2000 Bäume pro Woche: Die Regenmacher von Chemnitz arbeiten auf Hochtouren
Hitze und Trockenheit machen den Bäumen im Stadtgebiet zu schaffen. Das Grünflächenamt hat dafür extra Mitarbeiter und Technik für die Sommermonate bereitgestellt. Welche Gießtipps haben sie?
Chemnitz.Eigentlich hatte sich Sebastian Müller auf einen etwas kühleren Sommer eingestellt. Dafür orientierte sich der Gärtnermeister auf den 100-jährigen Bauernkalender. Allerdings werden diese historischen Prognosen wegen weltweiter Klimaveränderungen immer schwieriger, gibt er zu.
2024 wurde stattdessen heiß und trocken; und Sebastian Müller, der sich ansonsten um die Pflege der städtischen Parkanlagen kümmert, muss wieder täglich seinen Multicar mit dem 2000-Liter-Wassertank starten. Eigentlich der ideale Job bei der Hitze. Wenn er mit dem Schlauch die Bäume gießt, bekommt auch er etwas kühlen Wasserstaub ab.
Die Schattenseiten von Wassersäcken
Gerade ist der Gärtnermeister dabei, auf einer Verkehrsinsel auf der Walter-Oertel-Straße einen Gießring mit einer Harke zu ziehen. „Da läuft das Wasser nicht so schnell weg und gelangt in tiefere Erdschichten.“ Er hätte auch einen Gießsack um den Stamm der Linde anbringen können. Der Baum wird damit zwar über einen längeren Zeitraum mit Wasser versorgt, dafür aber nur oberflächlich. Zudem kann das Wasser zu Stammfäule führen. „Das ist wie mit allen neuen Sachen, sie haben Vor- und Nachteile“, sagt Müller.
Der Gärtnermeister ist einer von drei Mitarbeitern des Grünflächenamtes, die in den Sommermonaten die Bäume an Straßen und in Parkanlagen gießen. Auch Danny Held gehört dazu. Er hat mit seinem Unimog ein paar mehr PS unterm Sitz und mit 5000 Litern ein paar mehr Liter Wasser im Tank. Das Wasser holt er aus einem Brunnen in Borna oder aus Hydranten im Stadtgebiet. An seinem Einfüllrohr ist ein Zähler des Versorgers Eins. Denn auch die städtischen „Regenmacher“ müssen für Wasser bezahlen.
Mit seinem Unimog fährt Danny Held die Bäume an Fußwegen auf größeren Straßen an und kann mit einer ferngesteuerten Gießlanze in kurzer Zeit mehrere Bäume gießen. Ein Schwerpunkt seiner Touren sind die Röhrsdorfer Allee, die Kalkstraße, die Dresdner Straße oder die alte Zschopauer Straße. Dort sind die Bäume stark Sonne und Wind ausgesetzt und leiden damit besonders unter der Trockenheit.
50 bis 70 Liter pro Baum
50 bis 70 Liter bekommt jeder Baum. Beim Gießen komme es auf die richtige Dosierung an, schön langsam, damit nicht zu viel Wasser wegfließt. „In Härtefällen gießen wir nach einer Pause auch ein zweites Mal“, sagt Danny Held.
Auch in den Parkanlagen ist der Baumpfleger mit seinem Unimog unterwegs. „Ich habe einen Allrad-Antrieb und sehr breite Reifen mit weniger Luft, dann verdichtet sich der Boden nicht so stark.“
Die Stadt Chemnitz hat etwa 36.000 Straßenbäume. Nicht alle können gegossen werden. „Bei den Gießrunden konzentrieren wir uns auf die knapp 2000 Jungbäume, als Starthilfe für die ersten drei bis fünf Jahre“, erklärt Andreas Streich, Abteilungsleiter für Grünanlagenunterhaltung und Forst. Meist sind die Fahrzeuge mit den Wassertanks von April bis Ende August unterwegs, in trockenen Jahren bis Oktober.
Für die Gießrunden gibt es feste Tourenpläne, nach denen die Bäume einmal pro Woche angefahren werden. Dazu kommen bedarfsbezogene Einsätze beispielsweise für Bäume, die schon die Blätter hängen lassen. Gerade machen vor allem die Winter-Linden zu schaffen, die eher flache Wurzeln ausbilden, sagt Streich.
Umso trockener der Boden, umso stärker wirken sich Schäden durch Hunde-Urin aus. Zu viel davon führt zu Ungleichgewichten bei der Nährstoffaufnahme und hat somit Einfluss auf das Wachstum der Bäume. Sie wachsen wegen des Stickstoffs im Harn zu schnell und verholzen langsamer, weil andere Nährstoffe im Verhältnis fehlen, erklärt Streich.
Marktbaum bei Gießrunde dabei
Die neue Silberlinde vor der Galeria Kaufhof bekommt ebenfalls regelmäßig ihre Wasserration. Sebastian Müller füllt das Wasser direkt in einen Einfüllstutzen über dem Pflanzcontainer, wodurch das Wasser unmittelbar zu den Wurzeln dringen kann. Am Ende gibt es noch einen Schwaps auf die Erde obendrauf. Dass der Baum bisher kaum gewachsen ist, sei grundsätzlich kein schlechtes Zeichen und in diesem Alter unbedenklich, sagt Müller. „Der Baum konzentriert sich zunächst auf Wurzelwachstum.“ (cma)