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In meinen Randnotizen aus dem Protokollen der Gespräche mit Lesern zum Wochenausklang geht es heute um einen besonderen Stern, der tatsächlich einen Namen trägt, um die Gefahren der immer fortschreitenden Digitalisierung unserer Alltagswelt und das Gefühl, dass man die Menschen manchmal ins Gewissen reden möchte, damit sich etwas ändert; nicht immer ist einem dabei zum Schmunzeln zumute

Episode 1: Am Montag rief eine Frau an und bat mich, weil sie am nächtlichen Sternenhimmel einen hellen und vor allem blinkenden Punkt gesehen hat und davon ausgeht, dass das wohl keine Stern und auch keine Flugzeug sein kann, für sie herauszubekommen und darüber zu berichten, um welche Art von Himmelkörper es sich handelt. Am Dienstag rief sie erneut an und wollte wissen, ob ich schon etwas wisse, was ich aber verneinte, weil ich einfach noch nicht dazu gekommen war und außerdem mich kaum in der Lage sah, die Himmelsbeschreibung der Frau mit der Angabe, wo genau der helle Punkt zu finden sei, den Kollegen in der Redaktion zu wiederholen. Am Mittwoch meldete sich die Anruferin erneut und meinte, wenn ich jetzt keine Antwort hätte, würde ihr das zu lange dauern, und sie bat mich, mal über eine Alternative nachzudenken, wer ihre Frage denn beantworten könnte. Also sagte ich: "Rufen Sie doch einfach mal bei einer Sternwarte an", und habe ihr sogar noch über die Suchmaschine eine Telefonnummer herausgesucht. Am Donnerstag hatte ich sie erneut an der Strippe, diesmal aber war sie eher kurz angebunden, denn sie wollte mich nur informieren: "Es ist die Venus."

Episode 2: Die sogenannten Smart Meter, die in den nächsten Jahren die bisherigen Stromzähler ersetzen sollen, lassen mich eigentlich eher kalt, denn die Kritik der Gegner, dass die Daten über das Ein- und Ausschalten von elektrischen Geräten möglicherweise missbraucht werden könnten, beunruhigt mich nicht, denn ob meine Wasch- oder Geschirrspülmaschine alle zwei oder drei Wochen einmal laufen, dürfte niemanden tatsächlich relevante Einschätzungen meiner Lebensweise geben, die er dann auch noch beispielsweise für Werbezwecke einsetzen könnte. Dieser Hinweis eines Lesers zum dem Artikel "Die schlauen Stromzähler kommen" hat mich aber doch nachdenklich gestimmt: "Vorteile mit dem Zähler haben nur die Kriminellen. Da im Internet Daten für fast jeden zugänglich sind, kann jeder Einbrecher genau den Tagesablauf inclusive der Schlafzeiten beobachten und Abwesenheit oder Urlaubsantritt sofort feststellen. Damit sind Tür und Tor für einen Einbruch geöffnet. Leichter geht es wohl kaum noch."

Episode 3: In dieser Woche bekam ich eine Mail, in der mich der Verfasser mit "Lieber Boloo" ansprach. Inhaltlich ging es in dem Schreiben um eine Meinung zu der Bundesversammlung, bei der Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde. Bevor der Verdacht aufkommt, es könnte sich dabei wieder um ein meine Person diskreditierende Schreiben handeln, möcht ich liebe gleich bekennen, obwohl ich die Gefahr erkenne, dass solche Wortschöpfungen sich schnell mal verselbständigen und dann auf ewig hängenbleiben, möchte ich auflösen, was der Absender meinte mit der Anrede, denn er hat schlussendlich auch noch ausgeschrieben: "Bester Leserobmann Oldeweme". Was soll ich schreiben, ich habe schmunzeln müssen, aber so was von.

Episode 4: Manchmal denke ich, wenn ich Meldungen in der Zeitung lese, deren Inhalt Wasser auf meine Mühlen ist, dem einen oder anderen Zeitgenossen ins Gewissen reden zu wollen, dass auch andere Leute so empfinden und eigentlich zwingend zur Feder greifen müssen, um mir einen Leserbrief zu schreiben, der den Finger tief in die Wunde unserer Zivilisationskrankheiten zu legen. Bei den beiden Artikeln "Deutsche so dick wie nie"  59 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren sind übergewichtig) und "Jeder wirft 82 Kilo Lebensmittel weg" war das wieder mal der Fall. Nun denn, so war es dann: In nur einem einzigen Brief bezog sich der Verfasser auf diese beiden Berichte und stellte unter anderem diese Fragen: Welche Spezies hat massiv mit Übergewicht zu kämpfen, Tendenz steigend? Wer kann es sich leisten, wertvolle Lebensmittel in Größenordnungen einfach in den Müll zu werfen? Wer ist verantwortlich für Krankheiten und Seuchen infolge artfremder, lebensverachtender Massentierhaltung? Wer zerstört kontinuierlich den eigenen Lebensraum durch Ignoranz von Umweltschutz, allein schon durch ständig wachsendes  Verkehrsaufkommen, zunehmend geschuldet der eigenen Bequemlichkeit? Auf mögliche Antworten kam es dem Leser aber nicht an, weshalb ich sie in die Kategorie "suggestiv" eingeordnet habe, weshalb auch keine Veröffentlichung als Leserbrief infrage kommt. Nur aus einem Grund erwähne ich dieses Schreiben überhaupt, denn den letzten Satz fand ich einfach grandios: "Ein paar Wölfe sind da nun wirklich das kleinste Problem."

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