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Und der Engel, der hat Flügel

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Vielleicht sollte ich ganz einfach aufhören, mir deswegen überhaupt Gedanken zu machen, denn dann würde ich mir eine Menge an Ärger ersparen, den ich eigentlich selbst zu verantworten habe. Kling kurios, ist aber so: Es gibt einfach Themen und Probleme, die mit absoluter Sicherheit von Leuten am Telefon angesprochen werden, sobald sie in der Zeitung darüber gelesen haben und meinen, nun endlich selbst einmal kundtun zu müssen, dass das so einfach nicht stimmt und der Autor des Artikels zu denen gehört, die von etwas schreiben, von dem sie keine Ahnung haben, und die es deshalb lassen sollten, zur Feder zu greifen beziehungsweise das Schreibprogramm am Computer zu bemühen. Ganz ehrlich? Die Schwelle, ab der ich dann einen Groll in mir aufsteigen spüre, sinkt immer weiter. Was hinzukommt und die Sache eigentlich noch komplizierter macht, ist die Tatsache, dass die Anrufer immer zusätzlich noch meinen, mir mitteilen zu müssen, dass ich im Grundgenommen gar nicht kompetent sei, mit ihnen die Sachlage zu erläutern, weil ich angesichts meiner Herkunft nicht über die erforderlichen Hintergrundinformationen verfüge. Stimmt, ich rede um den heißen Brei herum, das ist passiert:

In der Reportage "So war es wirklich" heute auf der Seite "Zeitgeschehen" taucht dieses "böse" Wort nämlich wieder einmal auf, und das auch noch im ersten Satz: Die DDR-Staatsbürokratie hatte ihre ganz eigene Sprache. Erinnert sei nur an die viel zitierte „Jahresendflügelfigur“ (...). Diesmal waren es sieben Leser, die sich wegen dieses Wortes bei mir gemeldet haben, während in der Vergangenheit auch schon mal mehr als zehn Leute mir mitgeteilt haben, dass es diese Bezeichnung oder die Variante "geflügelte Jahresendfigur" im Sprachgebrauch der DDR gar nicht geben habe. Zwei Hinweise möchte ich zitieren, ein Leser teilte mir mit: "Ihren Artikel fand ich interessant. Aber ist es notwendig, dass nach so vielen Jahren politischer Aufarbeitung immer noch der unmögliche Begriff 'Jahresendflügelfigur' als offizieller Sprachgebrauch des Staates bezeichnet wird und nicht als das, was es wirklich ist: Eine Kreation des Satiremagazins 'Eulenspiegel'"? 

Ein anderer Leser schrieb mir dies: "Auch wenn ich mich jetzt in die Reihe der Sprach-Krümelkacker eingereiht habe: Sprechen Sie doch bitte mal in einer Redaktionskonferenz an, dass zumindest die 'Jahresendflügelfigur' aus dem Sprachgebrauch einer Zeitung verschwindet, die in einem Verbreitungsgebiet erscheint, wo bestimmt nie jemand dieses Wort gebraucht hat, wo der erzgebirgische Weihnachtsengel geboren wurde und seit Generationen zum Kulturgut gehört." Die anderen Anrufer waren eher weniger bedacht, sich die Wortwahl genau zu überlegen, mit der sie mir zu verstehen geben wollten, dass ihnen der Hinweis auf dieses DDR-Kunstwort, dass es in Wirklichkeit nie gegeben hat, mittlerweile "zum Halse raushängt". Mein persönliches Fazit: Ich könnte diese Kritik einfach an mir abprallen lassen, aber das gelingt mir nicht, weil ich nicht wahrhaben will, dass nach fast drei Jahrzehnten solche Sensibilitäten immer noch in den Köpfen der Menschen vorhanden und in der Lage sind, für Aufregung zu sorgen. Sollte nicht endlich einmal Schluss damit sein?

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