
Nach vielen Querelen innerhalb der Bundesregierung und nicht zuletzt wegen der zunehmenden Kritik an Plänen zur Kürzung langjähriger Subventionen, zeigten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner bereit, neue Ideen zur Entlastung der heimischen Wirtschaft zu entwickeln. Die neuesten Vorschläge der beiden Minister, die sonst allzu häufig gegensätzliche Positionen vertreten, zielen auf eine stärkere Entlastung heimischer Firmen ab. Es geht um mögliche Maßnahmen, um Unternehmen besser durch die Krise zu verhelfen. Ausgerechnet der Bundeskanzler äußerte sich in der neuen Woche ausgesprochen zurückhaltend hinsichtlich der Vorschläge seiner Minister. Scholz will stattdessen weiterhin auf Durch- und Umsetzung des sogenannten Wachstumschancengesetzes drängen, bevor an anderer Stelle über neue Konzepte nachgedacht werden kann.
Hitzige Debatten sind in diesem Punkt vorprogrammiert. Unter anderem deshalb, weil die Parteien der Regierung wechselseitig auf den guten Willen der jeweils anderen Partner angewiesen sind. Der FDP beispielsweise ist der Solidaritätszuschlag seit langem ein Dorn im Auge und fordert ein Ende der nach der Wiedervereinigung eingeführten Ausgleichszahlungen. Deren Abschaffung jedoch kommt für die SPD und die Grünen zum jetzigen Zeitpunkt nicht infrage. Dass ausgerechnet der grüne Minister Habeck selbst gemeinsam mit dem Finanzminister den Anstoß für die Diskussion über eine Soli-Abschaffung gegeben hatte, dürfte wohl auch parteiintern für weiteren Gesprächsbedarf sorgen. In erster Linie aber geht es in den Überlegungen Lindners und Habecks um einen neuen „schuldenfinanzierten Investitionsfonds“, der Deutschland neben anderen bereits genutzten Instrumenten den Weg aus der Krise ebnen könnte.
Bundeskanzler Scholz hingegen vermittelt den Eindruck, sich einstweilen auf jene Optionen konzentrieren zu wollen, die bereits auf dem Tisch liegen. Der Kanzler bezieht sich hier ausdrücklich auf das besagte Wachstumschancengesetz. Mit selbigem befasst sich derzeit der Vermittlungsausschuss des Bundestages und des Bundesrates. Der Hintergedanke der Zurückhaltung des Bundeskanzlers bezüglich neuer Ideen dürfte wohl sein, auf weitere Nebenschauplätze zu verzichten. Das Gesetz sei so weit ausgereift, dass es gleichermaßen praktisch wie anfassbar sei und nach seiner Einführung schnell wirken würde. Etwas anders hingegen fällt die diesbezügliche Wahrnehmung aufseiten der Länder und Kommunen aus. Dort regt sich zusehends Widerstand gegen das geplante Gesetzespaket, das Unternehmen in einer Größenordnung von bis zu acht Milliarden Euro entlasten soll. Dass die Chancen für eine Zustimmung im Vermittlungsausschuss so gut stehen, wie es sich der Kanzler wünscht, darf durchaus bezweifelt werden.
So fürchten die deutschen Bundesländer und Kommunen, am Ende könnte der Löwenanteil der Ausfälle durch die im Gesetz vorgesehenen Steuerentlastungen an ihnen hängen bleiben. Diese Gefahr sieht auch Wirtschaftsminister Habeck. Er sprach wiederholt eine klare Warnung aus: Die Länder könnten durch ihren Einfluss dafür sorgen, dass das Entlastungsvolumen schließlich nur noch bei rund drei Milliarden Euro liegen könnte. Schlimmstenfalls sogar noch deutlich unter diesem Wert. Die angestrebte Wirkung des Gesetzes würde in einem solchen Fall regelrecht verpuffen und auf einem „homöopathischen“ Niveau liegen. Zuspruch erntete Habeck mit seiner Befürchtung unter anderem durch den Wirtschaftsrat der Union. Sollten die Entlastungen tatsächlich später dramatisch geringer als erhofft ausfallen, wäre dies schlichtweg „empörend“.
Die fehlende Rückendeckung aus den Reihen der SPD und der Grünen dürfte zumindest bedingt auch ein Grund für die zurückhaltende Reaktion des Kanzlers auf so strittige Punkte wie die Soli-Abschaffung sein. Finanzminister Lindner sähe den Beitrag lieber früher als später abgeschafft. Unter Berufung auf Regierungskreise berichten Medien, die Abschaffung wäre mit Kosten bzw. Ausfällen von etwa 12 Milliarden Euro verbunden. Diese Summe sei mit dem angesetzten Haushaltsetat für das Jahr 2025 aber nicht finanzierbar. Geschätzt klaffe im Staatssäckel schon jetzt auch ohne diese zusätzliche Belastung eine 25-Milliarden-Euro-Lücke. Die Grünen- und SPD-Parteispitzen sehen in einer möglichen Streichung des Solidaritätszuschlags am ehesten die Möglichkeit für Unternehmen, von Mitnahmeeffekten zu profitieren. Dauerhafte positive Auswirkungen auf die Wirtschaftslage würde ein solcher Schritt eher nicht haben, wie die Grünen-Chefin Ricarda betonte. Zumal es auch an Vorschlägen für eine praktikable Gegenfinanzierung fehle. Diese Meinung vertritt auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken.
Ein kreditfinanzierter Sonderfonds als Investitions-Grundlage scheint nach negativen Rückmeldungen aus der FDP nicht mehr von Bedeutung zu sein. Ginge es nach dem Wirtschaftsminister, könnten „bessere Abschreibungsbedingungen“ rasch zu einer größeren Investitionsbereitschaft in der Industrie führen. Als Teil eines Sondervermögens sollen bessere Chancen für Abschreibungen und steuerliche Gutschriften bei der Beseitigung von Strukturproblemen helfen. Der Finanzminister erteilte einem solchen Sondervermögen als Neuverschuldung eine Absage. Auch der Kanzler dürfte mit seiner Stellungnahme klargestellt haben, dass ein solcher Schritt für ihn vorerst nicht denkbar ist. Die Auseinandersetzungen der Regierung sind bei der Union herzlich willkommen. Sie forderte zum Wochenbeginn „echte Entlastungen“. Die Regierung müsse endlich handeln, so CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Dazu gehörten „wettbewerbsfähige Energiepreise“, ein Abbau bürokratischer Hürden und ein Absenken der Unternehmenssteuern.
Den Vorwurf eines „Dauerstreits“, wie es Gitta Connemann, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, im Gespräch mit der „Welt“ formulierte, muss sich die Regierung in dieser schwierigen politischen Phase gefallen lassen. Immer mehr Kritiker verweisen auf die mangelhafte Kommunikation innerhalb der Koalition.
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