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Schweigen macht mich sprachlos
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Manchmal beschleicht mich nach meiner "Sprechstunde" zwischen zehn und zwölf ein beklemmendes Gefühl der Verunsicherung, manchmal würde ich es durchaus als Furcht bezeichnen. Nach den insgesamt sechs Reaktionen von Lesern auf den Bericht "Sein letztes Gefecht", in dem es um Hans Modrow und, weil er Gerechtigkeit für die Menschen will, die in der DDR lebten, und seine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland ging, war das aber nicht der Fall. Die Ansichten waren kritisch, teilweise auch höchst emotional, aber immer in ihrer Kernaussage konstruktiv. Ins Grübeln bin ich auch nicht geraten, nachdem ich die drei Meinungen von Lesern zu den Berichten über den türkischen Staatpräsidenten Erdogan und eine Militäroffensive in Nordsyrien zur Kenntnis genommen hatte. Weil ich weiß, dass es weltpolitische Gräben gibt und die Anhänger beider Seiten zu meinen "Stammkunden" gehören, reflektiere ich das, was sie mir mitteilen, und gewichte es angesichts meiner eigenen Ansicht, aber die Haltungen treiben mir eher nicht die Sorgenfalten ins Gesicht. Das Thema an sich ist durchaus in der Lage, mir das Fürchten zu lehren, aber die drei Meinungen von Lesern zu dem Artikel "Warum die Begrenzung der Waffenexporte nicht so einfach ist" waren eher Wasser auf meine Mühlen, die mich antreiben, meine pazifistische Weltanschauung immer dann, wenn sich die Gelegenheit gibt, nach außen zu artikulieren und dort den Fingen in die Wunden zu legen, wo des denen für die Rüstungsindustrie in Deutschland verantwortlichen (ich betone) Damen und Herren wirklich wehtut. Nein, heute ist es mir um kurz nach zwölf tatsächlich eiskalt den Rücken runtergelaufen angesichts dessen, was ich bis Mittag erlebt habe. Es lässt sich leicht auf den Punkt bringen: Weitgehendes Schweigen.
Zu der Nachricht "Höcke: Islam bis zum Bosporus bekämpfen" gab es keinen Sturm der Entrüstung, weil der AfD-Rechtsausleger diese Religion "bis zur Türkei bekämpfen will, wenn seine Partei die Macht hat"; zumal es diese Nachricht überhaupt in die Zeitung geschafft hatte, was meiner Ansicht nach nicht hätte passieren dürfen. Es gab keinen einzigen Anruf wegen dieses Angriffs auf das Fundament unserer Grundwerte, niemand wollte mit mir darüber reden, was dieser rechtsextreme Politiker an Wahnsinn in die Welt hinausposaunt hatte und was das für gesamte westliche Welt bedeuten würde. Dass er sich selbst entlarvt, ist meiner Ansicht nach kein Argument, denn bei diesem Mann muss man das nichts mehr in irgendeiner Weise klarstellen; das hat Höcke in der Vergangenheit reichlich selbst getan. Den Glauben daran, dass ich nicht ganz so falsch liegen kann und die Diskussion mit meinen für diese Seite verantwortlichen Kollegen in der Redaktion zurecht geführt habe, hat allein eine Leserin gerettet, denn sie schrieb mir diese Mail: "Vielleicht ist mir der Sinn für Realismus total abhanden gekommen und ich bin ein Schwarzmaler; aber wenn Höcke den Islam bis zum Bosporus verbieten will, bedeutet das nicht, er will wieder marschieren, bis alles ...? Das ist nur noch gruselig." Vielen herzlichen Dank dafür.
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