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Kunsthandwerker wollen Amazon-Konto pfänden

Eine Weihnachtspyramide sorgt für Streit zwischen den Erzgebirgern und dem Online-Riesen. Dabei geht es zunächst einmal um Geld. Doch das ist eigentlich nur Mittel zum Zweck. Das Ziel, das verfolgt wird, ist ein ganz anderes.

Erzgebirge.

Nein, ein Schnäppchen war sie nicht, die XXL-Weihnachtspyramide Waldarbeiter, die Amazon im Herbst vergangenen Jahres im Sortiment hatte. Das zweistöckige, 49 Zentimeter hohe Exemplar kostete 197,02 Euro, erzählt Martin März. Er, der Anwalt des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller, weiß das so genau, weil ihn die Pyramide bis heute beschäftigt. Nein, nicht wegen des Preises. Der Grund sind die Worte "Feinste Holzkunst aus dem Erzgebirge - Made in Germany". Damit wurde der Artikel von Amazon beworben. Genau das aber stimmt nicht, sagt Frederic Günther, Geschäftsführer des Kunsthandwerkerverbandes.

Bei der Pyramide handele es sich um einen Artikel der Firma Sigro Import Export Großhandel mit Sitz im vogtländischen Falkenstein. "Die Pyramide ist ein sogenanntes hybrides Produkt", sagt Günther. Das bedeute, der Korpus, also das Gestell, ist im Erzgebirge hergestellt, die Figuren aber mutmaßlich in Fernost. In dieser Konstellation dürfe ein Artikel nicht als "Feinste Holzkunst aus dem Erzgebirge - Made in Germany" angeboten werden. "Dazu haben wir ein rechtskräftiges Urteil. Gesprochen vom Landgericht Leipzig am 11. Oktober 2019. Im März vergangenen Jahres ist es vom Oberlandesgericht noch einmal bestätigt worden", schildert Günther. Beklagter dabei war die Firma Sigro Import Export. In jenem Urteil heißt es unter anderem: "Der Beklagte hat es zu unterlassen, Produkte des Kunsthandwerks aus Holz mit der geografischen Herkunftsbezeichnung ,Feinste Holzkunst aus dem Erzgebirge, Made in Germany' in den Verkehr zu bringen, wenn die Figuren nicht im deutschen Teil des Erzgebirges produziert sind ..." Bei Zuwiderhandlung wurde damals ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro angedroht.

Auf dieser Grundlage hat der Kunsthandwerkerverband Amazon EU S. à r. l. am 20. Oktober 2020 abgemahnt, wie "Freie Presse" erfuhr. Zu diesem Zeitpunkt hätte Amazon die Pyramide nur aus dem Sortiment nehmen und lediglich 1000 Euro bezahlen müssen, sagt der Verbandsgeschäftsführer. Stattdessen aber habe sich der Online-Riese versucht damit herauszureden, dass er gar nicht der Verkäufer sei, sondern die Veräußerung der Pyramide lediglich über die Online-Plattform erfolgte. "Das stimmte allerdings nicht, konnten wir herausfinden", erklärt Anwalt März. Der Verkäufer sei ganz klar Amazon Deutschland gewesen. Nach einigen weiteren Schriftsätzen habe Amazon den Artikel dann doch aus dem Netz genommen.

Knapp einen Monat später, am 12. November 2020, schob der Kunsthandwerkerverband noch eine einstweilige Verfügung hinterher. "Damit wollten wir sicher gehen, dass nicht, wie in anderen Fällen schon geschehen, Amazon die Pyramide später erneut zum Kauf anbietet", erläutert Günther.

Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Kosten, die Amazon an den Verband zu zahlen hatte, auf circa 5000 Euro, sagt Günther auf Nachfrage. Diese hätten sich zur Hälfte aus Gerichts- und zur anderen Hälfte aus Anwaltskosten zusammengesetzt. Laut Auskunft des Internet-Riesen sei der Betrag gezahlt worden. Günther verneint das. Amazon habe lediglich die Gerichtskosten beglichen. Die rund 2500 Euro Anwaltskosten seien noch offen. Um diese einzutreiben, werde nun bei der Bank of Amerika das Amazon-Konto gepfändet. Den dafür nötigen Titel habe sich der Kunsthandwerkerverband bei Gericht geholt. Amazon indes wisse nichts von einer Pfändung, wird gegenüber "Freie Presse" erklärt.

"Uns geht es nicht um die 2500 Euro", so Günther. Für den Verband sei wichtig, dass die Verbraucher nicht getäuscht werden. "Wo Erzgebirge drauf steht, muss auch zu 100 Prozent Erzgebirge drin sein."

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