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Schlimm genug: Das Netz weiß alles
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Der Vergleich hinkt, ich weiß, aber zum besseren Verständnis von dem, worüber Leser heute mit mir reden wollten, erlaube ich mir ihn anzubringen: Der Wasserhahn in meiner Küche ist kaputt, der Hebel ist einfach so abgebrochen, kleben geht nicht, habe ich als erstes versucht. Weil ich kürzlich in einem Supermarkt einen im Angebot gesehen habe (für 12,99 Euro), kam mir die Idee, dass ich die Reparatur doch gleich mal selbst in die Hand nehmen könnte, statt meinen Vermieter anzurufen, damit er sich kümmert und den Wasserhahn erneuern lässt. Handwerklich aber bin ich, das gebe ich uneingeschränkt zu, eine ziemliche Niete und habe, nicht nur buchstäblich, sondern tatsächlich, zwei linke Hände. Also kam mir in den Sinn, mir im Netz die nötige Hilfe und eine Anleitung für den Austausch von Wasserhähnen auf den Bildschirm zu holen. Mit diesem Ergebnis: Nach dem Tippen des Wortes "Wasserhahn" kam als erstes der Vorschlag "austauschen" mit einer langen Liste von Links zu Videos, auf denen zu sehen ist, wie Fachleute erklären, wie man eine defekte Mischbatterie gegen eine neue austauscht. Zwei Clips habe ich mir angeschaut, dann die Entscheidung getroffen, doch meinen Vermieter anzurufen, weil es schon am Werkzeug scheitert, das ich nicht habe und zusätzlich noch kaufen müsste. (Nur so am Rande: Das ist jetzt zwei Wochen her, dass der Installateur von dem Auftrag weiß und meine Telefonnummer hat, aber noch immer muss ich das Wasser für den Morgenkaffee aus dem Bad holen. Falls die Frage im Raum steht: Die Spülmaschine funktioniert unabhängig vom Wasserhahn.) Womit ich (endlich) bei dem Thema dieses Blogeintrags angekommen bin, denn ich behaupte:
Für alle nur denkbar möglichen Vorgänge findet man im Internet eine Gebrauchsanleitung; manchmal muss man etwas länger suchen, manchmal findet man sie auch nur versteckt in in anderen Beiträgen, aber erfolglos ist die Suche nie. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich ich diese Diskussion mit einer Anruferin geführt habe, die sich bei mir gemeldet hatte, nachdem sie einen Artikel mit der Überschrift "Drei Hunde in (...) vergiftet - Polizei ermittelt" gelesen hatte. Die Frau in der Leitung konfrontierte mich mit einem Vorwurf: "Wie kann man so unverantwortlich sein und auch noch öffentlich machen, wie leicht man Hunde mit einem frei verkäuflichen Mittel vergiften kann", sagte sie und fügte hinzu: "Das kommt geradezu einer Empfehlung für Nachahmer gleich." Ich habe widersprochen mit dem Argument, dass es sich hier um eine vermeintliche Straftat handelt und dass deren Umstände sowie tatrelevante Angaben auf jeden Fall unbedingt zur Nachricht gehören und deshalb in der Zeitung stehen müssen. Das sah die Anruferin anderes, wir haben noch einige Minuten darüber diskutiert, unter anderem habe ich auch darauf verwiesen, dass man sich immer Internet jede nur denkbare Information beschaffen kann. Schließlich war ich an dem Punkt angelangt, an dem ich diesen Versuch startete: "Ich gebe jetzt nur das Worte Hunde in die Suchmaske ein und drücke einmal die Leertaste, soll ich Ihnen mal vorlesen, was mir da als weitere Recherchemöglichkeiten angeboten wird?" Ein wirklich versöhnliches Ende mit zwei sich angenäherten Standpunkten hatte die Unterhaltung trotzdem nicht. Heute war es wieder soweit, zwei Lesern war dieser Absatz in dem Artikel mit der Überschrift "Böller und Gas als Sprengstoff für Automaten-Aufbruch" in die Nase gefahren war: "Sie nutzen Pyrotechnik, die sie entweder in den Ausgabeschacht oder an der Außenseite des Automaten anbringen und mit einer längeren Lunte zünden. Die Böller stammen meist aus Tschechien. Zunehmend wird auch entzündbares Gas eingesetzt. Das ist zwar meist wirkungsvoller, aber für die Täter auch gefährlicher und mit einem höheren Aufwand verbunden. Das Gas wird durch Öffnungen in den Automaten eingeleitet und gezündet." Ein Leser meinte: "Na toll, jetzt weiß wirklich jeder, wie es geht." Etwas weniger auf Konfrontation ausgelegt war eine andere Anruferin, sie fragte mich: "Glauben Sie nicht, dass es besser gewesen wären, nicht so genau zu beschreiben, wie einfach ist offenbar ist, einen Zigarettenautomat in die Luft zu sprengen?" Nun denn, ich habe die gleiche Argumentation wie oben angeführt und auf die tatrelevanten Informationen verwiesen. Beide waren nicht einsichtig und beharrten auf ihrem Standpunkt: Auf diese Informationen hätte man verzichten müssen. Also habe ich wieder gesagt: "Ich gebe jetzt mal Zigarettenautomat in die Suchmaschine ein." Nur wenige Sekunden später fügte ich hinzu: "Das zweite vorgeschlagene Wort ist 'knacken' und das vierte 'sprengen'."
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde es wirklich schlimm, dass man auch für verbotene und kriminelle Handlungen entsprechende Anleitungen im Internet findet. Doch bin ich mir der Tatsachen bewusst, dass niemand dagegen etwas unternehmen kann. Viel wichtiger finde ich also, und das habe ich beiden Lesern auch gesagt, dass möglichst viele Menschen wissen sollen, worauf sie achten müssen, wenn sie sehen, wie jemand sich länger als nur ein paar Sekunden mit einem öffentlichen Automaten beschäftigt.
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