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Hohe Inflationsraten, Krieg in der Ukraine und fehlende Rohstoffe für die Industrie: Es gibt mehr als genug Gründe, weshalb Analysten die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher im Land auf ein Winterhalbjahr mit Herausforderungen einschwören, wie es sie seit Jahren nicht gegeben. Doch trotz der genannten Probleme äußern sich verschiedene Experten hoffnungsvoll, dass Deutschland eine weitreichende Wirtschaftskrise doch noch erspart bleiben könnte. Einigkeit herrscht zwar dahingehend vor, dass die kommenden Monate belastend werden. Ganz so dramatisch wie die Deutsche Bundesbank schätzen keineswegs alle Beobachter die aktuelle Lage und die Erwartungen bis zum Frühjahr 2023 ein.
Unter anderem wegen der historisch hohen Inflation und der schwierigen Situation im Energiesektor prognostizierte die Bundesbank sowohl für das letzte Quartal des laufenden Jahres und die ersten drei Monaten des kommenden Jahres einen deutlichen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes. Der Winter, so die Analyse, werde zu einer großen Herausforderung für die Wirtschaft und die Haushalte im Land. Dem gegenüber stehen inzwischen verhalten optimistische Signale, dass die Rezession doch spürbar milder ausfallen könnte, als es das Bundesbank-Szenario vermuten lässt. Der große Einbruch der Konjunktur könnte unter idealen Bedingungen ausbleiben. Als Argument für die besseren Vorhersagen führen Wirtschaftsinstitute etwa die unerwartet schnell gefüllten deutschen Gasspeicher an. Erfreulich liest sich zudem die Erwartung des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Der bisher warme Herbst und der Ausblick für den Winter könnten ihrerseits einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Einsparziele für Energie sorgen. Notwendige Gasrationierungen aufgrund fehlender Gaslieferungen aus Russland fallen derzeit weniger stark ins Gewicht als befürchtet. Die Vorteile eines unerwartet milden Winters bestätigte auch Klaus Müller, seines Zeichens der Bundesnetzagentur. Ein um wenigstens 20 Prozent geringerer Gasverbrauch bis zum Frühjahr scheint längst nicht mehr unerreichbar. Erfreulich, so Müller, seien die mittlerweile vollständig gefüllten Gasspeicher und zwischenzeitlich erfolgte Fertigstellung des ersten deutschen Flüssiggasterminals am Standort Wilhelmshaven. Christian Lips, Chefvolkswirtschaft der NordLB, spricht von einer „deutlich reduzierten Gefahr“ einer Gasmangellage im Winter.
Viele Analysten verweisen seit Monaten anderseits auf herbe Rückschläge der deutschen Industrie im Bereich des Neugeschäfts als ökonomischen Risikofaktor. Zeitgleich aber betonen weniger skeptische Experten: Die Auftragsbücher vieler Unternehmen seien zu dieser Phase des Jahres nie zuvor so gut gefüllt gewesen wie momentan. Und in der Tat lesen sich die Daten positiv. Im Bereich der sogenannten „Reichweite des Auftragsbestands“ liege die Vorlaufzeit momentan bei acht Monaten. Gemeint ist hier die theoretische Zeit, während der Firmen einen gleichbleibenden Umsatz verzeichnen, ohne auf neue Bestellungen angewiesen zu sein. Diese Zeitspanne lässt sich jedoch auch damit erklären, dass es vielen Branchen weiterhin an Vorerzeugnissen fehlt, um Aufträge zu bearbeiten, wie das Wiesbadener Statistische Bundesamt betont. Paradoxerweise könnte besagter Mangel derzeit ein wichtiger Stabilitätsfaktor für das produzierende Gewerbe sein.
Günstig wirkt sich zudem die sukzessive Erholung globaler Lieferketten aus. Engpässe beim Nachschub gibt es laut dem Münchener Ifo-Institut bei etwa zwei von drei Betrieben der deutschen Industrie. Im Vergleich zum Sommer habe sich die Lage aber spürbar entspannt. Damals berichteten noch beinahe 80 % der Industriebetriebe von solchen Schwierigkeiten. Gerade der für die deutsche Wirtschaft so wichtige Automobilsektor berichtet von einem allmählich sinkenden Mangel wichtiger Materialien.
Ganz grundsätzlich ist die Nachricht, dass die Rezession dank der genannten Aspekte unter idealen Bedingungen weniger tief ausfallen könnte, positiv. Der gute Auftragsbestand aus den letzten Quartalen dürfte das Ausmaß des BIP-Rückgangs abschwächen. Entscheidend wird unterm Strich aber sein, wie wirksam staatliche Hilfen für Industrie und Verbraucher am Ende sind. Hilfsprogramme wie die sogenannte Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro und die Zahlung der Gasabschläge im Dezember als Teil des Konzepts zur Gaspreisbremse sind nur zwei Punkte, die für die tatsächliche Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts von Bedeutung sein werden. Die noch immer historisch hohe Inflationsrate von über zehn Prozent bleibt nicht ohne Folgen.
Mit der zweiten Stufe der Gaspreisbremse, die spätestens im März des kommenden Jahres ihre Wirkung entfalten soll, könnten Bund und Länder einen zusätzlichen wichtigen Beitrag zur Entlastung der gewerblichen und privaten Energiekunden leisten. Insbesondere auch deshalb, weil dies günstige Auswirkungen auf die Konsumlaune und damit auf die Konjunktur haben könnte. Immerhin: Der seit dem Sommer gestiegene Konsum im Inland könnte laut Analysten bereits für ein erstes Wirtschaftswachstum von etwa 0,3 Prozent sorgen. Wichtig sei zudem die stabile Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt, wie Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), aktuell hervorhebt. Im nächsten Schritt werde etwa das Weihnachtsgeschäft Weichen für die deutsche Wirtschaft stellen.
Bezüglich der Rezessionsgefahr für die deutsche Wirtschaft gab es in den vergangenen Tagen gleich mehrere erfreuliche Meldungen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) vermeldete für sein Konjunkturbarometer für die Zeit von November 2022 bis Ende Januar 2023 einen Wert von 65,3 Prozent. Zum Vergleich: Anfang Oktober dieses Jahres lag der Wert bei 80,8 Prozent. Auch hier zeichnen sich als Hinweise auf ein sinkendes Risiko einer rezessiven Stimmung ab. Dass die deutsche Wirtschaft vorläufig mit den Herausforderungen einer Rezession kämpfen wird, bestätigen viele Institute. Doch so dramatisch wie zum Herbstbeginn fallen die Prognosen zum Glück nicht mehr aus. Nun gilt es für die Politik, die angekündigten Hebel in Bewegung zu setzen.
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