
Die sogenannten Restschuld- oder Restkreditversicherungen stehen seit vielen Jahren in der Kritik. Verbraucherschützer in ganz Europa verweisen gebetsmühlenartig auf zu schlechte Leistungen bei gleichzeitig hohen Kosten für den Versicherungsschutz. Häufig werde auf Kreditnehmer weiterhin Druck zum Abschluss der ergänzenden Policen zur Absicherung von Produkten wie Immobilien- und Ratenkrediten, aber auch Kreditkarten ausgeübt. Wenngleich es meist keinen rechtlichen Zwang zum Abschluss solcher Versicherungsverträge gibt, drohe bei Antragstellung vielfach eine Absage, wenn sich Kreditnehmer auf den Versicherungsschutz verzichten möchten. So jedenfalls sehen es viele Kreditexperten. Auch durch die European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA), Europas Versicherungsaufsicht, erhielt die Bankenbranche nun zur Wochenmitte einen unmissverständlichen Rüffel. Oft fehle es bei Versicherungsofferten an einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. Der ausufernden Geschäftspraxis vieler Banken will die Behörde mit umfassenden Kontrollen und Maßnahmen begegnen.
Zahlreiche Analysen aus den vergangenen Jahren bestätigen die Haltung der EIOPA zum Thema Kreditabsicherung. Experten halten eine Restkreditversicherung zwar bei Immobilienfinanzierungen mit entsprechend hohen Kreditsummen für sinnvoll. Gerade aber im Bereich der Verbraucherdarlehen berichten Medien regelmäßig darüber, dass Versicherungen einerseits oft unnötig, insbesondere viel zu teuer seien. Eben diese Auffassung vertritt auch die europäische Versicherungsaufsicht in ihrer neuesten Stellungnahme. Die klare Forderung lautet: Banken müssen dringend für ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bei den besagten Produkten sorgen. Dabei richtet sich die Kritik freilich nicht allein an Banken. Viele Versicherer verdienen laut der Behörde bei Restkreditversicherungen ebenfalls gutes Geld an Versicherungsnehmer. Für grundlegend falsch hält die Aufsicht die Absicherung von Darlehen keineswegs.
Gerade in Zeiten hoher Inflation und steigender Verbraucherpreise kann die Restschuldversicherung hilfreich sein. Sie übernimmt laufende Kosten im Falle einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit sowie bei entsprechenden Vereinbarungen nach dem Tod des Kreditnehmers im Sinne des Schutzes Hinterbliebener.
Das Problem sieht die Versicherungsaufsicht in der Produktgestaltung. Ein Großteil der Einnahmen aus der Prämienzahlung durch Kreditnehmer lande schlichtweg in den Kassen der Banken und Versicherungsdienstleister. Dem stehen gemäß der EIOPA-Einschätzung vergleichsweise geringen Auszahlungen an Versicherungsnehmer im Schadensfall gegenüber. Besonders harsche Kritik übt die Behörde daran, dass fast jedes fünfte Geldhaus (18 Prozent) faktisch durch Versicherungen höhere Einnahmen erzielen als aus den zugrundeliegenden Kreditgeschäften. Ein weiteres Problem, so die Aufsicht, sind mit dem Versicherungsschutz verbundene Provisionen. Hierin sieht die Behörde einen eindeutigen „Fehlanreiz“ sowie einen Interessenkonflikt bei der Beratung zum Nutzen einer Restkreditversicherung.
Auf Nachfragen der EIOPA berichteten 80 Prozent der Versicherer von Schadensquoten im Bereich von null bis 40 Prozent – bezogen auf die Bruttoprämien der Restschuldversicherungen. Im Durchschnitt würden Versicherungsnehmern bei einem auftretenden Schaden lediglich 30 Prozent zugutekommen. Zu wenig, geht es nach der Behörde. Ausgangspunkt der Analyse waren auf der einen Seite 100 Interviews mit Verbraucher in insgesamt zehn Ländern der Europäischen Union. Zusätzlich beruft sich die Aufsicht auf an Banken gesendete Fragebögen und Stichproben auf dem EU-Markt. Wie Verbraucherschützer sehen die Experten der EIOPA dringenden Reformbedarf. Die ersten Reaktionen aus der Versicherungsbranche ließen nicht lange auf sich warten. Vonseiten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) folgte umgehend der Hinweis auf die seit Juli 2022 geltenden Regularien zur Deckelung von Provisionszahlungen. Weiterhin seien viele Kritikpunkte der Aufsicht bereits in der sogenannten freiwilligen Selbstverpflichtung der Restkreditversicherer als vormalige Risiken berücksichtigt.
Ungeachtet der Reaktionen aus dem Versicherungssektor will die EU-Aufsicht zukünftig deutlich mehr mögliche Benachteiligungen der Verbraucher in den Mitgliedsländern achten. Auf „unlautere Geschäftspraktiken“ will die Behörde mit (stärkeren) Sanktionen reagieren. Das Ziel: Banken und Versicherer sollen bei der Gestaltung von Restkreditversicherungen vorrangig die Verbraucherinteressen in den Mittelpunkt stellen. Für Anbieter bedeutet dies, dass das Geschäft bald weniger lukrativ werden könnte. Zumindest, wenn die EIOPA ihren Worten Taten folgen lässt. Verbrauchern wiederum soll mehr Leistung für ihre gezahlten Beiträge geboten werden. Und noch etwas will die Versicherungsaufsicht erreichen.
In der grauen Theorie haben Verbraucher das Recht, Kredite mit selbst gewählten Restschuldversicherungen und Anbietern zu kombinieren. Die Wirklichkeit aber sehe häufig anders aus. In Beratungsgesprächen empfehlen Banken nach wie vor gerne Produkte ihrer Versicherungspartner. Zuletzt strebt die EIOPA eine bessere Vergleichbarkeit der Konditionen unterschiedlicher Policen und eine Optimierung der bisherigen Kündigungsmöglichkeiten – beispielsweise im Rahmen einer vorzeitigen Kreditablösung oder einer Umschuldung an.
Im ersten Schritt heißt es bei der Versicherungsaufsicht, man wolle die weiteren Entwicklungen beobachten. Ein entsprechendes „Warnschreiben“ wurde Banken und Versicherungsanbietern inzwischen zugestellt. Ein wichtiger Bestandteil des öffentlich zugänglichen Schreibens ist die Forderung nach transparenteren und verbraucherfreundlicheren Versicherungsbedingungen. Restschuldversicherungen müssten Verbrauchern einen „fairen Wert“ bieten. Neben der europäischen Behörden sollen auch Aufsichten auf nationaler Ebene in Zukunft genauer hinsehen und Sanktionen verhängen. Diese Sanktionen sollen „empfindlicher“ Art sein, wenn eine zu eigennützige Geschäftspraxis erkennbar wird. Wie genau die behördlichen Interventionen und Strafen aussehen sollen, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt. Der GDV teilte mit, sich mit der EIOPA-Analyse und der Kritik eingehend auseinandersetzen zu wollen.
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