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Nicht allein Börsianer in Europa hatten lange auf die nächste Entscheidung des Rats der Europäischen Zentralbank hin gefiebert. Wie so oft kehrte an vielen Märkten Europas in den letzten Tagen vor der neuen Zinsentscheidung die sogenannte Ruhe vor dem Sturm ein. Am gestrigen 02. Februar war es nun endlich so weit. Die Währungshüter gaben bekannt, wie sie auf die nach wie vor hohen Inflationsraten innerhalb der Währungsunion bis zur nächsten Zusammenkunft reagieren wollen. Pünktlich nach Bekanntgabe des neuen EZB-Kurses gab es in Fachmedien die gewohnt harschen Einordnungen der Experten. Unter anderem war davon die Rede, die EZB isoliere sich mit ihrer Zinspolitik zusehends im Zusammenhang mit der Ausrichtung anderer Zentralbanken weltweit.
Auch Formulierungen der Art „Christine Lagarde gegen den Rest der Welt“ waren zum Ende der ersten Februarwoche keine Seltenheit. Zutreffend ist wertungsfrei: Die Europäische Zentralbank plant für die nächste Ratssitzung eine erneute deutliche Anhebung der Leitzinsen um 0,5 Prozent.
Die Präsentation der Ergebnisse der Sitzung war nicht nur von Medien in Europa mit großer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Das Interesse war vor allem deshalb groß, da der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (FED), der frühere US-Außenminister Colin Powell, zur Mitte der Woche angekündigt hatte, dass die US-amerikanischen Währungshüter vorerst die weiteren Entwicklungen der Wirtschaft abwarten wollen. Zwar wurden Anhebungen der Leitzinsen in den USA nicht ausgeschlossen. Eine entsprechende Entscheidung trafen die Verantwortlichen einstweilen jedoch nicht. Es ist in erster Linie die Tatsache, dass sich die EZB seit Jahren in aller Regel den Maßnahmen der US-Kollegen orientierte, die bei Beobachtern für eine gewisse Verwunderung und in Teilen auch erhebliche Kritik an der EZB-Meldung auslöste.
Zumal: Die britische Notenbank, die Bank of England, hatte wie die FED im Vorfeld der EZB-Stellungnahme verlautbaren lassen, man wolle fürs Erste die weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen abwarten. Zu einem späteren Zeitpunkt sei ein weiterer Zinsschritt nicht auszuschließen. Zunächst aber wolle man Zurückhaltung walten lassen und keine zusätzliche Straffung der Geldpolitik in Betracht ziehen. Für vollends unverständlich halten viele Analysten die erneute Anhebung der Leitzinssätze durch die EZB hingegen nicht. So sah sich Rat der Europäischen Zentralbank in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik. Vielfach heißt es deshalb, die EZB habe Nachholbedarf und müsse frühere Versäumnisse aus der Krise der letzten Jahre wettmachen. Viele andere Notenbanken hatten seit Beginn der Pandemie deutlich drastischere Zinssignale in die Richtung der Wirtschaft gesendet.
Die FED passte die Zinsen lediglich um ein Viertelprozent nach oben an. Die geringe Erhöhung und Powells optimistische Einschätzung zur Inflation in den USA blieben an den Märkten nicht ohne Folgen. Sowohl viele Aktien als auch US-Staatsanleihen verzeichneten einen positiven Trend. Die Ankündigung der EZB-Präsidentin zur Anhebung der Zinsen um ein halbes Prozent im kommenden März während der Pressekonferenz am Donnerstag gilt für Experten als gesetzt. Auch die Begründungen Lagardes sind durchaus nachvollziehbar. Der Preisdruck in der Eurozone habe nicht wie erhofft sein „besorgniserregendes“ Niveau hinter sich gelassen. Gerade die Gefahr der zunehmenden internationalen Isolierung ist dennoch einer der wesentlichen Kritikpunkte. Daran ändert auch die Erkenntnis wenig, dass die EZB spätestens seit Beginn des Kriegs in der Ukraine zu langsam reagiert habe. Skepsis macht sich unter anderem an den europäischen Börsen breit. Einer der häufigsten Vorwürfe bezieht sich darauf, dass die schlimmste Phase des sogenannten Inflationsschocks inzwischen überstanden sei.
Auf Unverständnis stößt die Meldung der EZB auch bei früheren Experten der Notenbank selbst. Peter Praet, früher Chefökonom der Europäischen Zentralbank, etwa äußerte sich überrascht von der Ankündigung für den März. Praet berichtete in Interviews, bis zur kommenden Ratssitzung könne noch viel passieren. Die feste Absicht der EZB-Chefin zur erneuten Zinserhöhung sei insofern eine Überraschung. Insbesondere mit Blick auf die Höhe der wahrscheinlich kommenden Anpassung um 0,50 Prozent. Bis dato könne niemand genau vorhersagen, wie sich die Wirtschaft in Europa in den nächsten Wochen entwickeln werde. Immerhin erfreulich: Die Inflation im Euroraum wurde im Januar 2023 ausgebremst und liegt nun bei 8,5 Prozent. Viele Prognosen waren von einem höheren Wert ausgegangen. EZB-Chefin begründet die wahrscheinliche Anhebung mit den weiter gestiegenen Verbraucherpreise, die auf dem höchsten Stand seit Einführung der Gemeinschaftswährung lägen.
Zugleich mache der drohende Druck auf das Lohnniveau weitere Maßnahmen erforderlich. Einmal mehr liegt die EZB mit ihrer Ankündigung halbwegs zwischen besonders pessimistischen und optimistischen Positionen hinsichtlich der Wirtschaft in der Währungsgemeinschaft.
Erfreulich wäre eine Umsetzung der Entscheidung der Leitzinsen von momentan 2,5 auf dann 3,0 Prozent unter anderem für Sparer. Sie profitieren zunehmend von höheren Anlagezinsen – etwa im Bereich Tages- und Festgeld. Dem gegenüber stehen Bankkunden, die Dispositionskredite in Anspruch nehmen oder dieser Tage Anschlussfinanzierungen für Baukredite sowie neue Immobilien- und Baudarlehen anstreben. Auch Ratenkredite allgemein werden für Bankkunden seit Monaten immer teurer. Zugleich kommen höhere Einlagenzinsen der EZB Banken zugute. Sie können genau genommen in der aktuellen Situation gleichzeitig von höheren Zinseinnahmen und eigene Einlagen bei der Europäischen Zentralbank profitieren.
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