
„Nach der Ratssitzung ist vor der Ratssitzung“. Unter diesem Motto könnte die Berichterstattung zu den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) in den letzten Jahren sehr treffend zusammenfassen. Im Kampf gegen die noch immer hohe Inflation in Europa setzen die Währungshüter nicht erst seit Beginn des Kriegs in der Ukraine auf konstant steigende Leitzinsen. Gänzlich unkritisch wird diese Zinspolitik in Expertenkreisen seit jeher nicht gewesen. Dennoch freuen sich einerseits Banken über höhere Zinsen, andererseits profitieren auch Sparer von den allmählich steigenden Erträgen bei zuletzt wenig attraktiven Anlageklassen wie Tages- und Festgeld. Gut eine Woche vor der nächsten Sitzung der EZB-Räte zeichnet sich nun trotz der Kritik die nächste Zinserhöhung an. Noch ist das Ausmaß der erneuten Anpassung unklar. Doch es könnte durchaus erneut zu einem spürbaren Zinssprung kommen.
Am 04.05.2023 steht die nächste Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank bevor. Hochrangige Vertreter der EZB ließen inzwischen durchblicken, dass sie sich durchaus für eine weitere Anhebung der bisherigen Zinssätze und somit eine straffere Geldpolitik in Europa aussprechen. Die deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin Isabel Schnabel, Mitglied im EZB-Direktorium, äußerte aktuell, selbst ein Zinsschritt um einen weiteren halben Prozentpunkt könne nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Schnabel verweist dabei auf die derzeitige Teuerung in den Ländern Europas. Deutschland lag diesbezüglich kürzlich abermals über dem Durchschnitt. Wenngleich dies keineswegs als Hinweis auf eine tatsächliche Anpassung in der genannten Höhe verstanden werden sollte.
Die deutsche Expertin ist nicht die einzige Vertreterin aus dem Umfeld der Europäischen Zentralbank, die sich einen derart starken Anstieg im Mai vorstellen kann. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gehört seinerseits zu den Fürsprechern einer noch strikteren Zinspolitik. Als Grund für die Erwartung höherer Leitzinsen nannte Lane die neuesten Daten zu Europas Konjunktur. Faktisch wäre eine nochmalige Anpassung der Leitzinsen nach oben die inzwischen siebte Maßnahme dieser Art in Folge seit Mitte 2022. Lane teilte seine Einschätzung unter anderem am Dienstag dieser Woche (25.04.2023) im Gespräch mit der bekannten französischen Tageszeitung „Le Monde“ mit. Seiner Meinung nach sei noch nicht der Moment gekommen, um die wiederholten Zinsanhebungen auslaufen zu lassen. Lanes Kollegin Schnabel hat bereits zum Wochenbeginn eine Anhebung um 0,5 Prozent zur Diskussion gestellt.
Hintergrund der Aussagen ist die erwähnte Entwicklung der Inflation im Euroraum. Richtig ist: Die Teuerung sank im März dieses Jahres auf „nur“ 6,9 Prozent. Noch im Februar belief sich die Inflation in der Währungsunion auf 8,5 Prozent. Für entscheidender halten einige Experten der EZB jedoch die sogenannte Kerninflation. Sie wies im März gegenüber dem Vormonat nochmals einen Anstieg um 0,1 Prozent auf 5,7 Prozent auf. Gerade dieser – wenn auch recht überschaubare Trend – veranlasst viele Beobachter zur Sorge, die hohe Teuerung könnte länger als erhofft Bestand haben. Vom eigentlichen Zielwert der Währungshüter in Höhe von 2,0 Prozent ist die Inflation allemal nach wie vor weit entfernt.
Für den ehemaligen Präsidenten der irischen Zentralbank und Ökonomen Philip Lane steht immerhin eines fest. Nach seiner Auffassung sprechen die derzeitigen Indikatoren nicht für eine allzu schnelle Erholung der Inflation. Vielmehr gehe es darum, unterschiedlichste Wirtschaftsdaten immer wieder neu auszuwerten. Argumente für den Verbleib des Einlagensatzes auf dem Niveau von 3,00 Prozent gebe es vorerst nicht. Und mehr noch: Ein Festhalten an diesen Satz sei auf Basis vorliegender Analysen schlicht unangemessen. Besagter Einlagensatz ist jener Zins, den Banken für die vorläufige Auslagerung von Geldern auf die Konten der EZB erhalten. Der Zins ist ist weiterhin insofern wichtig, als er als „maßgeblicher Zinssatz“ für die Finanzmärkte in der Währungsunion dient.
Für neuerliche Anhebungen der Zinsen spricht laut dem Wirtschaftsexperten Lane ebenfalls die Entwicklung der Löhne im Euroraum. Diese hätten, so der wichtigste Volkswirt der europäischen Notenbank, einen vergleichsweise langsamen Anstieg verzeichnet. Zahlreiche Firmen in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen hätten ihre Gewinne parallel stärker steigern können. Der EZB-Chefvolkswirt weiß zwar von einem Lohnplus um etwa 5 Prozent und damit in deutlich stärkerem Maße als in den vergangenen Jahren zu berichten. Zeitgleich aber sei spätestens zum Ende des laufenden Jahres mit schwächeren Entwicklungen der Löhne zu rechnen. Für Lane ist dies Grund genug, den Status quo mit Wirtschaftslage in den 1970er Jahren zu vergleichen. Auch die damalige Phase von einer überdurchschnittlichen hohen Inflation auf der einen und einem eher geringen Wirtschaftswachstum geprägt gewesen. Noch befinde sich Europas Ökonomie in einer besseren Verfassung.
Ein Verlauf in eine ähnliche Situation könne aber eben nicht ausgeschlossen werden. Dies verlange von der EZB am Ende weitere Interventionen. So könne unterm Strich eine schrittweise Korrektur der Inflation auf das gewünschte Niveau von zwei Prozent ermöglichen. Freilich sei dabei Geduld und die Bereitschaft zu künftigen Eingriffen gefragt. Währenddessen gab François Villeroy de Galhau, der Chef der französischen Notenbank, eine immerhin etwas optimistischere Erwartung zu Protokoll. Dank der inzwischen erkennbaren günstigen Veränderung der Preise im Bereich landwirtschaftlicher Erzeugnisse bestehe die vage Hoffnung, dass der Höhenflug der Ausgaben für Lebensmittel ab dem dritten Quartal 2023 allmählich stagnieren oder gar sinken könnten. Villeroys positive Einschätzung geht so weit, dass er der EZB gute Chancen zur Reduzierung der Gesamtinflation auf etwa 2 Prozent zum Ende des Jahres 2024, spätestens aber für 2025 ausrechnet.
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