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Junger Mann, und was nun?

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Innerhalb von drei Minuten habe ich heute um kurz nach zehn dies erlebt; zunächst las ich eine Mail, die mit diesem Satz begann: "Wir, die durch Abstammung nachgewiesenen Nachkommen, der humanoiden Ureinwohner, der ethnischen Minderheit, aus dem Volke der (...), möchten Sie auf nachfolgendes Schreiben an den Vorsitzenden der (...) aufmerksam machen." Der Kollege, der diese Nachricht an mich weitergeleitet hatte, wollte wissen, wie wir mit solchen Briefen verfahren, was zur Folge hatte, dass ich mal wieder aus vollster Überzeugung, das Richtige zu tun, mein Lieblingswort aussprechen durfte, als ich ihn an der Strippe hatte und sagte: "Ignorieren." Nur wenige Sekunden später hatte ich eine Frau in  der Leitung, sie meinte: "Passen Sie mal auf, ich habe da mal eine Frage." (Zum Hintergrund: Weil ich den in erzgebirgischer Mundart gesprochen Satz zwar verstanden habe, mich aber außer Stande sehe, ihn aufzuschreiben, verzichte ich darauf und übertrage auch die weiteren Sätze der Anruferin ins Hochdeutsche.) Meine Reaktion darauf: "Ich höre Ihnen zu." Anruferin: "Wie meinen Sie das?" Ich: "Sie haben betont, dass Sie viel Wert auf meine Aufmerksamkeit legen, und ich habe gesagt, dass ich Ihnen jetzt ganz genau zuhören möchte." Leserin: "Das verstehe ich jetzt nicht, wie Sie das meinen." Ich: "Ist ja auch egal, schießen Sie einfach los, wie kann ich Ihnen helfen."  Sie: "Ehrlich gesagt, weiß ich immer noch nicht, was mir gerade zu verstehen geben wollen, aber ist ja auch egal. Passen Sie mal auf, es geht mir um ..." Erklären muss ich dazu: Vor etwa einem Jahr bin ich dazu übergegangen, allen Anrufern, die ihre Sätze mit "Passen Sie mal auf" anfangen, zu unterbrechen und mehr oder weniger direkt und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass sie zu den Menschen gehören, die diese Worte aus reiner Gedankenlosigkeit an den Anfang ihrer Sätze stellen, wenn sie sich mit anderen Zeitgenossen unterhalten. 

Ich hatte gerade erst aufgelegt, als es erneut klingelte und ich zum zweiten Mal auf eine Gesprächseröffnung reagieren durfte auf eine Weise, die ausschließlich darauf abzielt, meine Gesprächspartner darauf hinzuweisen, dass sie gerade etwas gesagt und damit eine völlig unnötige Floskel verwendet haben, ohne sich dessen Wirkung auf mich bewusst gewesen zu sein. "Junger Mann, so geht das nicht, schlagen Sie doch mal die Seite elf von heute auf, da ist Ihnen nämlich ein schlimmer Fehler passiert," sagte die Frau in der Leitung und hörte daraufhin von mir dies: "Ich muss noch acht Jahre und vier Monate arbeiten, dann kann ich in Rente gehen." Zugeben muss ich, dass ich die Verblüffung, die ich damit auslöste, nicht nur beabsichtigt hatte, sondern auch ein kleines bisschen genießen konnte, weil mir diese Anrede "junge Mann" mittlerweile doch etwas mehr als zu Beginn meiner Tätigkeit auf die Nerven geht; also gut, ich gebe zu, ich bin zurzeit etwas dünnhäutiger als noch vor ein paar Monaten; keine Ahnung, woran das liegt. Zurück zu dieser Unterhaltung: "Wissen Sie, wie egal mir das ist, wie lange Sie noch arbeiten müssen? Kümmern Sie sich gefälligst darum, dass morgen eine Korrektur in der Zeitung steht." Nun denn, dachte ich mir, und erwiderte: "Aber sicher doch, junge Frau." Der Sturm der Entrüstung, den ich damit auslöste, ist nicht geeignet, in Worte gefasst und hier wiedergeben zu werden.

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