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Geld regiert die Welt - und dann?
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In Zusammenhang mit Berichten und Kommentaren über den Wechsel des brasilianischen Fußballstars Neymar nach Frankreich, für den der Club Paris St. Germain die kaum vorstellbare Summe von 222 Millionen Euro an den spanischen Verein FC Barcelona bezahlt haben soll, haben in den vergangenen Wochen mehr als zehn Leser mir ihre Meinung mitgeteilt; sie waren sich im Grunde genommen alle einig: Das ist ein vollkommener Verfall der Werte im Fußball und kommt einem modernen Menschenhandel gleich. Bei allen Gesprächen habe ich mehr oder weniger deutlich meine Meinung dazu gesagt: Nein, das stimmt nicht, in einer Welt, in der in fast allen Bereichen das Geld den Takt vorgibt, was man natürlich grundsätzlich verteufeln und über alternative Lebens- und Sozialmodelle nachdenken darf, ist diese Summe für den Transfer eines Fußballspielers, wenn überhaupt, nur ein kleiner Teil der Spitze eines gigantischen pekuniären Eisbergs, den man akzeptieren oder sich ihm radikal verweigern muss, weil er nun mal fest in unserem Gesellschaftssystem verankert ist.
Vier Leser am Telefon habe ich diese Frage gestellt: Was unterscheidet diesen Fall der Ablösesumme von 222 Millionen Euro von dem Fußballspieler, der in der obersten Spielklasse auf Kreisebene kickt und, weil er wieder mal der Torschützenkönig war, jetzt den Verein wechselt (rund 20 Kilometer entfernt vom alten), weil ihm dort ein Bauunternehmer, der seit Jahren zu den Sponsoren des ortsansässigen Clubs zählt, einen Job anbietet, bei dem er 500 Euro mehr im Monat verdient? Wenn es bei der Frage, innerhalb welcher Bedingungen beim Vereinswechsel von Fußballern das Geld ins Spiel kommt, an einer der Stellschrauben um so etwas wie Moral oder sportlicher Ehre gehen soll - gibt es dann einen Unterschied zwischen 500 und 222 Millionen Euro?
Unter den Anrufern war auch wieder einer, der angesichts dieses Themas zu einem Rundumschlag gegen den Kapitalismus ausholte und den Slogan "Geld regiert die Welt" verteufelte auf eine Weise, die mich auf viel Verbitterung schließen ließ, weshalb ich, weil ich mich in diesem Fall dazu verpflichtet fühlte, den Finger in die Wunde legte und fragte: "Schauen Sie sich wichtige Fußballspiele im Fernsehen an? Müssten Sie nicht in eine generelle Verweigerungshaltung verfallen?" Das eine habe, meinte er, mit dem anderen nichts zu tun, und er wolle sich diesen Sport nicht vermiesen lassen. Womit wir dann an der Stelle waren, an der ich dann immer sage: "Konsequent finde ich das nicht gerade." Bis auf die Verabschiedung waren das dann auch die letzten Worte, die er sich von mir anhören wollte. Nun bin ich (gefühlt zum hundertsten Mal) dort angelangt, wo ich diese eine meiner eigenen Prämissen formuliere, obwohl sie in Zusammenhang mit anderen Themen wie die Preise von Butter (heute haben übrigens wieder zwei Frauen aus dem Vogtland angerufen, weil das beliebte Streichfett bei ihnen im Ort mittlerweile 2,49 Euro kostet) oder Eintrittskarten von Konzerten der Superstars der Musikszene schon an dieser Stelle eine Rolle gespielt hat: Wer das System zur Bestimmung von Kosten und Nutzen - für welches Produkt auch immer - kritisiert und die verlangten Summen unverschämt teuer findet, darf dies tun, muss ich von mir dann aber diese Frage gefallen lassen, was er dagegen tut, außer sich darüber aufzuregen und beim Leserobmann anzurufen.
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