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Ambulant operieren Teil 2: Abschabung

Viele fürchten den Eingriff. Doch der Vorteil ist, dass damit Gewebe untersucht werden kann.

Wenn die Regelblutung sehr stark oder unregelmäßig ist, müssen sich Frauen nicht damit abfinden. Frauenärzte raten zur Ausschabung der Schleimhaut. Zuvor erfolgt die Spiegelung der Gebärmutter, weil sich so Erkrankungen erkennen lassen, die dafür die Ursache sein können. Eine Ausschabung ist für den Körper nicht ungewohnt.
Denn die Schleimhaut wird auch natürlicherweise jeden Monat mit der Regelblutung abgestoßen. Sie baut sich danach wieder neu auf. Große Erfahrung mit der Behandlung von Blutungsstörungen haben Gunnar Fischer und sein OP-Team. Er ist Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Mittweida. Hier wurden im vergangenen Jahr 772 Ausschabungen ambulant durchgeführt - so viele wie nirgends in Sachsen. Der Frauenarzt erklärt, was bei diesem Eingriff zu beachten ist.

Sind Blutungsstörungen gefährlich?

Nicht immer. In jungen Jahren können nach Meinung des Mittweidaer Arztes Schwankungen durch Veränderungen im Hormonhaushalt auftreten. Infekte oder Stress sind dafür oft verantwortlich. Die meisten Frauen, die der Gynäkologe mit einer Ausschabung behandelt, bluten entweder unregelmäßig oder zu stark, sodass die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist. "Bei Frauen um die 40 sind Blutungsstörungen häufig auch durch Myome - das sind Muskelknoten - oder Polypen - Ausstülpungen - bedingt. Diese werden operativ entfernt", sagt der Chefarzt. "Gefährlich sind Myome im Grunde nicht. Es sei denn, sie nehmen solche Dimensionen an, dass andere Organfunktionen gestört werden." Man entfernt sie trotzdem, da auch Myome entarten können. Bei vielen kommt es nach dem 50. Lebensjahr wieder zu Blutungen, obwohl vorher längere Zeit Pause war. Das ist nicht normal und ein Grund für eine Spiegelung, um die Ursache dafür zu finden. Mit einer nachfolgenden Ausschabung lässt sich diese Blutungsstörung behandeln, so der Chefarzt. Postmenopausale Blutungen könnten ein Hinweis auf Zellveränderungen der Gebärmutterschleimhaut oder auf Gebärmutterkrebs sein, sagt er.

Erfolgt eine Ausschabung nur bei Blutungsstörungen?

"Eine Ausschabung wird auch nach Fehlgeburten in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten empfohlen", sagt Gunnar Fischer.

Kann eine Ausschabung immer ambulant erfolgen?

"Bis auf wenige Ausnahmen ja", sagt der Chefarzt. Bei Patientinnen mit schweren Herz- und Lungenerkrankungen sei eine engmaschige Überwachung nach dem Eingriff nötig. Das lasse sich zu Hause nicht gewährleisten. Sie würden deshalb vorzugsweise stationär im Krankenhaus behandelt.

Wie erfolgt die Narkose und gibt es Risiken?

Die Patientin bekommt eine kurze Vollnarkose. Sie schläft für die wenigen Minuten, die dieser Eingriff dauert. Der Anästhesist klärt die Frau mindestens einen Tag vorher umfassend über die Narkose auf. Risikofaktoren, zum Beispiel Allergien oder Kreislaufprobleme, werden bei diesem Gespräch abgefragt.

Wird das entnommene Gewebe untersucht?

"Ja. Noch am Operationstag wird eine Gewebeprobe zu einem Facharzt für Pathologie zur mikroskopischen Untersuchung eingeschickt", so Fischer. Das Ergebnis liegt nach zwei bis drei Tagen vor und wird sofort dem behandelnden Frauenarzt oder der Patientin selbst mitgeteilt.

Welche Komplikationen können bei dem Eingriff auftreten?

Laut Bundesverband für Ambulantes Operieren ist eine Ausschabung ein risikoarmer Routineeingriff. Sehr selten seien Verletzungen der Gebärmutter, Thrombosen oder Infektionen. Darüber muss der Arzt vorher aufklären. Um Übelkeit und Erbrechen vorzubeugen, soll die Patientin mindestens sechs Stunden vor der OP nichts essen und trinken, nicht rauchen und keinen Kaugummi kauen. Sind regelmäßig Medikamente nötig, können diese nach Absprache mit dem Arzt auch vor dem Eingriff genommen werden.

Wie geht es nach der OP für die Patientin weiter?

Die Patientin wird morgens operiert und am Nachmittag wieder nach Hause entlassen. Sie muss von Angehörigen oder Bekannten abgeholt werden, denn sie darf aufgrund der Narkose 24 Stunden nicht selbst Auto fahren oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Erschöpfung und Schläfrigkeit können noch mehrere Stunden nach der OP anhalten. Deshalb hinlegen, sich ausruhen, aber auch ein paar Schritte in der Wohnung laufen, um den Kreislauf anzuregen, empfehlen die Ärzte. Die ersten Tage nach dem Eingriff kommt es zu einer leichten Wundblutung, auch ziehende Schmerzen sind möglich. Ein paar Tage nach der OP ist der erste Kontrolltermin beim Arzt. Bis zu drei Wochen nach der Ausschabung sollte sich die Patientin vor Infektionen schützen, also keinen Sex haben, nicht schwimmen gehen oder baden, keine Tampons verwenden und keine Sauna besuchen.

Bei welchen Komplikationen sollte die Patientin zum Arzt?

"Komplikationen sind sehr selten", sagt Gunnar Fischer. Da man sie nicht hundertprozentig ausschließen kann, sollte die Patientin in der ersten Nacht nach der OP möglichst nicht allein zu Hause sein. Ist das der Fall, wäre zur stationären Aufnahme zu raten. Bei folgenden Symptomen, die auf eine Infektion oder Gefäßverletzung hindeuten, ist der Hausarzt oder gleich das Krankenhaus aufzusuchen: Luftnot, Herzbeschwerden, Schwellung der Beine, Anstieg der Körpertemperatur, Schmerzen im OP-Gebiet oder in Armen und Beinen, erneute und stärkere Blutungen sowie Übelkeit und Erbrechen.

Wie viel rechnen Sie für die ambulante Operation ab?

Der Eingriff kostet zwischen 300 und 400 Euro. Für eine stationäre Behandlung gibt es laut AOK Plus keine Kalkulation, da eine Ausschabung nur im begründeten Einzelfall im Krankenhaus erfolgt.

Entstehen der Patientin zusätzliche Kosten, die die Kasse nicht übernimmt?

"Nein. Der Eingriff ist eine komplette Kassenleistung, vom Vorgespräch bis zur Nachkontrolle", so Fischer.

 

Gunnar Fischer erklärt die Gebärmutterspiegelung und die Ausschabung

Die Patientin  erhält eine kurze Narkose und wird im Operationssaal wie zur frauenärztlichen Untersuchung hingelegt. Von der Scheide aus wird der Gebärmutterhalskanal etwas aufgedehnt. In vielen Fällen erfolgt eine medikamentöse Vorbehandlung mit einer Tablette, um den Gebärmutterhals zu erweichen und dieses Aufdehnen schonend vornehmen zu können.Mit einer kleinen Kamera  kann das Innere der Gebärmutter untersucht werden, ob sich besondere Auffälligkeiten darstellen. Das ist die Spiegelung. Danach schabt der Arzt entweder die auffälligen Stellen oder die gesamte Gebärmutterschleimhaut vorsichtig mit einem speziellen Instrument aus. Teile der Gebärmutterschleimhaut und eventuell vorliegende Polypen oder andere Auffälligkeiten bereitet der Arzt für die feingewebliche Untersuchung vor. Dazu wird das entnommene Gewebe mit Formaldehyd konserviert.Der Eingriff dauert  zwischen 10 und 15 Minuten. Die Patientin schläft während dieser Zeit.

Patientin Renate Schreiter: Auffälliges Gewebe soll raus 

 aus Frankenberg  in Mittelsachsen steht schon zum dritten Mal eine Ausschabung bevor. "Bei einer Früherkennungsuntersuchung wurde wieder auffälliges Gewebe in der Gebärmutter entdeckt. Das muss jetzt untersucht werden", sagt die 70-Jährige. Einen Tag zuvor wurde sie von Gunnar Fischer, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie am Krankenhaus Mittweida, über die Risiken des Eingriffs und die Narkose aufgeklärt (Foto). Aufgeregt oder ängstlich wirkte sie dabei nicht, nahm es eher gelassen. "Natürlich bin ich trotzdem froh, wenn dann alles vorbei ist und die Befunde nichts Besorgniserregendes ergeben", sagt sie. "Hoffentlich habe ich dann erst mal Ruhe und es bildet sich nicht so schnell wieder etwas." Endgültige Sicherheit würde eine Entfernung der Gebärmutter bieten. Doch dazu könne sie sich nicht entschließen, sagt Patientin Schreiter. "Das müssen Sie auch nicht", erklärt Gunnar Fischer. Eine Gebärmutterentfernung wäre eine viel größere Operation, die auch mehr Risiken birgt als eine Ausschabung. Den OP-Termin bekam Frau Schreiter übrigens sehr schnell: "Ich musste nur ein paar Tage warten, konnte mir den Tag sogar aussuchen."

 

So urteilen die Patienten

Bei der Zufriedenheit gibt es große Unterschiede. In einigen Einrichtungen ist die Zahl der Beschwerden nach der OP sehr hoch.   


Gebärmutterspiegelung verbunden mit einer Ausschabung ist die sechsthäufigste ambulante Operation in Sachsen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen gibt es im Freistaat elf gynäkologische Praxen und Tageskliniken, die im Jahr mehr als 100 Eingriffe dieser Art ambulant durchführen. Hochrechnungen der AOK Plus zufolge kommen auch 44 Krankenhäuser dazu. Bei der Patientenumfrage wurden nur Einrichtungen mit hohen Fallzahlen berücksichtigt. Insgesamt schickten 1753 Patientinnen die Fragebögen über ihre Zufriedenheit mit der Ausschabung beziehungsweise Gebärmutterspiegelung in den Jahren 2014 und 2015 zurück. Auf dieser Basis entstand nach Auswertung von Gesundheitswissenschaftler Professor Joachim Kugler von der TU Dresden die unten stehende Tabelle. Sie enthält die Ergebnisse für das Verbreitungsgebiet der "Freien Presse".

Die meisten Patientinnen bevorzugten für die ambulante OP ein Krankenhaus. Das Krankenhaus mit den sachsenweit meisten Eingriffen dieser Art ist Mittweida in Mittelsachsen. 772 Patientinnen wurden hier im vergangenen Jahr behandelt. Von den Gemeinschaftspraxen haben die Niederlassungen von Dr. Hans-Jürgen Wolf aus Markkleeberg und von Dr. Rasoul Lalee aus Dresden mit 512 beziehungsweise 490 ambulanten Eingriffen die meiste Erfahrung. In Chemnitz gibt es zwei Praxen, die 115 beziehungsweise 116 dieser gynäkologischen Operationen durchführten: die Praxis von Dr. Peter Jungberg und die Gemeinschaftspraxis von Dr. Matthias Auerbach und Dr. Hanna Hecht. Da für beide aber weniger als die Mindestzahl von 15 Fragebögen zurückkam, wurden sie nicht in die Auswertung einbezogen.
Die meisten Frauen waren mit ihrem Behandlungsergebnis zufrieden. Allerdings offenbart die Umfrage große Unterschiede. Den höchsten Zuspruch gab es für das Krankenhaus Mittweida und die Pleißentalklinik Werdau: Mehr als 90 Prozent der Patientinnen würden dort erneut hingehen, wenn ihnen ein solcher Eingriff wieder bevorstünde. Bei den Kliniken Erlabrunn sind es 88 Prozent. Am schlechtesten schnitt das Helios Vogtland-Klinikum Plauen ab. Dort würde nicht einmal jede zweite Frau wiederkommen wollen. Dieses Ergebnis lässt sich aber schwer nachvollziehen. Denn die Benotung in den einzelnen Disziplinen ist fast durchweg gut, ähnlich wie in anderen Kliniken.

Generell gute und sehr gute Noten gab es für die Freundlichkeit des Personals, die Wahrung der Privatsphäre, die Ausstattung und die Atmosphäre der Behandlungseinrichtungen. Viele Frauen sind allerdings verunsichert, wenn nach der Entlassung unerwartete Beschwerden auftreten. Eine gute Aufklärung über die Zeit zu Hause ist deshalb besonders wichtig. Doch hier mangelt es noch, wie die Befragungsergebnisse belegen. So klage fast jede vierte Frau, die im Erzgebirgsklinikum Annaberg operiert wurde, über unerwartete Beschwerden im Nachhinein. Chefarzt Dr. Andreas Gerlach dazu: "Wir arbeiten sehr gut mit den niedergelassenen Ärzten zusammen, die bei uns operieren. Über Komplikationen ist uns nichts bekannt. Ich kann mir die hohe Zahl nicht erklären." Dass es anders geht, zeigt das DRK-Krankenhaus Lichtenstein (Landkreis Zwickau). Bei 564 ambulant operierten Frauen hatte nicht eine Folgebeschwerden.
Gebärmutterspiegelung und -ausschabung sind Kassenleistungen. Dennoch berichten Frauen über kostenpflichtige Zusatzleistungen. Auf Nachfrage der "Freien Presse" gaben Ärzte an, keine Zusatzleistungen anzubieten. Es könne nur ein Missverständnis vorliegen, dass Patienten beispielsweise den Tagessatz als Zusatzleistung werteten.

Das Fazit von Gesundheitswissenschaftler Professor Joachim Kugler, TU Dresden:  Es ist erfreulich, dass sich so viele Frauen eine Zweitmeinung einholen. Kritikwürdig finde ich dagegen, dass es unerwartete Folgebeschwerden gibt. Bezeichnend ist hier, dass bei schlechter Vorbereitung auf die Zeit danach die meisten Probleme auftreten. Ärzte sollten gründlicher werden.

Servicetelefon soll Wartezeiten reduzieren

Bereits 2000 Anfragen auf dringliche Termine

Vor jeder ambulanten Operation ist mindestens ein Besuch beim Facharzt nötig. Einen Termin zu bekommen, dauert aber oft Wochen oder Monate. Der Gesetzgeber hat deshalb vorgeschrieben, dass Patienten ab Februar 2016 innerhalb von vier Wochen einen Termin beim Facharzt erhalten müssen. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) hat ein Servicetelefon eingerichtet, das Patienten unterstützt. Sie erhalten meist binnen einer Woche eine Mitteilung. Voraussetzung ist eine Überweisung zum Facharzt und die bestätigte Dringlichkeit. Zudem muss der Patient nachweisen, dass er bereits bei drei Facharztpraxen vergeblich versucht hat, einen Termin zu bekommen. Der von der KVS vorgeschlagene Termin muss dann innerhalb von zwei Werktagen bestätigt werden. Wunschtermine oder -ärzte werden nicht vermittelt. "Bislang sind über das Telefon knapp 2000 Anfragen eingegangen", sagt KVS-Sprecher Ingo Mohn.

Viele Praxen sind bemüht, die Wartezeiten kurz zu halten, wenn eine Operation ansteht. "Für die Voruntersuchung versuchen wir, innerhalb von zwei bis vier Wochen einen Termin zu finden", sagt Manuela Albert, Praxismanagerin im Augenlaserzentrum Dresden. Dort wird auch Grauer Star ambulant operiert. Die OP folge in der Regel eine bis drei Wochen später. "Weil wir die Termine nicht schon monatelang im Voraus vergeben, haben wir keinen vollgestopften Plan", sagt Albert. Das ist nicht überall so. Laut Patientenumfrage der "Freien Presse" dauert es oft ein bis drei Monate oder länger, bis es den Termin für die ambulante Operation gibt - so es sich nicht um einen Notfall handelt. Und selbst wenn der Termin feststeht, kann sich noch einmal alles ändern. "Am Nachmittag vor der Operation wurde der Termin für meine Frau aufgrund einer Planänderung abgesagt", kritisiert ein Leser.

Servicetelefon  für die Terminvermittlung  0341/23493733, Mo-Fr 8.30-12.30 Uhr, Mi 14-17 Uhr.

Von Linda Barthel

 

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