
Ich gestehe: Ich habe aufgehört, stundenlang zu lernen – und wurde besser.
Lange wollte ich es selbst nicht wahrhaben, aber hier ist mein kleines Geheimnis: Man muss keine Stunden täglich investieren, um beim Sprachenlernen voranzukommen.
Überraschend, oder?
Diese Erkenntnis kam für mich nicht ganz ohne Kratzer am Ego – immerhin gehörte ich früher zu den Menschen, die farblich sortierte Grammatikbücher in der Handtasche mit sich trugen. Ich hatte sogar ein schlechtes Gewissen, wenn ich „nur“ 30 Minuten am Tag Italienisch, Französisch oder irgendeine andere Sprache lernte.
Ich beschäftige mich seit meiner Kindheit mit Sprachen – ernsthaft allerdings seit gut 25 bis 30 Jahren. Ich habe Sprach- und Literaturwissenschaft in der Ukraine und später in Deutschland studiert. Mein Einstieg war also ein sehr akademischer – bis ich irgendwann in die Praxis wechselte: in den digitalen Alltag und ins echte Leben. Denn spätestens in dem Moment, als mir in einem Pariser Café die Verkäuferin eine Rückfrage stellte und mein Gehirn kurzerhand abschaltete und sich lieber auf das Gebäck hinter ihr konzentrierte, wurde mir klar: Die Kenntnis über den Ablativ Plural hilft in solchen Situationen leider nicht weiter.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Sprachen begonnen (und manche auch wieder pausiert): Deutsch, Portugiesisch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Ukrainisch – und natürlich Türkisch.
Und obwohl ich früher überzeugt war, dass man dafür stundenlange Lerneinheiten, unzählige Karteikarten oder lange Sprachaufenthalte braucht, hat sich mein konstantester Fortschritt in den letzten Jahren aus etwas ganz anderem ergeben – etwas, das ehrlich gesagt alles andere als spektakulär klingt.
Microlearning.
Zehn Minuten hier, sieben Minuten da. Ein Satz pro Tag. Nicht mehr.
Und das Merkwürdige daran? Es funktioniert.
In diesem Artikel nehme ich Sie mit auf eine kleine Gedankenreise – gern mit einem Kaffee in der Hand –, wie Sie mithilfe von Microlearning jeden Tag ein Stück weiterkommen.
Ich erzähle Ihnen, was bei mir funktioniert hat (und was nicht), was die Wissenschaft über unser Lernverhalten sagt – und warum gerade dieser Ansatz möglicherweise der Schlüssel dazu ist, dass Sie wirklich dranbleiben und Fortschritte machen.
Lassen Sie uns kurz zurückspulen – zu einer Zeit, in der ich versucht habe, alles gleichzeitig unter einen Hut zu bringen: Arbeit, Selbstständigkeit, Familie, Hunde, Ehe, und obendrauf noch meine ehrgeizigen Sprachziele. Ich lernte Türkisch, frischete mein Italienisch auf, hielt mein Deutsch am Laufen – und wusste manchmal nicht einmal mehr, welcher Wochentag gerade war.
Meine Sprachlern-Notizbücher lagen unangetastet auf dem Regal. Ich öffnete Apps, ließ mich sofort ablenken oder klickte die Lektionen einfach nur schnell durch – damit ich wenigstens sagen konnte, ich hätte „etwas gemacht“. Selbst eine Serie auf Türkisch bei Netflix zu schauen, fühlte sich plötzlich anstrengend an.
Ich sagte mir, ich sei eben „zu beschäftigt“ zum Lernen.
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Und dann – eines Abends im Bett, beim typischen ziellosen Scrollen – öffnete ich meine Vokabel-App und wiederholte fünf Wörter. Es dauerte keine zwei Minuten.
Am nächsten Tag waren es zehn. Wieder ein paar Tage später spielte ich ein kleines, seltsames Wortspiel auf dem Handy – während ich auf meinen Tee wartete.
Kein großes Ding.
Aber es summierte sich. Vor allem aber: Es fühlte sich machbar an. Ich hatte zum ersten Mal seit Langem nicht mehr das Gefühl, scheitern zu müssen, wenn ich keine Stunde Zeit fürs Lernen hatte. Ich konnte wieder Sprachen lernen – ohne Schuldgefühle, ohne Stress, und ohne Zeit zu suchen, die ich einfach nicht hatte.
Und genau darin liegt der Zauber von Microlearning. Es nimmt den Druck raus. Es gibt kein „ganz oder gar nicht“ mehr. Nur noch kleine Schritte – jeden Tag ein bisschen.
Und das reicht.
Meine Beiträge rund ums Sprachenlernen, Polyglottie und Mehrsprachigkeit:
Ich weiß – zehn Minuten klingen nicht gerade nach viel. Ehrlich gesagt hätte ich früher selbst heftig widersprochen: In so kurzer Zeit kann man doch nichts wirklich lernen, geschweige denn Fortschritte machen!
Aber beim Sprachenlernen?
Da sind zehn Minuten – oder auch nur fünf, wenn es nicht mehr sein kann – oft genau das Richtige.
So nutze ich diese kleinen Lerneinheiten im Alltag:
Zum Beispiel morgens beim Zähneputzen: Während mein Mund voller Zahnpasta ist, arbeitet mein Kopf ganz wunderbar. Ich klebe einfach einen kleinen Zettel mit Vokabeln an den Spiegel.
Sie glauben gar nicht, wie gut das funktioniert – und ja, das zählt!
Oder ich schreibe jeden Tag nur einen einzigen Satz auf – in der Sprache, die ich gerade lerne. Das muss nichts Tiefgründiges sein: „Heute habe ich Pasta gegessen. Es war lecker.“
Fertig.
Wenn ich in Stimmung bin, schreibe ich ein paar Sätze mehr oder sogar einen kleinen Absatz. Ich liebe es, kurze Geschichten zu schreiben – und selbst wenn ich nur ein Stückchen weiterschreibe, fühlt es sich nach Fortschritt an.
Manchmal übe ich auch einfach ein paar schwierige Wörter laut auszusprechen – zum Beispiel während ich mit dem Hund Gassi gehe oder in der Küche auf meinen Pfefferminztee warte.
Und dann gibt’s noch diese kleinen Leerlauf-Momente im Alltag: In der Warteschlange im Supermarkt, beim Warten vor der Schule – genau dann hole ich meine Vokabelkarten raus und wiederhole ein paar Begriffe.
Einer meiner liebsten Aha-Momente war folgender: Ich hatte eine Woche lang jeden Tag 10 Minuten lang türkische Farben geübt. Und dann fragte mich meine Nachbarin plötzlich, welche Farbe ihre neue Tasche hat. Ohne nachzudenken sagte ich: „Bu çanta mor.“ („Diese Tasche ist lila.“)
Ich musste nichts übersetzen, nicht erst überlegen. Die Worte kamen einfach raus – und das war für mich ein echter kleiner Erfolg.
Natürlich machen Sie mit zehn Minuten am Tag keine Wunder. Sie werden nicht über Nacht fließend sprechen.
Aber Sie bauen etwas viel Wertvolleres auf: Momentum.
Und genau dieses Dranbleiben – nicht Perfektion – bringt Sie wirklich voran.
Warum also funktioniert Microlearning überhaupt?
Ganz einfach: Unser Gehirn ist ein kleines faules Genie.
Es liebt Muster, kleine Herausforderungen und Wiederholungen – aber bitte alles in kleinen, gut verdaulichen Portionen.
Lange Erklärungen?
Nein, danke.
Hier sind drei wissenschaftlich belegte Gründe, warum 10 Minuten Sprachlernen pro Tag ein echter Gamechanger fürs Gehirn sind:
Als ich Anki zum ersten Mal benutzt habe, war ich ehrlich gesagt verwirrt. Warum zeigt mir die App ein Wort heute, dann wieder in drei Tagen, und dann vielleicht erst nächste Woche?
Die Antwort: Weil unser Gehirn Dinge schnell vergisst.
Spaced Repetition – also zeitlich verteilte Wiederholung – nutzt diesen Effekt bewusst aus. Es erinnert Sie genau dann an ein Wort oder eine Redewendung, wenn Sie kurz davor sind, es zu vergessen.
Mit der Zeit werden die Abstände zwischen den Wiederholungen immer größer. So lernen Sie nicht durch stures Auswendigpauken, sondern nachhaltig – und sparen dabei sogar Zeit.
Ich erinnere mich heute an mehr Vokabeln aus fünfminütigen SRS-Sessions als aus manch einstündiger Vokabel-Lernsitzung. Kein Witz.
Ich erinnere mich noch gut: Ich wollte mal auf einen Schlag 100 italienische Einzelwörter lernen. Es war eine Katastrophe.
Aber als ich anfing, ganze Wendungen wie „Come stai?“ oder „Posso avere un caffè?“ zu lernen, machte plötzlich alles Sinn.
Genau das nennt man Chunking – Informationen in sinnvolle Einheiten zu gruppieren, damit das Gehirn sie besser verarbeiten kann.
Einmal habe ich mir den Satz „Vorrei comprare questo, per favore“ (Ich möchte das hier kaufen, bitte) als ganzen Ausdruck gemerkt – und konnte ihn dann tatsächlich beim Einkaufen in Mailand verwenden. Die Barista war sehr charmant, mein Selbstbewusstsein wuchs … und ich bekam sogar einen Espresso aufs Haus. Win-win!
Wissen Sie, was besser ist als eine Vokabelliste lesen? Versuchen, die Wörter ohne Liste zu erinnern.
Das ist Active Recall – also aktives Abrufen von Wissen. Ihr Gehirn wird dadurch gezwungen, die gespeicherten Informationen bewusst herauszuholen. Und genau das stärkt Ihre Gedächtnisverbindungen.
Mein persönlicher Trick: Ich schreibe einen Satz in der Zielsprache – ohne vorher ins Wörterbuch zu schauen. Danach prüfe ich, was ich richtig und was ich falsch gemacht habe.
Oder ich erkläre meinem Hünd Patrick laut die neuen Vokabeln. Er versteht zwar kein Türkisch, aber er hört geduldig zu – und allein das hilft mir schon beim Lernen.
Microlearning bedeutet nicht, jeden Tag dasselbe zu machen. Es geht vielmehr darum, sich kleine Lerngewohnheiten zu schaffen, die sich an den Alltag anpassen – und nicht umgekehrt.
So sieht mein typischer Aufbau aus – je nach Sprachniveau:
5 Minuten Vokabeltraining – z. B. mit einer App oder Karteikarten
3 Minuten zuhören – ein Lied oder ein kurzes YouTube-Video
2 Minuten „Shadowing“ – also einfache Sätze nachsprechen, möglichst laut und deutlich
5 Minuten freies Schreiben – ein kleiner Tagebucheintrag auf Italienisch
3 Minuten Analyse – mithilfe eines Grammatiktools schaue ich mir an, wo meine Schwächen liegen und worauf ich achten sollte
2 Minuten Sprechpraxis – laut vor dem Spiegel oder im Gespräch mit meinem Mops (Patrick ist sehr geduldig)
10 Minuten: Ich schaue ein Video von einem deutschsprachigen YouTuber und fasse den Inhalt im Kopf zusammen
Bonus: Ich schreibe einen Kommentar oder kleinen Beitrag auf Social Media, Reddit oder Quora – auf Deutsch natürlich
Und wenn ein Tag mal komplett voll ist oder ich einfach keine Energie habe?
Dann reicht auch nur ein kurzes Vokabel-Review oder ein Video zwischendurch. Fertig.
Denn: Jeden Tag ein bisschen zu machen bringt langfristig viel mehr als diese eine „perfekte“ Lerneinheit, die man dann doch nie schafft.
Das eigentliche Geheimnis?
Dranbleiben. Auch an den Tagen, an denen man keine oder wenig Lust hat.
Meine Tipps für ein effektives Sprachenlernen:
Ganz ehrlich: Ich bin zwar polyglott, aber kein Produktivitätsroboter.
Auch ich lasse Tage aus. Manchmal sogar Wochen (aber ehrlich gesagt nur in ein, zwei Ausnahmefällen).
Einmal habe ich Italienisch drei Monate lang komplett ignoriert – weil ich total in türkische Musik und Redewendungen versunken war (gibt es hier noch jemanden, der Tarkan liebt?). In dieser Zeit habe ich glatt vergessen, dass ich überhaupt andere Sprachen lerne.
Im November 2023 erlitt ich eine Meniskusverletzung und war sechs Wochen lang auf Krücken angewiesen. An konzentriertes Lernen war in dieser Phase nicht zu denken – ich war enttäuscht, erschöpft und ehrlich gesagt auch wütend über die Situation. Statt aktiv zu lernen, entschied ich mich dafür, wenigstens Serien auf Netflix in verschiedenen Sprachen zu schauen. Nicht ideal, aber besser als gar nichts – so blieb wenigstens mein Kontakt zu den Sprachen erhalten.
Und wissen Sie was?
Das ist völlig in Ordnung.
Microlearning macht den Wiedereinstieg leicht – weil man nicht gleich einen Berg erklimmen muss. Es geht nur um einen einzigen Schritt.
Wenn ich aus dem Rhythmus komme, starte ich nicht mit einer großen Lerneinheit. Ich wiederhole drei Vokabelkarten.
Mehr nicht.
Am nächsten Tag vielleicht fünf.
Kein Druck.
Kein schlechtes Gewissen.
Sie dürfen Pausen machen – und trotzdem erfolgreich lernen.
Wenn ich eines gelernt habe, während ich mehrere Sprachen mit dem ganz normalen Alltag unter einen Hut bringe, dann ist es das: Sie brauchen nicht mehr Zeit. Sie brauchen weniger Druck.
Sprachen lernen hat nichts mit stundenlangem Pauken zu tun. Es geht um das, was wirklich zählt: gezielte, bedeutungsvolle Momente.
Zehn Minuten, in denen Sie sich mit Neugier und Leichtigkeit auf die Sprache einlassen – das kann alles verändern.
Deshalb lade ich Sie zu einer kleinen Herausforderung ein: Fangen Sie heute an. Zehn Minuten. Eine einzige Sache. Ein Wort. Ein Satz.
Morgen wieder.
Und dann am nächsten Tag.
Vielleicht merken Sie die Fortschritte nicht sofort. Aber irgendwann beantworten Sie eine Nachricht, verstehen eine Liedzeile oder bestellen ganz selbstverständlich ein Croissant – und plötzlich wissen Sie: Es funktioniert.
Zehn Minuten pro Tag haben mein Sprachenlernen grundlegend verändert. Vielleicht sind Sie als Nächstes dran. Alles, was es braucht, sind zehn Minuten.
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