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Also auch ich: Ist mal gut jetzt

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Einen Tag vor dem Jahrestag des Mauerfalls schreibe ich dies im Brustton der Überzeugung und leihe mit dafür, weil mein journalistischer Ziehvater mal gesagt hat, dass es manchmal weise sein kann, gut zu klauen, als schlecht zu schreiben, die Überschrift aus, die mein Kollege kürzlich über seinen Gastkommentar bei "Spiegel Online" geschrieben hat: Ist mal gut jetzt. Soll heißen: Eigentlich habe ich es gründlich satt, mir den geballten Ärger von Lesern immer dann anhören zu dürfen, wenn meine Kollegen (häufig aufgrund der Auswertung einer Studie oder als Ergebnis einer Umfrage) es mal wieder gewagt haben, in einem Bericht auf einen Vergleich der alten mit den neuen Bundesländern - was soll's, ich schreibe es mal bewusst so - des deutschen Westens mit dem deutschen Osten einzugehen und unterschwellig anklingen lassen, dass sich an diesem Unterschied vermutlich so bald nichts ändern wird. Und wenn dann noch die Ironie hinzukommt, wie das bei dem Artikel "Wir sind glücklich" heute auf der Titelseite der "Freien Presse" der Fall ist, und einige Leser diese als solche nicht erkennen und sie als eine Art von Spott interpretieren wollen, dann wird aus dem Unmut schnell auch mal so etwas wie Wut, dessen Auswirkungen ich mir dann am Telefon anhören darf. Weil ich meine, dass 28 Jahre nach dem Mauerfall diese Empfindlichkeiten langsam mal ein Ende haben sollten, wiederhole ich die Kernaussage dieses Blogeintrags gern noch einmal: Ist mal gut jetzt.

Zunächst zitierte ich mal die Passage, die vier Leser heute dazu veranlasst hat, mich (nicht persönlich, sondern stellevertretend für "dieses ...blatt") an den Pranger zu stellen. Es ging in dem Artikel um den seit sieben Jahren von der Deutschen Post in Auftrag gegebenen Glücksatlas; wörtlich schrieb mein Kollege: "Auf dem vorletzten und letzten Rang: Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Im Osten! Wieder mal typisch, oder? Na ja, sagen die Forscher und antworten diplomatisch, mit konstruktivem Optimismus (...): Auch dort, wo mal DDR war, wird mittlerweile fast Westniveau erreicht. 6,97 in Thüringen. 6,92 in Sachsen." Die Kritik der Anrufer war so umfangreich und vielschichtig, dass ich diesmal keine einzelnen zu Wort kommen lassen möchte, sondern einfach mal diesen Bogen spanne: Er reicht von der Tatsache, dass die Sowjetunion nach dem Kriegsende die DDR hat ausgesaugt uns ausbluten lassen, während den Menschen in der BRD mit Hilfe der USA nur Gutes widerfuhr, und dem völligen Ignorieren der Lebensleistungen der Menschen im Osten über das Ausmaß an Energie, mit der die westdeutschen die ostdeutschen Unternehmen nach der Wende in den Ruin getrieben haben, bis hin zu den immer noch drastischen Unterschieden bei der Höhe der durchschnittlichen Einkommen und der Vermutung, dass die Fußballvereine in den alten Ländern immer noch dabei sind, alle Talente im Osten so zeitig wie nur möglich aufzuspüren und zu verpflichten, nur damit ja nicht noch ein zweiter Club es in die erste Liga schafft. Der Bogen ist lang, ich weiß, ein syntaktisches Ungetüm, aber er entspricht meiner Gefühllage: Schluss jetzt.

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