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"Leser helfen": Weniger Barrieren und eine starke Familie

Bei der diesjährigen "Leser helfen"-Aktion soll in Chemnitz für zwei Projekte gesammelt werden. Das Wohnzentrum für körperlich behinderte Menschen will vom Computer aus die Welt ein bisschen barrierearmer machen. Und die Familie des kleinen Ben braucht ein größeres Auto.

Chemnitz.

Ein Unfall, eine zu frühe Geburt, eine angeborene Behinderung oder eine Chromosomenanomalie: Es gibt viele Gründe, warum das Leben für manche Menschen schwieriger ist als für andere. Die diesjährige "Leser helfen"-Aktion will unterstützen - in Chemnitz in zweierlei Hinsicht.

Die Welt im Kleinen verändern

Im Computerraum des ASB-Wohnzentrums für körperlich schwerstbehinderte Menschen wird nicht gespielt. Hier arbeiten Menschen daran, dass Chemnitz Barrieren verliert. Barrieren, von denen sie selbst, aber auch viele andere betroffen sind. Eingangstüren zu Arztpraxen, zur Oper Chemnitz: Alles Orte, an denen Theresa Kolomaznik, Mirko Ketzel, Alexander Lösche, Cathleen Goß und Ina Schünemann - um nur ein paar Namen der 28 im Wohnzentrum lebenden Chemnitzer zu nennen - regelmäßig sind und vor Augen geführt bekommen, dass in der Welt, in der sie leben, nur in wenigen Fällen auch an sie wirklich gedacht wird. Sie alle sind auf einen Rollstuhl angewiesen, haben auch weitere Einschränkungen. An ihrer Behinderung können sie nichts ändern, aber sie können ihre Umgebung verändern - für alle. Und das tun sie auch. Von diesem Computerraum aus, der mal eine Wohnung war, wurden Fördermittelanträge für das Investitionsprogramm Barrierefreies Bauen "Lieblingsplätze für Alle" geschrieben, berichtet Einrichtungsleiterin Martina Schneider. Der Raum macht Arbeit für die Gesellschaft möglich. Hier entsteht auch eine Broschüre für eine Tour durch die Innenstadt. Nicht nur für Rollifahrer, sondern für alle. Gelebte Inklusion. "Mit meckern verändern wir nichts. Aber wir helfen, dass es besser wird", so Schneider.

Ideal ist der Raum noch nicht. Zwar stehen Computer, Bildschirme und auch spezielle Mäuse zur Verfügung. Doch die Beleuchtung ist noch schlecht, einige brauchen aufgrund von Seheinschränkungen sehr gutes Licht. Auch externe Schulungen zur Ergänzung der hausinternen Unterstützung wünscht sich das Wohnzentrum. Digitale Arbeit ermöglicht Teilhabe und Arbeit ist Teil des Lebens. Die PC-Arbeitsplätze machen das möglich.

Ben und die ganze Rasselbande

Nichts deutete darauf hin, wie schwer der Start ins Leben und auch das Leben an sich für den kleinen Ben aus Chemnitz werden sollte. 2017 kam Ben auf die Welt. Drei Tage nach der Geburt die Diagnose: Trisomie 21. Dabei handelt es sich um eine Chromosomenanomalie, bei der das 21. Gen drei- statt zweimal vorliegt.

"Wir dachten, es ist alles in Ordnung", erzählt Jennifer Schneider. Doch die Diagnosen gingen weiter. Ben litt an einer Trinkschwäche, ein Kampf über Monate um jedes Gramm begann. Nur dann konnte er operiert werden. Beide Linsen wurden entfernt. An Kontaktlinsen hat er sich bis heute nicht gewöhnt. Er sieht kaum, was genau, lässt sich schwer sagen, denn Ben kann sich nur schwer mitteilen. Er kann nicht sprechen und nicht laufen. Ein zartes Kind, das von seinen drei Geschwistern Piet, Pia und Phil geliebt wird. Sie toben um ihn herum, spielen, sind immer in seiner Nähe.

Die Liste der Krankenhausaufenthalte, Operationen und Therapien ist lang. Auch ein kleiner Herzfehler gehört dazu. Voriges Jahr dann noch eine schwere Lungenentzündung. Aber: "Ben ist ein sehr glückliches Kind", sagt seine Mutter Jennifer Schneider. Die gelernte Physiotherapeutin und ihr Partner Thomas Stiewe sind rund um die Uhr für Ben und die anderen Kinder da. "Wir betreuen ihn selbst", sagt die 32-Jährige. Nebenbei noch arbeiten, ist da nicht möglich. Der Alltag sei eine Herausforderung und dennoch sei die Familie perfekt so, wie sie ist.

Ben ist übrigens ein echter Karotten-Narr. Das sei sein absolutes Lieblingsessen, verrät seine Mutti. Bis heute hat Ben aber Schwierigkeiten beim Essen, weshalb alles püriert werden muss. Ein bisschen leichter könnte das Leben der Familie aber werden. Denn vier Kinder und zwei Erwachsene passen nicht in das vorhandene Auto. Gemeinsam irgendwo hinfahren, geht nicht. Sie müssen sich aufteilen oder öffentliche Verkehrsmittel nehmen. Und der spezielle Kinderwagen für Ben, der später mal ein Rollstuhl werden wird, nimmt viel Platz ein. Ein größeres Auto, das ist der Wunsch der Familie. Gemeinsam schaffen sie fast alles, aber dafür brauchen sie Unterstützung.

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