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Damit das klar ist: Ich passe auf

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Für sprachliche Marotten, für die sich (fast) jeder schämen und zumindest - will ich an dieser Stelle mal hoffnungsvoll zum Ausdruck bringen möchte - entschuldigen würde, wenn sie ihm bewusst gemacht werden oder er sich selbst hören würde, bin ich nicht zuständig und auch der falsche Ansprechpartner, wenn es darum geht, den Menschen mit solchen schrulligen Verballhornungen ins Gewissen zu reden. Soll heißen: Eigentlich bin ich nur gefordert, wenn es um das geschriebene Wort geht. Aber dieser kürzlich geführte Dialog hat mich dazu veranlasst, von einem ganz besonderen Anliegen eines Lesers zu berichten:

Anrufer: "Passen Sie mal auf, ich habe da mal eine Frage." (Originalanfang: "Basse se ma uff, ...") Ich: "Ich höre Ihnen zu." Anrufer: "Wie meinen Sie das?" Ich: "Sie haben betont, dass Sie viel Wert auf meine Aufmerksamkeit legen, und ich habe gesagt, dass ich Ihnen jetzt ganz genau zuhören möchte." Anrufer: "Das verstehe ich jetzt nicht, wie Sie das meinen." Ich: "Ist ja auch egal, schießen Sie einfach los, wie kann ich Ihnen helfen. Anrufer: "Passen Sie mal auf, ich ..." (Original: "Basse se ma uff, ...") Betonen möchte ich dabei, dass ich es mir zur Angewohnheit gemacht habe, Leser immer freundlich, aber bestimmt darauf hinzuweisen, dass sie mit dieser Aufforderung bei mir nichts mehr erreichen, als dass ich sie (kürzlich fünf Mal während eines Gesprächs) unterbreche und sage: "Ich passe auf." Verschweigen möchte ich nicht, dass es auch schon Leute gab, die wegen dieser Unterbrechungen dann keine Lust mehr hatten, weiter mit mir zu sprechen und verärgert aufgelegt haben. In meinem privaten Umfeld bin ich nicht ganz so rigoros und konsequent, weil ich schlechte Erfahrungen damit gemacht habe, immer dann "ich weiß" zu sagen, wenn meine Gegenüber ihrem Satz ein "weeste" hinterhergeschoben haben und das nicht als Frage verstehen, ob ich weiß, wovon sie da gerade gesprochen haben.

Deshalb musste ich heute auch einen Leser enttäuschen und ihm mitteilen, dass wir das nicht journalistisch aufgreifen und zum Thema für einen Bericht in der Zeitung machen, was ihn schon lange ärgert und dazu geführt hat, dass er sich jetzt endlich an die Öffentlichkeit wenden und die Medien allgemein und besonders die "Freie Presse" dazu aufzufordern will, "gegen diese Unsitte vorzugehen und sie nach Möglichkeit abzustellen". Offenbar hat er eine umfangreiche Untersuchung dazu angestellt, denn er ist zu diesem Ergebnis gekommen: "Mindestens 75 Prozent aller deutschsprechenden Bürger beginnen während eines Gesprächs mehr als einmal einen Satz mit 'äähh' (Anmerkung: Da es ein Sachse war, der sich deswegen an mich gewandt hatte, kommt auch die alternative Schreibweise  "eehh" oder "eem" infrage.) und das ist einfach nur beschämend für die Deutschen und das Land der Dichter und Denker." Ich habe ihm nicht widersprochen, weil ich weiß, dass es dieses Phänomen gibt und sich fast alle, die man darauf anspricht, sich dieser sprachlichen Marotte nicht bewusst sind, weshalb ich die Idee des Leser gar nicht mal so falsch finde: "Jeder sollte, wenn er jemanden kennt, der das sagt, ihn darauf hinweisen, und zwar immer wieder und so lange, bis er es verinnerlicht hat und nicht mehr macht." Allerdings musste ich dem Mann klar machen, dass ein einziger Artikel in der Zeitung mit diesem Aufruf vermutlich wenig ändern wird. "Das befürchte ich auch", meinte er und fügte hinzu: "Aber einen Anfang ist es wert." Also habe ich mal im Netz ein wenig recherchiert und weiß jetzt zumindest, dass man Edmund Stoiber fragen könnte, ob er sich nicht an die Spitze einer solchen Bewegung stellen möchte; auch Boris Becker soll ein Experte auf diesem Gebiet sein. Sprachwissenschaftlich spricht man übrigens von einem Verzögerungslaut beziehungsweise von einem Diskurspartikel, also von Wörtern ohne eine semantische Bedeutung. 

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