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Bereits seit Anfang der Woche habe ich versucht, mich innerlich auf diesen Blogeintrag vorzubereiten, weil es ein besonderer ist und ich mir eigentlich Klarheit darüber verschaffen wollte, wie es weitergeht; ganz speziell mit dieser digitalen Plattform, auf der sich seit mittlerweile sechs Jahren von meinen Erfahrungen mit Lesern am Telefon berichte. Unter dem Einfluss der Gespräche gestern und heute muss ich aber eingestehen: Ich weiß es noch nicht, ich werde zumindest noch ein paar Nächte darüber schlafen, bevor ich eine Entscheidung treffe. Denn selten zuvor ist so viel geballter verbaler Ärger über mich hereingebrochen wie an diesen beiden Vormittagen, und ich kann mich kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein solches Ausmaß an Beschimpfungen über mich ergehen lassen musste. Wohl bemerkt und bevor ein falscher Verdacht aufkommt: Die Leser am Telefon - allein heute sind weitere sieben hinzugekommen - haben weder mich noch meine Funktion als Leserobmann attackiert, auch galt ihre Schelte nicht der Zeitung an sich und schon gar nicht den Kollegen in der Redaktion. Ich durfte mir die mitunter auch mal lauten Schimpftiraden anhören, weil die Anrufer sich gar nicht wieder beruhigen wollten, nachdem sie den Artikel "So viel verdienen die Sparkassenchefs" gelesen hatten und die Welt nicht mehr verstehen konnten beziehungsweise wollten, dass man rein gar nichts dagegen tun kann (siehe Blogeintrag "Mal ehrlich: Wie ist das möglich?").

Nun soll es raus: Dies ist der 1000. Blogeintrag des Leserobmanns der "Freien Presse", und ich bin meinem vor etwa sechs Wochen gefassten Vorsatz treugeblieben, heute und an den vergangenen Tagen darüber nachzudenken, ob es nicht auch der letzte ist; nicht für eine längere Pause, wie das schon mal der Fall war, sondern für immer. Bevor sich jemand diese Frage stellt, will ich sie gleich beantworten: Die Zahlen, wie häufig mein Blog angeklickt wird, kenne ich nicht, und ich habe mich auch noch nie bemüht, sie in Erfahrung zu bringen, weil ich immer wollte, dass dies kein Kriterium sein darf für meinen Entschluss, diese virtuelle Tagebuch weiter zu führen. Aber auch die Tatsache, dass unmittelbare Reaktionen auf meine Einträge die absolute Ausnahme sind, habe ich noch nie mit ins Kalkül gezogen, wenn es darum ging,  mich dazu zu motivieren, meinen Blog zu pflegen. Nein, der Grund ist ein anderer: Die Zeiten haben sich gegenüber den Jahren 2010 bis 2015 geändert, sie sind zum einen schwieriger geworden, weil die Menschen verunsicherter geworden sind, weil sie sich häufiger Sorgen machen wegen der Zukunft und weil sie dann bei mir anrufen, nachdem die Kollegen in der Redaktion wieder mal ein solches Thema ins Blatt gehoben haben, um mit mir darüber zu reden und sich dann vielleicht hinterher besser zu fühlen. Ich betonte dies ausdrücklich: Ich führe diese Gespräche gerne, und die Emotionalität darf bei mir ankommen, weil ich einen Weg gefunden habe, sie nicht an mich heranzulassen und sie niemals persönlich zu nehmen. Auch mit dem eingangs beschriebenen Ausmaß an Wut und Ärger kann ich umgehen, nicht zu 100 Prozent, aber zu 90 Prozent prallt ein mit Schimpfwörtern gespickte Redeschwall an mir ab. Nun kommt dieses Wort ...

... aber: Es fällt mir zunehmend nicht mehr so leicht wie in den Anfangsjahren, meiner Arbeit als Leserobmann und ganz speziell der "Sprechstunde" zwischen zehn und zwölf in meinem Blog eine lockere und eher heitere Note abzugewinnen; über mehrere Tage hinweg so zu tun, als wären es ganz normale Zeiten, bringe ich mit den Prämissen meiner Weltanschauung nicht mehr so einfach in Einklang. Deshalb sollte der 1000. Blogeintrag für mich der Anlass sein, eine Entscheidung zu treffen, ob ich weitermache. Nun ist der Tag da, aber ich vertage die Entscheidung, weil Bauch und Verstand sich noch nicht einigen konnten. Ich werde mich stattdessen für zehn Tage in ein imaginäres Konklave zurückziehen; in der 41. Kalenderwoche werde ich mir hier wieder melden und virtuellen Rauch aufsteigen lassen; schwarz oder weiß wird er sein.

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