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"Leser helfen"-Spendenaktion: Modellbahn-Verein wünscht sich rollstuhlgerechten Zugang

Von einem auf den anderen Tag war bei zwei Brüdern nichts mehr wie vorher. Sie sind dauerhaft auf Hilfe angewiesen und haben noch einen Traum.

Markersdorf.

Gunther Liebers war ein lebenslustiger Mann und stand mit beiden Beinen im Leben: Als gelernter Werkzeugmacher in der Maschinenfabrik Groma hatte er nach dem Aus der Firma zum Elektriker umgesattelt und übernahm das Geschäft seiner Schwiegereltern. In seiner Freizeit werkelte er im Eigenheim im Claußnitzer Ortsteil Markersdorf. Seine große Leidenschaft galt den Modelleisenbahnen. Schon als Kind bastelte er gern, wurde Mitglied im Modelleisenbahnverein Markersdorf/Chemnitztal und später Vereinsvorsitzender.

Doch vor knapp vier Jahren veränderte ein tragischer Unfall sein ganzes Leben. "Es war am Abend des 29. Januar 2018", erzählt der 68-Jährige. Er wollte zu Bett gehen und stolperte. Er fiel unglücklich auf einen Heizkörper. Dort lag er dann regungslos. "Ich hörte es krachen und dachte zuerst an einen Schlaganfall", sagt Ehefrau Birgit. Doch im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass das Rückenmark in Höhe des vierten und fünften Halswirbels verletzt war. Nach mehr als einem dreiviertel Jahr Aufenthalt in einer Reha-Klinik in Kreischa kehrte er auf den Rollstuhl angewiesen nach Hause zurück.

"Für uns war das eine schwere Zeit", sagt Birgit Liebers. Sie führe jetzt die Firma allein weiter, das Wohnhaus sei mühsam und mit großem Kraftaufwand rollstuhlgerecht umgebaut worden. "Aber irgendwie geht alles weiter", fügt sie hinzu. Als Familie mit zwei Kindern und zwei Enkeln stehe man bei so einem Schicksalsschlag zusammen.

Seine Hände kann Gunther Liebers nur eingeschränkt nutzen, fast nichts greifen. Für die heimische Arbeit am Computer steuert er die Maus des Rechners durch Kopfbewegung. "In Kreischa habe ich die Computerbedienung gelernt", sagt der jetzige Rentner.

Über die Infrarot-Kamera am Monitor würden durch die Kopfbewegung Punkte erfasst und so die Tastatur betätigt, die Enter-Taste könne er noch mit einem Finger drücken. "So kann ich wenigstens noch etwas am Leben teilhaben, beispielsweise Prüfprotokolle für die Elektrofirma erstellen.

Ansonsten ist sein Tagesablauf von Besuchen des Pflegedienstes, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Hauswirtschaftshilfen bestimmt. "Ich versuche, so gut wie möglich mein Leben zu meistern, den Humor darf man dabei nicht verlieren", sagt der 68-Jährige.

Dabei überschattete ein weiterer Schicksalsschlag die Familie. Zwei Jahre später fiel sein jüngerer Bruder Frank Liebers nach einem internistischen Eingriff ins künstliche Koma. Ein Vierteljahr bangte die Familie um sein Leben. Er überlebte - aber ist heute wie sein Bruder an den Rollstuhl gefesselt. "Es fing mit einem entzündeten Zeh an. Die Ursache war unklar", erinnert sich der 61-Jährige. Nach einer Blutvergiftung riss die Aorta, also die Hauptschlagader. Es folgten mehrere Operationen. Nach einem Multiorganversagen hing das Leben am seidenen Faden. "Aber ich war wohl noch nicht dran", sagt der gelernte Werkzeugmacher scherzhaft. Seine Frau pflegt ihn seitdem, Physio- und Ergotherapie sollen helfen, damit die körperliche Fitness nicht weiter zurückgeht. Das Haus musste behindertengerecht umgebaut werden. Auch hier steht die Familie mit zwei Kindern und zwei Enkeln zur Seite.

Neben dem Schicksalsschlag vereint die Brüder noch das gemeinsame Hobby: die Modelleisenbahnen. Beide vermissen die Modellbahnfreunde und würden gern wieder am Vereinsleben teilnehmen. Ab und zu könne er mit dem Rollstuhl zum Vereinshaus am Museumsbahnhof Markersdorf-Taura rollen, sagt Frank Liebers, der Schatzmeister im Verein war.

Der Weg zum Hochparterre, wo sich die Vereinsräume befinden, wird ihm aber verwehrt. Vereinsfreunde müssen ihn dann aus dem Rollstuhl heben und nach oben tragen. Sein Bruder war seit dem Unfall überhaupt nicht mehr am Museumsbahnhof. "Aufgrund der Einschränkungen können beide nicht mehr am Vereinsleben teilnehmen", sagt Robin Helmert von den Eisenbahnfreunden Chemnitztal. Neben den Eisenbahnfreunden wirkt auch der im September 1952 gegründete Modelleisenbahnverein Markersdorf/Chemnitztal in einer Halle auf dem Gelände des Museumsbahnhofes.Z

udem verhinderte Corona ein Vereinsleben und Ausstellungen. "So bastele ich halt daheim", sagt Frank Liebers, der im Gegensatz zum Bruder die Hände noch bewegen kann. Gunther Liebers fertigt Zeichnungen für seine TT-Anlage - TT als genormte Baugröße ist die Abkürzung des englischen Table Top, was Tischfläche bedeutet, sinngemäß: passt auf einen Tisch - , die er dem Verein überlassen hat, weil er nicht mehr basteln kann.

Ihr Wunsch, regelmäßig am Vereinsleben teilzunehmen, könnte bei einer "Leser helfen"-Aktion der "Freien Presse" Wirklichkeit werden. "Aufgrund des Schicksals dieser beiden einst mehr als aktiven Vereinsmitglieder wurde die Idee geboren, einen rollstuhlgerechten Zugang zur Modellbahnhalle auf dem Museumsbahnhof zu gestalten", sagt Helmert. Über ein passendes Förderprogramm "Lieblingsplätze für alle - Barrierefreies Bauen 2021" seien zudem Fördermittel in Höhe von 25.000 Euro vom Landratsamt Mittelsachsen in Aussicht gestellt worden. Nun müssten noch Spenden gesammelt werden, damit der Eigenanteil finanziert werden kann.

Der Verein rechnet mit Baukosten von reichlich 36.000 Euro. "Denn den notwendigen Eigenanteil von 11.350 Euro können der Modelleisenbahnverein und auch der Eisenbahnverein nicht allein aufbringen", sagt Helmert und bittet um Mithilfe.

"Leser helfen"-Aktion: Details und Spendenformular unter www.freiepresse.de/leser-helfen-modellbahnverein

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