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Ein Weisheit, oder doch nicht?

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Eine vermeintliche Weisheit, von der viele Menschen ausgehen, dass Journalisten sie tagtäglich für sich beanspruchen, weil sie angeblich ohne den darin verborgenen Auftrag gar nicht existieren könnten, wird ständig und durchschnittlich drei bis vier Mal in der Woche (nicht nur buchstäblich, sondern tatsächlich, weil ich beim Telefonieren ein Headset trage) um die Ohren gehauen. Sie lautet (zunächst auf Englisch, denn da klingt sie nicht ganz so dramatisch): Only bad news are good news. Doch dass der Vorwurf, Zeitungsmacher würden nur schlechte Nachrichten als gute ansehen und ins Blatt heben, innerhalb von zwei Tagen gleich vier Mal eine Rolle gespielt hat, war dann doch eine außergewöhnliche Häufung, von der ich in dem ersten Blogeintrag nach meinem Kurzurlaub nun berichten möchte. Alle Leser haben sich deswegen seit gestern bei mir gemeldet:

Episode 1: "Auch wenn es schon ein paar Tage her ist, will ich das doch noch unbedingt loswerden", meinte ein Mann zu Beginn des Gesprächs und verwies ausdrücklich noch darauf, dass er meinen Empfehlungen, die ich während meiner Abwesenheit über den Anrufbeantworter den Leuten gebe, wenn ihr Anliegen nicht warten kann und von anderer Stelle gelöst werden soll, bewusst nicht gefolgt sei. Er sagte nämlich: "Das sollen Sie sich jetzt anhören, niemand sonst, und ich fordere Sie auf, alle Redakteure davon zu informieren, natürlich an erster Stelle die Kollegen, die für den Sport zuständig sind." Ich fasse seine Kritik zusammen, er hatte mich wegen der Überschrift "Degenkolb verpasst Etappensieg in Bern" angerufen: Der deutsch Radrennfahrer war am Vortrag bei der Tour de Suisse als Dritter ins Ziel gekommen, was nach Ansicht des Anrufers ein großer Erfolg sei, was man auch in der Überschrift hätte zum Ausdruck bringen können. Sein Kommentar: "Mal wieder typisch für Euer (..., Anmerkung: Der erste Teil seines an dieser Stelle gewählten Wortes ist der Terminologie des fleischverarbeitenden Handwerks entnommen.), immer müsst Ihr das Haar in der Suppe finden, weil offenbar nur schlechte Nachrichten, eine Chance haben, in die Zeitung zu kommen."

Episode 2: Eine Frau hatte mich angerufen, weil sie mir sagen wollte, welche Gefühle in ihr wachgerufen wurden, nachdem sie die Meldung "Middelhoffs Verfahren vor Einstellung" heute auf der Seite "Wirtschaft" in der Zeitung gelesen hatte: "Sie wollen mich wohle ver..., denn das ist so aufgeschrieben, als wäre es eine gute Nachricht, was mich Sicherheit nicht der Fall ist, denn sonst hätte sie es doch gar nicht in die Zeitung geschafft."

Episode 3: "Als ich zuerst das Foto gesehen, dann die Überschrift und danach den Text gelesen hatte, kam doch tatsächlich so etwas wie Freude in mir auf", meinte ein Anrufer und klärte mich, nachdem er mir mit "Nato-Truppe übt in Litauen" die Überschrift der Fotonachricht genannt hatte, weiter über den Grund für seinen Anruf auf: "Da spielen ein paar Bundeswehrsoldaten Krieg, und Sie erwecken mit ihrer Art, das Thema aufzugreifen, den Eindruck, als wäre das eine ganz wunderbare Sache und wir sollten uns alle freuen, dass unsere Armee fleißig trainiert, um für den Ernstfall gerüstet zu sein." Erst danach kam er darauf zu sprechen, was ihn seinen Worten zufolge "ganz schön wütend" gemacht hat: "Sie hätten bei Ihrer Linie bleiben und diese Information als schlechte Nachricht in die Zeitung setzen sollen, denn machen wir uns doch nichts vor: Dort brodelt ein Pulverfass, und wir alle können froh sein, wenn es eines Tages nicht explodiert." Ich habe ihm nicht widersprochen.

Episode 4: Ein Leser, der gleichfalls mit seinem Anruf gewartet hatte, bis ich wieder am Schreibtisch sitze, nannte mir mit "Zehn Cent für eine TAN" die Überschrift des Artikels auf der Seite "Rat & Leben" in der vergangenen Woche, bevor er mir sagte: "Ich vermisse ein Wort." Natürlich wollte ich wissen, welches er gern gelesen hätte, er nannte es mir: "Abzocke." Weil ich seit Jahren schon ein gestörtes Verhältnis zu diesem wertenden Begriff für Handlungen habe, bei denen die eine Seite eine Seite einen deutlichen Nachteil hat, ohne sich dagegen wehren zu können, wollte ich der Diskussion über dieses Art, wie Geldinstitute mit ihren Kunden umgehen nicht ausweichen. Was dazu führte, dass ich dem Mann in der Leitung das letzte Wort in dieser Sache überließ, er sagte: "Was schlecht ist, muss auch in der Zeitung so dargestellt werden, ohne Wenn und Aber, da darf dann auch mal ein deutliches Wort fallen. Sie tun sich doch sonst nicht so schwer damit, schlechte Nachrichten als solche der Welt mitzuteilen."

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