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Der Ruf des deutschen Bundesfinanzministers Christian Lindner hat nicht nur in den Reihen der FDP zuletzt gelitten. Kritik erntet der Minister seit einiger Zeit auch vonseiten verschiedener Wirtschaftsinstitute. Ganz aktuell sind es die sogenannten Wirtschaftsweisen, die mit ihrem Jahresgutachten gewissermaßen mit dem Chef des Finanzministeriums abrechnen. Letztlich aber zielen die Aussagen der Wirtschaftsweisen auf die Finanzpolitik der Koalition aus SPD, FDP und Grünen insgesamt ab. Die Experten sagen für das Jahr 2023 eine Inflationsrate in Höhe von nicht weniger 7,4 Prozent voraus. Dies entspricht zwar einem geringen Rückgang. Gegenüber dem laufenden Jahr, für das die Sachverständigen mit einer Teuerungsrate von etwa acht Prozent erwarten, fällt die Vorhersage aber nicht so positiv wie erhofft aus.
Auch weiterhin ist vor allem der Angriff Russlands auf die Ukraine Grund für die pessimistische Erwartung der Experten. Das Gutachten des Expertenrates geht für 2022 mit einem Wachstum der Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent. Dafür aber dürfte das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um etwa 0,2 Prozent schrumpfen. Die Erwartung einer vergleichsweise geringen rezessiven Stimmung sollte nicht überbewertet werden. Eben muss die Vorhersage für das laufende Jahr ins rechte Licht gesetzt werden. Dass die Inflation im neuen Jahr ebenfalls auf einem hohen Niveau liegen wird, ist Grund genug, sich Sorgen hinsichtlich der Entwicklungen zu machen. Ein Dorn ist dem Sachverständigenrat im Auge, dass die Politik eine stärkere Belastung der Besserverdienenden im Land in Betracht zieht. Im Rahmen des in dieser Woche veröffentlichten Herbstgutachtens der fünf Wirtschaftsweisen stößt dieser Ansatz nicht auf Zuspruch.
Immerhin: Die Prognose zum konjunkturellen Wachstum fällt leicht besser als jene der Bundesregierung selbst aus. Die Koalition war in ihrer Vorhersage aus dem Oktober für 2022 von einem Wachstum in einer Größenordnung von 1,4 und für das kommende Jahr von einem Minus von 0,4 Prozent ausgegangen. Die Wirtschaftsweisen äußern sich also für dieses Jahr skeptischer, rechnen für 2023 aber mit einer milderen rezessiven Entwicklung der Wirtschaft. Einig hingegen sind sich Politik und Wirtschaftsweise, wenn es um die Begründung der schwierigen Lage geht. Für bleibe Prognosen sind es vor allem die dramatischen Entwicklungen im Energiesektor, die als Preistreiber als wesentlicher Grund genannt werden. Im Falle der Wirtschaftsweisen spielte indes eine Rolle, dass Deutschlands Wirtschaft im dritten Jahresquartal unerwartet zugelegt hatte. Die meisten Analysten hatten schon für die Zeit von Anfang Juli bis Ende Oktober einen Rückgang der Wirtschaftsleistung prognostiziert.
Die Wirtschaftsweisen verweisen nun darauf, dass die rasant gestiegenen Energiepreise sowohl Haushalten als auch Unternehmen in Deutschland belasten. Ganz gleich, ob in der Industrie oder im privaten Sektor: Die hohen Ausgaben für Gas und Strom lässt in vielen Wirtschaftsbereichen die Nachfrage sinken. Für viele Unternehmen stelle sich zudem die Frage nach dem richtigen Moment für neue Investitionen. Immer mehr Betriebe hegten zudem Zweifel, ob sich Produktionen am Standort Deutschland in der aktuellen Phase überhaupt lohnen. Auch dies belaste die Perspektiven des Wachstums, wie die Experten mit Blick auf ihre Prognose betonen. So oder so: Anlass zur Entwarnung hinsichtlich der Inflation im Land gibt es nicht. Für die Preise erwarten die Wirtschaftsweisen in 2022 insgesamt ein Plus um 8,0 Prozent. 2023 dürften die Preise gar um 8,7 Prozent steigen. Signale für eine schnellere Entspannung der Rate im kommenden Jahr gebe es nicht.
Konsequenzen könnte die Prognose laut den Wirtschaftsweisen beispielsweise für den deutschen Arbeitsmarkt haben. Wenngleich die Lage auf dem Markt insgesamt stabil bleiben könnte, drohe eine Verschärfung des Mangels im Bereich der Fachkräfte. Dies wiederum könnte zu einem spürbaren Hemmschuh für das generelle Wirtschaftswachstum werden, so die Prognose für 2023. Ein Problem dürfte dabei auch die Entwicklung der Realeinkommen werden. Das renommierte Ifo-Institut verweist aktuell auf einen starken Rückgang der realen Einkommen vom Krisenjahr 2021 bis 2023. Dank gestiegener Energiepreise spricht das Institut für das vergangene Jahr von einem Einbruch der Realeinkommen um 35 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr weist die Analyse einen Verlust von 64 Milliarden Euro im Bereich der Realeinkommen aus. Ein Minus von rund neun Milliarden erwarten die Analysten des Instituts für das kommende Jahr. Wichtig seien diese Entwicklungen, so das Ifo-Institut, etwa für derzeitige Verhandlungen über Gehälter und Tarifrunden.
Das enorme Minus bei Reallöhnen müsse Einfluss auf Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern nehmen. Die Ifo-Konjunkturforscher nehmen nicht zuletzt Bezug auf Tarifrunden in der Elektroindustrie und im Metallgewerbe. Faktisch handele es sich beim derzeitigen Verlust der Realeinkommen um den höchsten seit der Ölkrise, die Ende der 1970er für Krisenstimmung gesorgt hatte.
Sieht man von den Problemen hoher Energiepreise für Verbraucher ab, gibt es nach Einschätzungen des Ifo-Instituts noch eine Gefahr: Unternehmen in Deutschland seien in der schwierigen Situation, hohe Preise für Energieimporte zahlen zu müssen. Diese Mehrkosten lassen sich jedoch nicht vollständig auf Preise im Export umlegen. Endverbraucher müssen sich deshalb darauf vorbereiten, auch in diesem Umfeld erheblich an den Folgekosten beteiligt zu werden. Das Dilemma laut den Ifo-Analysten besteht darin, dass die historisch hohen Energiekosten eben nicht allein Folge eines Wirtschaftsbooms sind. Stattdessen seien es die weiter steigenden Energieimportpreise und die hohen Preise für eine Vielzahl von Vorprodukten, die im ersten Schritt die Industrie und nachfolgend Endkunden preislich belasten. Ein Ende dieses Trends ist bisher nicht absehbar.
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