Generalmusikdirektor Naoshi Takahashi vereint 46 Musikerinnen und Musiker zu einem Klang. Mit hoher Qualität haben sich die Erzgebirger als feste Größe in der sächsischen Orchesterlandschaft etabliert. Anfang Februar wird zum eigenen Geburtstagsständchen aufgespielt.
Der heutige 19. Januar ist in kultureller Hinsicht ein geschichtsträchtiges Datum in Annaberg-Buchholz. Denn am 19. Januar 1888 hat der damalige Rat der Stadt den Beschluss gefasst, einen eigenen Städtischen Musikdirektor anzustellen. Den Titel erhielt Gabriel Peterhänsel aus Bernburg. Noch im gleichen Jahr - elf Monate später - folgte die Stadt Aue mit Anton Zien. Allerdings wurde er vorerst für ein Jahr probeweise eingestellt. "Musicdirector" sollte er erst werden, "wenn er nach Jahr und Tag den Nachweis erbringt, daß er Einigkeit mit den beiden hiesigen Chören erzielt habe", ist bei Musikprofessor Werner Kaden nachzulesen. Er hatte zum Jubiläum der Philharmonie vor zehn Jahren gemeinsam mit dem Verein Freunde und Förderer der Erzgebirgischen Philharmonie sowie dem Verlag Klaus-Jürgen Kamprad das Buch "120 Jahre Erzgebirgische Philharmonie Aue" herausgegeben. So gilt das Jahr 1888 als Gründungsjahr der heutigen Philharmonie - auch wenn der Weg bis dahin noch ein langer werden sollte. Im Jahr 1996 erfolgte der Zusammenschluss der beiden einst selbstständigen Orchester.
Längst vorbei also die Zeiten, in denen sich die Stadtmusikdirektoren selbst ihre Musikerinnen und Musiker suchen mussten. Aus dem Stadtmusikdirektor ist mittlerweile ein Generalmusikdirektor geworden: Naoshi Takahasi - mit seinen 45 Jahren nach wie vor einer der jüngsten Chefdirigenten der großen Orchester in Sachsen, dafür aber der dienstälteste amtierende Generalmusikdirektor in der hiesigen Theaterlandschaft. Zur Saison 2004/05 war er nach Annaberg-Buchholz gekommen - als 1. Kapellmeister. Kaum zwei Jahre später übernahm er den zu dieser Zeit fast ebenso lange vakanten Chefposten des Orchesters. Derzeit dirigiert er 46 Musikerinnen und Musiker. Und sie bilden ein wahrhaft internationales Ensemble. Kommen sie doch aus Rumänien und Bulgarien, Tschechien und Ungarn, aus Russland und den Nachfolgestaaten der einstigen Sowjetrepubliken und sogar aus Amerika. Der Dienstälteste von ihnen ist seit 1988 mit dabei, haben die Recherchen von Ingolf Huhn ergeben. Er ist als geschäftsführender Intendant der Erzgebirgischen Theater- und Orchester GmbH sowohl für das Eduard-von-Winterstein-Theater als auch für die Philharmonie zuständig. Die Dienstjüngsten sozusagen sind erst in dieser Spielzeit dazugekommen. Insgesamt soll die personelle Stärke des Orchesters in der Größenordnung beibehalten werden. Deshalb sei man auch bemüht, frei werdende Stellen wieder mit jungen Leuten zu besetzen. Wenngleich die Voraussetzungen dafür recht unterschiedlich seien: Bei festen Stellen gelinge das ganz gut, bei befristeten Stellen sei es oft schwieriger, Ersatz zu finden.
Knapp 300 Dienste leisten die Musikerinnen und Musiker laut Ingolf Huhn in einer Spielzeit. Das ergibt zwischen 850 und 900 Stunden im Dienst des Orchesters - sowohl bei Proben als auch bei Konzerten und Theateraufführungen. Nicht mit eingerechnet sind die Fahrtwege zwischen den beiden Spielstätten in Annaberg-Buchholz und in Aue sowie die Anreisewege generell. Und die fallen recht unterschiedlich aus: Während ein Großteil der Ensemblemitglieder aus den beiden Städten beziehungsweise dem Umfeld kommt, reisen einige auch regelmäßig aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, dem Vogtland und sogar aus der Sächsischen Schweiz an.
Vielfach mit an Bord ist dann das jeweilige Instrument. Denn von denen befinden sich die meisten im Privatbesitz. "Ein bestimmter Anteil gehört aber auch dem Theater", erläutert Ingolf Huhn. Dazu gehörten vor allem die größeren und schweren Exemplare wie die Pauken und das komplette Schlagwerk, die Kontrabässe sowie die Harfe. Bei einem Instrument handele es sich um eine Leihgabe des Fördervereines.
Gut aufgestellt sieht der Intendant die Erzgebirgische Philharmonie auch innerhalb der sächsischen Orchesterlandschaft. Deren Größen variierten zwar, qualitätsmäßig seien die Unterschiede aber nicht mehr so groß. Vor allem, weil "ein großes Angebot an guten Leuten" vorhanden sei. "Ich bin auch sehr dankbar, dass wir unserem Publikum eine so hohe Qualität anbieten können", sagt der Intendant. Eine deutlich bessere als zu Lebzeiten der großen Komponisten wie Bach und Beethoven beispielsweise, die ihre eigenen Werke nie in einer solchen Aufführ-ungsqualität gehört haben.