"Industriekultur ist nach wie vor prägend"

Liebe Leserinnen und Leser,

herzlich willkommen im Freistaat Sachsen zur 4. Sächsischen Landesausstellung "Boom. 500 Jahre Industriekultur in Sachsen". Ich bin mir sicher: Unabhängig davon, ob Sie als Gäste aus nah und fern, aus dem Ausland oder aus Sachsen kommen, Sie werden tolle und unerwartete Einblicke in Sachsens Geschichte bekommen.

Dabei hat seit dem ersten Berggeschrey im Mittelalter die Industrie das Land und die Menschen in der Region geprägt. Vom 25. April bis zum 31. Dezember 2020 geht es in der Hauptausstellung in Zwickau und an sechs weiteren Schauplätzen um das Spannungsfeld zwischen Arbeit, Geld, Technik, Wissen, Gesellschaft und Politik. Dabei wird die elementare Verbindung von Industrie und Mensch greifbar, an die wir seit der Neugründung des Freistaates 1990 wieder angeknüpft haben. Die sechs dargestellten Bereiche haben die sächsische Industriegeschichte nachhaltig geprägt und durch Innovationen immer wieder für einen neuen Boom gesorgt: der Automobilbau, die Eisenbahn, der Maschinenbau, die Textilindustrie sowie der Bergbau, vor allem von Silber und Kohle. Sie zeigen nicht nur die Vielfalt sächsischer Geschichte, sondern auch, dass Industriegeschichte in Sachsen Heimatgeschichte ist. Sie ist etwas anderes als Herrschaftsgeschichte mit Kriegen und Krisen, Glanz und Gloria: Mit der Industrie entstand eine Industriekultur. Und Kern dieser Kultur ist die unablässige Innovation, die stetige Verbesserung von Prozessen und Produkten, die stetige Mehrung der Produktion und damit auch der Konsummöglichkeiten, des Lebensstandards und der Lebenserwartung der Menschen. Das hat die ganze Gesellschaft umgekrempelt. Die Umsetzung wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse in industrielle Prozesse brachte viele gesellschaftliche Neuerungen mit sich: neue Formen der Unternehmensführung, der Arbeitsorganisation, neue Inhalte in Bildung und Ausbildung, neue Fragen und Methoden in Wissenschaft und Forschung. Sachsen ist und bleibt Industrieland - und verändert sich dabei immer weiter - wie seit 500 Jahren. Und deshalb ist die Industriekultur nach wie vor prägend - und das nicht nur in den Großstädten Chemnitz, Zwickau, Leipzig, Dresden, sondern vor allem in den vielen kleinen und mittleren Industriestädten und Industriedörfern: Das Dampfturbinenwerk in Görlitz ist über 100 Jahre alt, der Waggonbau in Görlitz 170 Jahre, und die Schmiedeberger Gießerei bringt es sogar auf über 400 Jahre.

Die Menschen in Sachsen identifizieren sich mit dieser Industriegeschichte. Egal, ob ein Industriebetrieb heute Denkmal, Museum oder immer noch am Markt ist: Die Leistung der Menschen dahinter macht stolz. Der Silberbergbau brachte Sachsen früh Wohlstand und legte mit seiner Innovationskraft den Grundstein für die Industrialisierung vor über 200 Jahren. Dieses industrielle Erbe wird im Erzgebirge liebevoll gepflegt, davon zeugen die vielen gut erhaltenen Industriedenkmale und gelebten Bergtraditionen. Und so ist es nur folgerichtig, dass diese Region jetzt UNESCO-Welterbe geworden ist. Innovationskraft und sächsischer Erfindergeist machen Sachsen heute als Wirtschaftsstandort aus. Hier gehen Weltmarkt und Bodenständigkeit zusammen. Und wenn wir weiter mit Freundlichkeit und Weltoffenheit zugange sind, dann können wir nicht nur unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern, sondern auch einen Beitrag zu den großen Herausforderungen unserer Zeit leisten, sei es in der Materialforschung, der digitalisierten Produktion oder der Künstlichen Intelligenz.

Ich wünsche der 4. Sächsischen Landesausstellung viel Erfolg, viele zufriedene Besucherinnen und Besucher und danke allen Beteiligten, die sich seit vielen Jahren mit der sächsischen Industriekultur beschäftigen und die Landesausstellung auf den Weg gebracht haben.

Ihr Michael Kretschmer

Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

Unser Spezial zur Landesausstellung