
Dass die Auseinandersetzungen zwischen Washington und Peking rund um Strafzölle noch länger ein Thema für die Weltwirtschaft bleiben würden, war offensichtlich. Zu weitreichend sind die möglichen Folgen für andere Regionen. Vor allem Unternehmen in Europa sorgen sich, dass die Volksrepublik wegen der hohen Zölle auf Einfuhren in andere Regionen ausweichen könnte. Die Angst vor Billig-Konkurrenz ist groß. Verbände forderten umgehend angemessene Reaktionen auf den Konflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten. Die Europäische Union hat nun reagiert. Nachdem man sich zunächst etwas Zeit für die Prüfung der Sachlage genommen hat, steht fest: Auch chinesische Importe in die EU sollen mit Strafzöllen belegt werden. Allerdings unter einer Bedingung.
Interessant ist nicht zuletzt der Zeitpunkt, zu dem die EU-Kommission jetzt deutlicher als Stellung bezieht. So scheint es in gewisser Weise, als habe man zunächst die Wahlen für das neue Europarlament abwarten wollen, bevor eine Entscheidung zur europäischen Position im Zollstreit getroffen wird. Die Neuordnung der Machtverhältnisse im Parlament allerdings würde trotz des sogenannten Rechtsrucks zu späterer Zeit wohl kaum zu einem anderen Ansatz führen. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass chinesische Einfuhren dem für die Gemeinschaft so wichtigen Automobilsektor schaden. Dementsprechend sollen Elektrofahrzeuge aus China künftig bis auf Weiteres mit Strafzöllen belegt werden. Dieser Schritt soll jedoch nur als eine Art letztes Mittel ausgeschöpft werden. Zuvor will man China bis Anfang Juli die Möglichkeit bieten, andere Lösungskonzepte für die bestehenden Probleme zu erarbeiten.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich zum Thema zu Wort gemeldet und auf die enormen Subventionen vonseiten des Staates zugunsten der chinesischen Autobauer hingewiesen. Die Folge sei eine Verzerrung der Märkte Europas. Finden Europa und China keine zufriedenstellende Lösung, sollen chinesische Hersteller Zölle in Höhe von bis zu 38,1 Prozent auf ihre in die EU importierten Waren zahlen müssen. Stichtag für die Einführung der Zölle ist der 4. Juli 2024. Die Experten der Kommission hatten Daten zu drei führenden Autobauern aus China analysiert. Das Ergebnis: Der Hersteller BYD müsste im Fall der Fälle mit 17,4 % die geringsten Strafzölle zahlen, während auf die Mitbewerber Geely und SAIC zusätzliche Zölle von 20 % beziehungsweise 38,1 % warten würden.
Auch die Bedingungen etlicher anderer Hersteller wurden untersucht. Im „gewichteten Durchschnitt“ würden die Zölle für kooperative Unternehmen bei 21 %. Das Maximum soll für Produzenten gelten, die sich unkooperativ präsentiert haben. Zum Vergleich: Der aktuelle Zollsatz für chinesische Importe in die EU beläuft sich auf zehn Prozent.
Wissenswert ist übrigens, dass der Grundstein für die besagte Untersuchung der Kommission bereits zum Ende des vergangenen Jahres gelegt worden war. Hintergrund waren Mutmaßungen über „illegale staatliche Subventionen“ zugunsten chinesischer Hersteller von E-Autos. Der aktuelle Streit zwischen China und den USA spielte insofern keine direkte Rolle für die Wettbewerbsuntersuchung. Ob innerhalb von knapp drei Wochen tatsächlich eine sowohl für China als auch die EU passende Lösung gefunden werden kann, ist fraglich. Denn Peking warnte zuletzt mehrfach vor den negativen Auswirkungen höherer Einfuhrzölle für die EU selbst. Diese Gefahr sehen auch die deutschen Autohersteller, die sich weitgehend gegen Zollmaßnahmen aussprachen. Kein Wunder, erzielen sie in China doch durchaus beträchtliche Gewinne. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat diesbezüglich zudem Kalkulationen veröffentlicht, denen zufolge EU-Strafzölle auf Autos aus China die Preise für E-Autos in der EU deutlich steigen lassen dürften.
Chinas Außenministerium sprach mit Blick auf die Brüsseler „Antisubventionsuntersuchung“ gar von europäischem Protektionismus. Die Untersuchung wirke vielmehr so, als suche die EU-Kommission einen Rechtfertigungsgrund für den Plan zur Einführung neuer Schutzzölle. Unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten würde das Kommission-Vorhaben gegen die Grundregeln des globalen Handels verstoßen. Schließlich gefährde der Schritt sogar die Aufrechterhaltung der internationalen Autoproduktion und die Stabilität der Lieferketten. Für eine Vermeidung eines deutsch-chinesischen Handelsstreits sprach sich am heutigen Mittwoch (12.06.2024) auch Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), aus. Es gelte bei abschließenden Entscheidungen dringend, mögliche Folgen für die „stark exportorientierte deutsche Wirtschaft“ zu berücksichtigen. Dass „zollbasierte Politik“ das Risiko kaum absehbarer Kettenreaktionen birgt, betonte Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung im Hause Robert Bosch GmbH und damit Chef des weltgrößten Zulieferers für den Automobilsektor. Eine Anhebung der Importzölle könnte letzten Endes die Inflation wieder steigen lassen und gleichzeitig das Wachstum der Wirtschaft ausbremsen.
Die Meinungen innerhalb der Wirtschaft scheinen teils recht deutlich auseinanderzugehen. Laut einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sollen die meisten Firmen der deutschen Industrie hinter einer der Kommissions-Entscheidung stehen und Strafzölle gegen die Konkurrenz aus China befürworten. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hingegen übte Kritik an den Drohgebärden der EU-Kommission. Strafzölle würden vielmehr zur Belastung für die internationale Zusammenarbeit werden und die Gefahr neuer globaler Handelskonflikte steigern, wie es VDA-Präsidentin Hildegard Müller formulierte. Zudem seien die Klimaschutzziele nur zusammen mit der Volksrepublik erreichbar. In einem Punkt sind sich Gegner und Kritiker aber durchaus einig. Sie alle rufen China mehr oder minder direkt zur Gesprächsbereitschaft mit der EU auf.
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