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Ambulant Operieren Teil 1: Diagnose Krampfadern

Erweiterte Venen werden oft nicht mehrentfernt, sondern mit Radiowellen oder Laser behandelt. Das zahlen aber nicht alle Kassen. Was sind eigentlich Krampfadern?

In Sachsen haben sich im letzten Jahr knapp 2400 gesetzlich Versicherte Krampfadern entfernen lassen. Dieses sogenannte Venenstripping steht an der siebenten Stelle der häufigsten ambulanten Operationen. Geschwollene und schmerzende Beine sind erste Anzeichen für eine Funktionsstörung der Venen. Das Blut wird nicht mehr vollständig zum Herzen zurückgepumpt und versackt in den Beinen. "Das ist nicht nur ein kosmetisches Problem. Denn durch Krampfadern können Unterschenkelgeschwüre entstehen", sagt Dr. Matthias Schwalbe. Der Chemnitzer Chirurg hat viel Erfahrung auf dem Gebiet der Gefäßbehandlung. Allein im vergangenen Jahr operierte das Team aus drei Chirurgen 1800 Patienten mit Venenproblemen. Dr. Schwalbe erklärt alles Wichtige über Krampfadern.

Was sind eigentlich Krampfadern?

Krampfadern (Varizen) sind erweiterte und in ihrer Funktion gestörte Venen. Sie kommen vor allem in den Beinen vor. "Die Varikosis ist kein reines Frauenproblem, wie oft vermutet wird. Frauen gehen aber eher damit zum Arzt", sagt er.

Wann müssen Varizen behandelt werden?

"Wenn sie Beschwerden verursachen", so Dr. Schwalbe, "in erster Linie bei einer Stammveneninsuffizienz." Das ist eine Funktionsstörung der Venenklappen in der Stammvene. Sie schließen nicht mehr optimal, dadurch staut sich das Blut aufgrund der Schwerkraft nach unten in Richtung Füße zurück.

Wie wird eine Venenerkrankung diagnostiziert?

Es gibt Verfahren, bei denen mittels Sensoren an den Unterschenkeln ermittelt wird, wie schnell sich das Venensystem nach einem Blutrückfluss wieder füllt. Die Doppler-Ultraschalluntersuchung ist heute das Verfahren der Wahl. Mit dieser Methode lassen sich der Zustand des Venensystems und der Venenklappen, Veränderungen im tiefen Venensystem und Thrombosen bildlich darstellen. Auch die Geschwindigkeit des Blutstromes wird gemessen.

Ist eine Operation immer nötig?

"Nein. Der erste Behandlungsschritt ist die Kompressionstherapie. Spezielle Strümpfe drücken von außen die Venen zusammen. Dadurch schließen die Venenklappen wieder besser. Die Patienten sollten sich viel bewegen und zum Beispiel durch häufiges Treppensteigen die Venen-Muskel-Pumpe aktivieren", sagt der Gefäßchirurg. Ist der Patient dadurch nicht beschwerdefrei, sollte operiert werden. "Das herkömmliche Venenstripping, bei dem die kranke Vene oder der Abschnitt entfernt wird, gerät aber immer mehr in den Hintergrund. Zurzeit werden bevorzugt die sogenannten endoluminalen Verschlussmethoden angewendet. Hier wird mit Laser oder Radiowellen das Blutgefäß verschlossen", so Dr. Schwalbe.

Welche OP-Verfahren übernehmen die Krankenkassen?

"Das Venenstripping ist eine generelle Kassenleistung", sagt Dr. Schwalbe. Die AOK Plus erstattet die Kosten für die Laserbehandlung auf Einzelantrag. IKK classic, TK und verschiedene Betriebskrankenkassen übernehmen im Rahmen integrierter Versorgungsverträge auch die Behandlung mit Radiowellen und Laser, allerdings nur in ausgewählten Praxiskliniken. Welche Kliniken diese Behandlungen vornehmen, erfahren Versicherte bei ihrer Krankenkasse.

Kann die Operation immer ambulant erfolgen?

"In den meisten Fällen. Eine stationäre Aufnahme erfolgt nur im Ausnahmefall. Den muss die Klinik auch genau begründen. So gibt es Patienten, die aufgrund von Begleiterkrankungen wie schweren Herz-Kreislauf-Problemen nicht ambulant operiert werden können. Wer alleine lebt und niemanden hat, der sich in den ersten Tagen nach der OP um ihn kümmert, könnte auch so ein Sonderfall sein. Das wird im Rahmen der Voruntersuchungen beim Hausarzt geklärt", sagt Matthias Schwalbe. Auch der Anästhesist befragt den Patienten nochmals.

Wie erfolgt die Narkose und welche Risiken gibt es?

"Das Bein wird örtlich betäubt, dazu wird das OP-Gebiet unterspritzt. Auch Beruhigungsmittel werden über eine Armvene mit gegeben. Auf Wunsch ist auch eine Vollnarkose möglich", so Schwalbe.

Wie geht es nach der OP weiter?

"Bei der Laserbehandlung kann der Patient nach ein bis zwei Stunden wieder nach Hause. Beim Stripping nach drei bis vier Stunden. Wer zu Hause keine Betreuung hat, kann auch über Nacht in unserer Praxisklinik bleiben", so Schwalbe: "Sie dürfen am Tag des Eingriffs nicht selbst Auto fahren und sollten sich auch nicht alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg machen. Lassen Sie sich abholen oder nehmen Sie ein Taxi nach Hause." Besondere Vorsichtsregeln für zu Hause gibt es nicht. Der Patient kann aufstehen, umherlaufen, sollte sich aber noch nicht so stark belasten. Deshalb ist es für die erste Woche nach der OP gut, wenn ein Angehöriger zur Betreuung da ist. In der ersten Woche muss sich der Patient täglich selbst ein Mittel gegen Thrombose spritzen. "Nachuntersuchungen und Verbandswechsel erfolgen am zweiten Tag und eine Woche nach der OP. Eine Abschlusskontrolle ist nach drei bis vier Monaten vorgesehen.

Welche Risiken hat die Krampfader-Operation?

Sie führt nur sehr selten zu Komplikationen, die sich aber wie bei jedem operativen Eingriff nicht hundertprozentig vermeiden lassen. Möglich sind zum Beispiel Blutergüsse oder Wundheilungsstörungen. Selten kommt es zu Lymphstau oder Infektionen. Verhärtungen sind meist durch kleinere Blutergüsse bedingt und bilden sich in der Regel nach ein bis drei Monaten zurück. Das Gleiche gilt auch für Empfindungsstörungen der Haut, die durch Beschädigungen kleinster Hautnerven bedingt sein können.

Wie erfolgreich ist die Krampfader-Operation?

Bei der Stripping-OP und den anderen Verfahren sind die Langzeitergebnisse gut. Eine erneute Bildung von Krampfadern wird bei 15 bis 20 Prozent der Patienten beobachtet.

Wie viel zahlen die Kassen?

Für die stationäre Behandlung, das heißt Operation und zwei Tage Nachsorge, zahlen Kassen rund 2100 Euro, sagt Wolfgang Karger von der AOK Plus. Die ambulante OP kostet nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen je nach Methode und Aufwand zwischen 179 und 300 Euro.


Der Chemnitzer Gefäßchirurg Dr. Matthias Schwalbe erklärt das Venenstripping und die Laser- bzw. Radiowellenmethode

Zuerst wird über einen Schnitt  in der Leiste oder Kniekehle die Einmündungsstelle der Stammvene in das tiefe Venensystem aufgesucht. Alle einmündenden Venen werden unterbunden und die Einmündung der Stammvene in die tiefe Vene verschlossen (Krossektomie).Im nächsten Schritt  wird in die Stammvene eine Edelstahlsonde eingeführt, mit deren Hilfe der erkrankte Venenteil herausgezogen wird.Dann werden noch  die oberflächlich sichtbaren Seitenäste der Stammvenen über Minischnitte entfernt. Bei den endoluminalen Methoden  wird in der Regel über eine ultraschallgestützte Punktion der Stammvene die Laser- oder Radiowellensonde in diese eingeführt und bis zur Mündungsregion in der Leiste oder Kniekehle vorgeschoben. Nach der örtlichen Betäubung erfolgt dann der Verschluss der Vene durch langsames Zurückziehen der Sonde unter kontinuierlicher Zufuhr der entsprechenden Energie.


So haben die Patienten geurteilt: Praxiskliniken kommen besser weg als Krankenhäuser

Obwohl mehr Krankenhäuser als Praxen das Venenstripping anbieten, entscheiden sich Patienten überwiegend für die Behandlung bei niedergelassenen Gefäßchirurgen. Diese nutzen eigene OP-Räume oder mieten sich in Krankenhäuser ein.

Auffällig sind die oft langen Wartezeiten auf die OP. In der Leipziger Praxisklinik von Dr. Daniel Hausmann zum Beispiel muss sich mehr als jeder zweite Patient länger als ein Vierteljahr gedulden, bis er einen Termin bekommt. "Das liegt daran, dass wir oft nur einen OP-Tag pro Woche haben", sagt eine Sprecherin der Klinik. "Und die Mundpropaganda ist gut." Auch in Freiberg gibt es Wartelisten, sowohl für das Medizinische Versorgungszentrum als auch für das Krankenhaus, das ambulante Operationen durchführt.

Obwohl das Venenstripping eine Kassenleistung ist, werden bei drei Praxiskliniken besonders häufig kostenpflichtige Zusatzleistungen angeboten, zeigt die Umfrage. Meist handelt es sich dabei um die Verödung von Besenreisern nach der OP. Das ist medizinisch nicht notwendig, sondern rein kosmetisch begründet und damit keine Kassenleistung. Viele Patientinnen wollen aber wieder makellose Beine haben.

Mehr als 80 Prozent der Befragten waren mit der Behandlung zufrieden. Die beste Bewertung - Note 1,3 - erhielt die Gefäßpraxis von Dr. Matthias Jany aus Leipzig. 96,1 Prozent seiner Patienten würden die Praxis wieder wählen. Fast ebenso weit vorn in der Gunst der Patienten sind die Praxen Dr. Kinscher aus Markersdorf/Holtendorf in der Lausitz und das Medizinische Versorgungszentrum in Freiberg. Ins Dresdner Krankenhaus Friedrichstadt würden dagegen nur knapp zwei Drittel der Patienten wieder gehen, ins Helios Vogtland-Klinikum Plauen nicht einmal jeder Zweite. In beiden Häusern lag auch die Rate der unerwarteten Beschwerden nach der Entlassung viel höher.

Fazit von Gesundheitswissenschaftler Professor Joachim Kugler, TU Dresden:  Als sehr positiven Trend bewerte ich, dass sich immer mehr Patienten eine Zweitmeinung eingeholt haben. Früher grenzte das an Majestätsbeleidigung. In einigen Praxiskliniken sind die Wartezeiten viel zu lang. Das sollten Patienten nicht so hinnehmen. Auffällig war für mich, dass mehr Praxiskliniken als Krankenhäuser kostenpflichtige Zusatzleistungen anbieten. Offenbar haben im Krankenhaus die behandelnden Ärzte nicht direkt etwas davon, sodass es sich für sie nicht so lohnt.

 


Patientin Linda Bludszuweit: Endlich wieder Bein zeigen

Linda Bludszuweit aus Dresden  ist Hotelfachfrau und muss fast den ganzen Tag stehen. "Meine Krampfadern waren so schlimm geworden, dass ich meine Beine niemandem mehr zeigen wollte. Selbst im Bad mit den Kindern hätte ich sie am liebsten verhüllt", sagt die 34-Jährige. Nach dem dritten Kind sei es besonders schlimm geworden. An einer OP führte nun kein Weg mehr vorbei. Von Bekannten wurde ihr die Weißeritztalklinik in Freital empfohlen. "Ich habe die Entscheidung nicht bereut. Meine Beine sind wieder so schön geworden, dass ich den nächsten Sommer kaum erwarten kann", sagt sie. Bludszuweit wurde am 23. September, 8 Uhr operiert und war mittags schon wieder zu Hause. Sie entschied sich für eine offene OP, bei der über mehrere Schnitte im Bein die Krampfadern stückweise gezogen wurden. "Ich habe keine Schmerzmittel gebraucht und war nur anderthalb Wochen krank." Kompressionsstrümpfe habe sie zehn Tage lang auch nachts getragen, jetzt nur noch tagsüber im Job.

 

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