: "Die Österreicher haben vor Künstlern und Schauspielern einen ganz anderen Respekt als die Deutschen. Als ich noch in Berlin wohnte und dort an der Schaubühne war, fuhr ich immer von meinem Haus am Wannsee mit dem Auto zur Arbeit. Dann, eines Tages, bin ich auf der Stadtautobahn, und alles steht. Ich konnte mir höchstens zehn Minuten Verspätung leisten und wusste, dass ich alles tun musste, um rechtzeitig anzukommen. Also fuhr ich in die Rettungsgasse, die freigemacht worden war. Und kaum war ich 20 Meter weit gekommen, haben mir die ersten gegen das Auto gehauen und mich angepöbelt. Ich bin Schauspieler, sagte ich. Darauf die anderen (imitiert die Berliner Schnauze): Das gibt der noch zu, der Idiot! Wäre mir das in Österreich passiert, hätte ein Polizist gesagt: Kommen Sie, steigen Sie ein, ich bringe Sie zum Theater!“
Der erste von insgesamt neuen Anrufern, die deswegen heute meine Nummer gewählt hatten, hat mich voll erwischt, denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt während des Gesprächs nicht einmal den Hauch einer Ahnung, worum es dem Mann überhaupt ging. "Wann sind Sie zum letzten Mal mit einem Linienbus gefahren?", fragte er mich. "Das dürfte so zwei Wochen her sein, als ich an der Zentralhaltestelle der Versuchung nicht widerstehen konnte, einzusteigen und eine Haltestelle weiter am Roten Turm wieder auszusteigen." Seine Reaktion darauf: "Das ist gut, denn nun fällt es Ihnen nicht schwer, sich das Fahrzeug mal vor das geistige Auge zu holen und zu schätzen, was der Bus wohl wiegt." Nun wollte ich mich nicht bürokratischer anstellen, als ich das für gewöhnlich tue, wenn ich die Leute in solchen Situationen bitte, mir doch den Grund für den Anruf zu nennen, und habe nachgedacht: Laut meines fast 40 Jahren alten Führerscheins darf ich Autos mit einem Gewicht bis zu 7,5 Tonnen fahren, weshalb ich zu dieser Hochrechnung kam: "Ich würde sagen, dass es auf jeden Fall mehr als zehn Tonnen sind." Die Antwort war die richtige, denn der Mann sagte: "Und nun holen Sie sich bitte mal ein Foto vom Dom in Zwickau auf den Bildschirm und stellen Sie sich diese Frage: Wiegt dieses monumentale Bauwerk nicht doch deutlich mehr als ein Linienbus?" Nun wollte ich doch endlich wissen, worauf der Anrufer hinauswollte: "Lesen Sie Ihre Zeitung, Seite 2 von heute", bekam ich als Antwort, bevor der Mann auflegte. Nun denn, so verhält es sich, in der Bildnachricht "Krumme Stützen für den schiefen Dom" war dies der erste Satz: "Was aussieht wie zwei überdimensionierte Spinnenbeine, soll den etwa zehn Tonnen schweren Zwickauer Dom in seiner jetzigen (Schräg)Lage halten, wenn in ein paar Wochen das Fundament des historischen Bauwerkes zur Hälfte freigelegt wird." Natürlich war mir klar, dass das Gotteshaus mehr als zehn Tonnen wiegt, weshalb ich dann den nächsten acht Anrufern sagen und weiteren sieben Autoren von Hinweisen per Mail schreiben konnte: "Das ist falsch, sie haben Rech. Richtig hätte es heißen müssen, dass die Stützpfeiler etwa zehn Tonnen Last aushalten müssen."
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