Blog "Leser-Obmann": Die Zeitung ist jetzt eleganter - ganz bestimmt

"Eine Zeitung muss nicht elegant sein", sagte mir heute eine Leserin zum neuen Layout der "Freien Presse", verwies dabei auf die (etwas andere) Titelseite und den zusätzlichen Hinweis zur Überschrift "Das neue Gesicht". Frischer und übersichtlicher, dem würde sie zustimmen, fügte sie noch hinzu, aber elegant. "Was verstehen Sie eigentlich darunter?" fragte sie mich, wohl davon überzeugt, dass ich jetzt ein Problem bekomme, eine Antwort zu formulieren. Kurz dachte ich nach, hörte auf meine innere Stimme, und sprach:

"Eine Frau tritt in mein Leben, ich sehe sie zum ersten Mal und denke: Diese Eleganz verzaubert mich, dieses scheinbar schwebende Wesen möchte ich näher kennenlernen, das Geheimnis der Ausstrahlung möchte ich ergründen, die Aura auf mich wirken lassen. Diese wunderbare Kombination aus klaren Linien und eigentlich betont schlichten Formen ist in sich eine fast himmlische Komposition von Schönheit und Grazie, da ist jede Wirkung auf eine andere abgestimmt, jede Farbe scheint die Korrespondenz zu einer anderen geradezu zu verlangen. Wirkt das eine Detail eher streng, schafft das andere Impulse für offenbar spontane Veränderungen; immer abhängig vom Blickwinkel meiner Wahrnehmung, und erst recht, wenn der Abstand zu dieser in jeder Beziehung eleganten Erscheinung immer geringer wird."

Ich hole kurz Luft, will gerade weitersprechen, als sich die Anruferin entscheidet, etwas zu sagen: "Hören Sie auf. Sie haben Recht, ich verstehe Sie gut. Eine Zeitung darf elegant sein, richten Sie das bitte Ihrem Chefredakteur aus." Noch habe ich mich nicht entschieden, ob ich dem Chef auch sage, wie ich diese Leserin davon überzeugt habe, dass die "Freie Presse" jetzt eleganter ist. Mal sehen.

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