Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Nochmal durch die Lasche ziehen
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
"Das ist doch ganz einfach, junger Mann, Sie müssen ganz einfach den Senkel ein zweites Mal durch die Lasche ziehen, und schon ist das Problem gelöst." Nachdem die Frau in der Leitung mir zuerst ihren Namen, die Anschrift, ihre Abonummer und dann dies gesagt hatte, war ich wieder einmal mit einer Situation konfrontiert, die ich eigentlich gar nicht leiden kann, weil sie mich meistens eher überfordert, als dass ich lässig damit umgehen könnte. Soll heißen: Wenn ich nicht weiß, ob sich die Person in der Leitung über mich lustig machen oder mich aufs mentale Glatteis führen möchte, nur um meine Reaktion aufzunehmen und vielleicht sogar zu veröffentlichen, fühle ich eine große Unsicherheit in mir. Deshalb habe ich für diesen Fall eine Reaktion in meinen Gehirnwindungen verankert, die sich automatisch in Gang setzt, sobald ich eine solche Gefahr beziehungsweise ein drohendes Fettnäpfen als solches erkenne, und aus diesem Satz besteht: "Bitte nennen Sie mir die Überschrift des Artikels, auf den Sie sich beziehen, sowie das Erscheinungsdatum und die Seite in der Zeitung, auf der sie diesen Text gelesen haben." Für gewöhnlich bekomme ich keine mich zufrieden stellende Antwort und ich muss weitere mich beruhigende Fragen stellen, doch diesmal war die Antwort nicht nur vollständig, sondern kam auch ohne nur einen kurzen Moment des Zögerns: "Vom Eigenleben der Schnürsenkel beim Laufen" zitierte die Frau die Überschrift und fügte hinzu: "Auf der Seite A4 vom Montag, 24. April."
Innerhalb weniger Sekunden hatte ich die Seite "Wissen" von diesem Tag auf dem Monitor, konnte lesen, dass es in dem Bericht um die Untersuchen des Phänomens geht, dass vor allem Jogger und Trainer von Kinder-Fußballmannschaften darunter zu leiden haben, dass die Schleifen am Schuh sich dauernd lösen. Mir war sofort klar: Die Frau meint es ernst mit dem Hinweis, den Senkel einfach ein zweites Mal durch die Lasche zu ziehen, um das Problem gar nicht erst entstehen zu lassen. Ich war beruhigt, nun aber neugierig und wollte wissen: "Und warum rufen Sie dann erst heute, also zwei Wochen später bei mir an?" Die Antwort kam sofort, sieht mich zuerst erstaunt, bevor ich mich darüber freuen konnte: "Ich habe die beiden letzten Kolumnen von Ihnen gelesen und mir gedacht, dass sie auch mal jemand anrufen sollte, der nicht meckern will und etwas Positives zu berichten hat." Und ich habe ihr versprochen, bei meiner nächsten Joggingrunde darauf zu achten, dass ich das Band ein zweites Mal durch die Lasche ziehe. Verschwiegen habe: Noch nie hat sich beim Laufen bei mir eine Schnürsenkel gelöst; warum auch immer.
Die Seite "Wissen", auf der dieser Bericht erschienen war, ist in den Montagsausgaben der "Freien Presse" immer die letzte Seite und unter anderem reserviert für mehr oder weniger wissenschaftliche und vielleicht sogar noch unterhaltsamen Themen wie die "Haltbarkeit von Schleifen" oder der Artikel über die Troposphärenforschung unter der der Überschrift "Dem Wolkenrätsel auf der Spur" in der Vorwoche. Anrufe zu Lesern, die wegen eines Artikels oder Fotos auf dieser Seite meine Nummer gewählt haben, sind eher die Ausnahme, und immer sind es fachliche Fragen, die mit die Leute stellen und auf die sie gern eine Antwort hätten, oder sie präsentieren mir ergänzende Informationen zu einem Thema mit der Bitte, dass der Autor das Berichts davon erfährt und künftig besser informiert ist, sollte er noch einmal über dieses Thema schreiben. Die jüngste Ausgabe der Seite "Wissen" vom vergangenen Montag war deshalb eine absolute Ausnahme: Drei Leser haben sich bei mir gemeldet, weil sie einfach "fürchterlich sauer" waren oder "die Welt nicht mehr verstehen können", wie zwei Anrufer sich ausgedrückt haben. Ausgelöst hatte diese durchaus emotionalen Reaktionen die Nachricht mit der Überschrift "Landwirtschaft verdrängt Vögel". Drei Zitate der Anrufer als Beispiele dafür, welches Ausmaß die Empörung der Anrufer hatte. "Bei Ihnen klingt das wie eine normale Nachricht, dabei ist es in Wirklichkeit ein Skandal, der an den öffentlichen Pranger gestellt werden sollte, damit die Menschen vielleicht doch noch einmal aufwachen und begreifen, dass es so nicht weitergehen kann", sagte eine Frau, während ein Leser diese Ansicht vertrat: "Sie sollten sich schämen, diese Nachricht so zu verstecken, sie hätte auf die Titelseite gehört." Ein Mann formulierte seinen Unmut als Fragen: "Kommt da noch mehr oder war's das schon? Wollen Sie diese Ungeheuerlichkeit einfach so unkommentiert im Raum stehen lassen und nicht mal den Versuch wagen, was man gegen diese Entwicklung machen kann?" Selten zuvor habe ich diesen Satz mit solch großer Überzeugung gesagt, mit meiner Einschätzung richtig zu liegen: "Ich stimme Ihnen in der Sache zu und kann die Gründen für Ihre Verärgerung gut nachvollziehen."
Weitere Blog-Einträge
- Was das Auge so alles lesen will (18.01.2022)
- Neues von Bill Gates und: Es riecht so komisch (17.01.2022)
- Von der einen oder anderen Botschaft (10.12.2021)
- Die Herdplatte ist heiß - oder nicht? (09.12.2021)
- Von Lügen und Blähungen (03.12.2021)
- Die Wahrheit, nichts als die ... (01.12.2021)
- Nicht heiß, der Preis ist schwarz (26.11.2021)
- Hallo? Häkelt da noch jemand? (24.11.2021)
- Der eine rast und der andere ist kein Papst (23.11.2021)
- Und dann noch etwas gegen Aufpreis (22.11.2021)
- Was uns von den Bayern unterscheidet (19.11.2021)
- Im Keller darf gelacht werden (15.11.2021)
- Im Keller darf gelacht werden (15.11.2021)
- Meine Meinung dazu: Halleluja (11.11.2021)
- Wenn ich nicht mehr folgen kann ... (10.11.2021)
- Manchmal gruselt es mich schon (09.11.2021)
- Schwierige Zeiten - mehr Schokolade (05.11.2021)
- Nur nicht wundern, sondern staunen (04.11.2021)
- Hallo, noch da? (03.11.2021)
- Von Witzen und Widerständen (29.10.2021)
- Ist aus Leder und hält warm (28.10.2021)
- Diese Worte zum Abschied (26.10.2021)
- Weihnachten – früher war mehr ... (25.10.2021)
- Die Sache mit den Bananen (22.10.2021)
- Ein Schalter und das Einmaleins (21.10.2021)
- Ein falscher Prophet (20.10.2021)
- In Demut üben wohl eher nicht (19.10.2021)
- Das ist Kunst, das muss bleiben (18.10.2021)
- Huddelei midm Nischel - echt jetzt? (15.10.2021)
- Sarkasmus? Bei mir nicht ... (14.10.2021)
- Das im Dunkeln weiß man nicht (13.10.2021)
- Nein, den Bescheid will ich nicht (01.10.2021)
- Nur ein Name - oder doch mehr? (30.09.2021)
- Irgendwie in der Geschichte verlaufen (29.09.2021)
- Dreimal drei Meinungen erhalten (28.09.2021)
- So schwierig ist das doch nicht, oder? (24.09.2021)
- Endlich, ich darf die Wörter schreiben (23.09.2021)
- Investigativ recherchieren, was sonst? (22.09.2021)
- Alle drei Tage eine Tafel? Kein Problem (21.09.2021)
- Und langweilig sowieso nicht (17.09.2021)
- Ohne Oma bitte auch kein Opa (16.09.2021)
- Mir der Hand unter den Gummi fahren (14.09.2021)
- Semmel jetzt fünf Cents teuerer (13.09.2021)
- Von Fragen zu Fragen und Antworten (10.09.2021)
- Und welche Partei wählen Sie? (09.09.2021)
- Ganz schön kompliziert - oder nicht? (08.09.2021)
- Das Dilemma mit der rechten Seite (06.09.2021)
- Eher heiter als gelassen (03.09.2021)
- Der aus dem Jenseits spricht (02.09.2021)
- Sorry, Gehirn auf Durchzug gestellt (01.09.2021)
- Mit der neuen 4G-Regel (31.08.2021)
- Echt jetzt: Er ist wieder da (30.08.2021)
- Wenn die Erde ein Baum wäre (27.08.2021)
- Meine lieben Brüder und ... (26.08.2021)
- Es war dann soweit: Witz komm raus ... (25.08.2021)
- Also ich kann die Schweiz verstehen (24.08.2021)
- Platte? Kein Problem damit (23.08.2021)
- Sprachlos, das war's in dieser Woche (20.08.2021)
- Selbst Jesus wird zitiert (18.08.2021)
- Komisch? Nicht wirklich ... (17.08.2021)
- Hallo, ist da oben jemand? (16.08.2021)
- Da kann man sich nur fragen ... (13.08.2021)
- Wenn mein Faden mal reißt ... (12.08.2021)
- Fehlt nur noch der Heiligenschein (11.08.2021)
- Heute komisch - aber damals? (10.08.2021)
- Warum nicht gleich ein Ausweis? (09.08.2021)
- Nun denn, wer lesen kann ... (06.08.2021)
- Hallo? Er ist wieder da ... (05.08.2021)
- Eine andere Wahl, es gibt sie ... (24.11.2020)
- Satan und die armen Seelen (23.11.2020)
- Er ist, was er isst, aber nicht sein will (20.11.2020)
- Warum nicht gleich ins Knie schießen? (19.11.2020)
- Aus der Krise in eine bessere Welt (16.11.2020)
- Demo und Impfen, aber keine Reißleine (13.11.2020)
- Aufreger des Tages: Es sind die ... (12.11.2020)
- Mit der Prügel so eine Sache ... (11.11.2020)
- Wichtige Frage: Wirklich zu laut? (10.11.2020)
- Diese Aufregung, ich bitte um Nachsicht (09.11.2020)
- Fremde Kicker und üble Winde (06.11.2020)
- Erst Wunderland, jetzt abgebrannt (04.11.2020)
- Fortpflanzung macht Spaß (03.11.2020)
- Nicht mehr viel Zeit, deshalb ... (02.11.2020)
- Dieses Thema, das andere und dann ... (30.10.2020)
- Der Tod ist nicht verantwortlich (28.10.2020)
- Mein Problem: Wie macht der Frosch? (27.10.2020)
- Drei Fragen und keine Antwort (26.10.2020)
- Mein Problem mit dem "Wissense" (23.10.2020)
- Ob ich Spaß habe? Das weiß ich nicht ... (22.10.2020)
- Die Eröffnung ist eine weiche (21.10.2020)
- Eins, zwei, drei ... echt jetzt? (20.10.2020)
- In schwierigen Zeiten erst recht (19.10.2020)
- Was ist heutzutage noch normal? (16.10.2020)
- Von Fehlern und Sichtweisen (15.10.2020)
- Wenn schlechte Nachrichten gute sind (14.10.2020)
- Nur Flügel habe ich keine ... (13.10.2020)
- Schön langsam, ich muss das verstehen (12.10.2020)
- Die richtige Richtung - aber welche? (09.10.2020)
- Da ist ein Loch, da noch eins und da ... (08.10.2020)
- Klare Sache: besser gesund bleiben (07.10.2020)
- Da oben fliegt was - völlig losgelöst? (06.10.2020)
- Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
- E-Paper und News in einer App
- Push-Nachrichten über den Tag hinweg