Zehn Angucktipps für die Kulturhauptstadt: An diesen Orten lernen Sie viel über Chemnitz
Chemnitz, da stellen sich einige Besucher womöglich auf eine sozialistische Planstadt ein. Diesen Part gibt es auch. Hier erzählen zehn Stadtführer, Museumsleiterinnen, Journalisten und Kunstschaffende in kurzen Videos, wie viel die Geschichte der Stadt dazu und darüber hinaus zu erzählen hat.
Chemnitz.Besucherzentrum Hartmannfabrik


Hartmannfabrik: Benannt nach dem Industriellen Richard Hartmann ist das frisch sanierte Gebäude das Besucherzentrum für die Kulturhauptstadt, wo man alles über Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten in Chemnitz erfährt. Hartmann kam 1832 nach Chemnitz und baute hier zunächst Werkzeugmaschinen, später Lokomotiven. Deshalb wurde er auch „Sächsischer Lokomotivkönig“ genannt. Um die heutige Hartmannfabrik baute der Großindustrielle ein riesiges Fabrikgelände auf, in seiner damaligen Villa befindet sich heute das Kulturzentrum Kraftwerk.
Stadtführer Eberhard Fiebig schlüpft auf seinen Touren häufig in die Rolle des berühmten Chemnitzers, der die Stadtgeschichte über viele Jahre prägte.
Größtes Kunstwerk Europas


Bunte Esse: 302 Meter hoch ist das größte europäische Gesamtkunstwerk, die Chemnitzer Esse, die Tag und Nacht von nahezu überall in der Stadt zu sehen ist. Die Esse diente viele Jahre als Schlot für die Abluft aus der Braunkohleverbrennung, die bis Anfang 2024 die Energieversorgung der Stadt sicherte. Anfang 2024 stieg der Energieversorgung Eins aus der Kohle aus und wechselte zu Erdgas. Die Esse darf allerdings stehenbleiben. Bereits 2012, als sie noch Qualm an der Spitze ausspuckte, wurde sie nach den Vorgaben des Chemnitzer Künstlers Daniel Buren bemalt, später kam die nächtliche Beleuchtung dazu.
Wie es dazu kam, erzählt Lars Neuenfeld, der vom 18. Juli bis 17. August 2025 das Kunstfestival Begehungen im ehemaligen Heizkraftwerk Nord veranstalten will.
Der Formgeber für die Fitflasche


Roter Turm: Es sollen einmal 25 Türme gewesen sein, die in die alte Chemnitzer Stadtmauer eingebunden waren. Der Rote Turm als heute ältestes Gebäude der Stadt sei nur deshalb erhalten geblieben, weil er bis etwa 1900 als Gefängnis diente, sagt Stadtführerin Veronika Leonhardt. Gefangene gibt es heute keine mehr hinter den drei Meter dicken Mauern, stattdessen eine Ausstellung über die „Großen Chemnitzer“ wie zum Beispiel Georgius Agricola, Marianne Brandt, Richard Hartmann, Karl Schmidt-Rottluff oder Stefan Heym.
Übrigens: Der Turm selbst diente als Formgeber für die Fit-Flasche des Spülmittelherstellers, wie Stadtführerin Veronika Leonhardt erzählt.
Vom Kaufhaus zum Museum


SMAC: Die Abkürzung steht für Sächsisches Museum für Archäologie Chemnitz. Auf drei Etagen mit insgesamt 3000 Quadratmetern präsentiert das Museum die Entwicklung Sachsens von der Zeit der ersten Jäger und Sammler vor rund 300.000 Jahren bis zur frühen Industrialisierung. Besucher können sehen, wie der Mensch aus einer Naturlandschaft allmählich eine bäuerliche Landschaft und schließlich die moderne Kulturlandschaft formt.
Das Museumsgebäude selbst wurde zunächst als Kaufhaus entworfen und viele Jahre dafür genutzt. Die abgerundete Form hängt mit der früheren Straßenführung zusammen. Auch die Fensterfront ist eine Besonderheit. Nachts leuchten sie hell, tagsüber dunkel. Wie aus dem Kaufhaus ein Landesmuseum wurde und was es darin zu sehen gibt, erzählt Museumsleiterin Sabine Wolfram.
Der Ursprung von Chemnitz


Schloßberg: Der Schloßteich ist der ideale Ort mitten in der Stadt, um sich zu entspannen oder eine Runde mit einem Boot vor historischer Kulisse zu fahren. Auf dem dahinterliegenden Schloßberg gründete Kaiser Lothar von Süpplingenburg 1136 ein Kloster, das dem Benediktinerorden unterstellt wurde. Von diesem Ort ging die Initiative aus, einen Fernhandelsmarkt zu gründen. Damit waren wichtige Impulse für die Anlage der späteren Stadt gegeben. Die heutige Schloßkirche aus dem Jahr 1527 gehört zu den großen spätgotischen Hallenkirchen Sachsens. Darin steht ein europaweit einzigartiges Kunstwerk: Auf der „Geißelsäule“ ist zu sehen, wie Jesus Christus von Landsknechten gequält wird.
Redakteur Jens Kaßner erzählt, wozu die Mönche den Schloßteich nutzten und was es in den Fachwerkhäusern am Schloßberg zu entdecken gibt.
Villa als Gesamtkunstwerk


Villa Esche: Die Jugendstil-Villa wurde vom belgischen Architekten und Gestalter Henry van de Velde (1863–1957) Anfang des 20. Jahrhunderts für den Textilfabrikanten Herbert Eugen Esche (1874–1962) und seine Familie gebaut. Die Villa Esche gilt als erster Wohnhausauftrag van de Veldes in Deutschland, und damit auch als erster Bau der Moderne in Deutschland.
Die Villa ist heute eine renommierte Begegnungsstätte für Wirtschaft, Kunst und Kultur, also ein Veranstaltungspodium für Tagungen, Bankette, Lesungen und Konzerte, und beherbergt zum anderen das Henry van de Velde Museum.
Leiterin Andrea Pötzsch erklärt, warum die Villa Esche nicht nur ein Gebäude, sondern ein Gesamtkunstwerk ist.
Ein Platz – vier Baustile


Theaterplatz: Ursprünglich als „Kommunanger“ angelegt, hieß der Platz zunächst „Neustädter Markt“ oder auch „Königsplatz“. Heute finden auf dem Theaterplatz im Sommer die Chemnitzer Filmnächte mit Kino und Konzerten statt. Architektur-Interessierte werden jederzeit fündig. Denn so viele Gebäude wie auf dem Theaterplatz stehen, so viele Baustile gibt es zu entdecken. Die Kirche St. Petri als ältestes Gebäude ist in Neogotik errichtet, die Oper links daneben ist Neobarock, das König-Albert-Theater ist Neoklassizismus und das Hotel Chemnitzer Hof folgte der Formgebung der Moderne.
Obwohl das Hotel wie auch das Chemnitzer Stadtbad und das Archäologiemuseum Smac der Formgebung des Bauhaus folgen, ist es kein Bauhaus, wie Stadtführerin Grit Linke erklärt. Bauhaus dürfen nur Gebäude von Architekten bezeichnet werden, die selbst am Bauhaus in Dessau und Weimar studiert oder gearbeitet haben.
Aus Bank wird Kunstmuseum


Gunzenhauser-Museum: Der Münchner Galerist Alfred Gunzenhauser entschied sich 2003, seine umfangreiche Kunstsammlung dauerhaft in Chemnitz der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Eröffnung der Ausstellung erfolgte im Dezember 2007. Hauptbestandteil der privaten Sammlung ist ein umfassender Bestand von Werken des Expressionismus. Das Gebäude des heutigen Gunzenhauser-Museums wurde von 1928 bis 1930 im Stil des Neuen Bauens von Fred Otto ursprünglich für eine Bank gebaut.
Museumsleiterin Anja Richter erklärt in einem Video, welche Künstler es im Museum zu sehen gibt und was den Reiz am Gebäude ausmacht.
Beliebter Stadtteil mit schmucken Fassaden


Kaßberg: Der Kaßberg im Westen der Stadt ist ein Gründerzeitviertel mit Jugendstil-Elementen an einigen Hausfassaden. Im 19. Jahrhundert wohnten auf dem Kaßberg eher die besser betuchten Chemnitzer, die aufgrund der Westwindlage den Schornstein-Abgasen der Industriestadt Chemnitz entgehen wollten. Neben der guten Luft gibt es dort grüne Vorgärten, grüne Hinterhöfe und nicht immer ganz ebene Fußwege. Die für Gründerzeithäuser typischen „Schweinebäuche“, also Gehwegplatten aus Granit, sind schon etwas in die Jahre gekommen. Heute ist der Kaßberg ein beliebter Kiez mit individuellen Geschäften, Cafés und Kneipen.
Buchhändler Klaus Kowalke wurde für sein Buchgeschäft schon mehrfach ausgezeichnet. Im Video erklärt er, was ihm am Kaßberg gefällt.
Der berühmteste Hingucker


Karl-Marx-Monument: Für viele Touristen ist der 40 Tonnen schwere und sieben Meter hohe Karl-Marx-Kopf (inklusive Sockel 13 Meter) das Fotomotiv überhaupt auf ihrer Chemnitz-Reise. Der Philosoph war allerdings selbst nie hier gewesen, trotzdem trug die Stadt zwischen 1953 und 1990 seinen Namen, hieß also Karl-Marx-Stadt. Am 9. Oktober 1971 kam das Marx-Monument dazu, das der Bildhauer Lew Jefimowitsch Kerbel mit Bronzeguss aus 95 Einzelteilen im damaligen Leningrad gefertigt hatte. Die Einzelteile wurden am jetzigen Standort zusammengeschweißt. Es ist übrigens die zweitgrößte Kopf-Büste der Welt. Der größte Kopf ist der 7,70 Meter hohe und 42 Tonnen schwere Lenin-Kopf im russischen Ulan Ude.
Stadtführerin Veronika Leonhardt und Wulf Lakemeier erklären in ihrem Film, wie sie auf die Idee gekommen sind, Stadtführungen als Karl und Jenny Marx anzubieten.