Kommentar zum Purple Path: Unfassbar - weil man Kunst allein lässt!
Ein riesiges Freilichtmuseum soll die über viele Orte verstreute Skulpturen-Sammlung um die Kulturhauptstadt 2025 werden. Die Kunst funktioniert nur einzeln - nicht aber ihre Zusammenschau.
Vermeintlich ist der größte Fehler des Purple Path eine Kleinigkeit, die bisher in Nebensätze weggewinkt wird: Wird noch!
Doch bei nüchterner Betrachtung ist die Sache gravierend: Der Pfad ist kein Pfad.
Auf dem Papier geht das Konzept hervorragend auf: Die Mischung der Werke stimmt, es gibt Reibungspunkte und reine Unterhaltung, niedrigschwellige Erbaulichkeiten wie auch hochklassiges Expertenfutter, hohe Schauwerte und spannende Reflexionstiefen. Große Namen und kleine Entdeckungen. Selbst die Anbindung in die Region bei gleichzeitiger Öffnung in die Welt gelingt der gezeigten Kunst sehr gut.
Der Haken ist aber: Dieses Bild zeigen die Werke nur gemeinsam. In der Zusammenschau, bei der Reibung und Harmonie interagieren, die Einzelteile zum größeren Ganzen werden. Genau das ist aber nicht zu erleben: Die Einzelskulpturen, weit auseinander, stehen nur für sich. Ein Wechselbad der Betrachtung wie beim Rundgang in einem Museum gibt es nicht. Die Verbindung zwischen den Kunstwerken bleibt damit eine konzeptionelle Behauptung, die zwar Websites, Broschüren und blumige Erklärungen schafft, aber kein Publikumserleben. Was schade ist, weil dadurch etwa die umstrittenen Werke nicht von der beruhhigenden Katalysewirkung der zugänglicheren Kunst profitieren können - und diese umgekehrt nicht von den Funken der Reibungsflächen: Da ist keine Symbiose.
So verpufft die Idee eines Freilichtmuseums komplett. Jedes Werk ist mit seiner Wirkung allein und steht im besten Fall in Beziehung zu seinem Aufstellungsumfeld, nicht aber zum "Purple Path". Dieser bleibt rein virtuell.
Wie das kommt? Weil die Werke keine inhaltliche Verbindung zueinander haben, gleichzeitig der Pfad aber eben kein realer Pfad ist. Man kann ihn nur theoretisch, nicht aber in tatsächlich sinnlicher Weise erfahren.
Das ist vor allem deshalb unverständlich, weil es eigentlich in ganz Europa ausreichend Erfahrung gibt mit Erlebniswegen und Freiluft-Museen - vom kleinen Kneipp-Spaziergang durch einen Park bis zur üppigen Weinstraße durch ganze Regionen. Einfachste Regel dabei: Je mehr Betrachtungszeit jede Position aufgrund ihres Erlebnisgehalts benötigt, desto weiter dürfen die Teile auseinander liegen. Sprich: Im Saurierpark sollten das nächste Exponat wohl besser immer in Sichtweite stehen - bei der Burgentour sind dagegen ein paar Kilometer Fahrt und selbst Etappenbildung über mehrere Tage kein Problem.
Da man die Kunst auf dem Purple Path nun aber nicht mehr näher "pfadig" aneinanderrücken kann, müsste man wohl den Einzelerlebniswert der besuchten Skulpturen entsprechend steigern. Wie? Vom Grundsatz her schwierig!
Die beste Lösung wären wohl Bustouren. Aber selbst da muss man aufgrund der zu weiten Streuung bezweifeln, ob dabei auf den langen Pendelfahrten das gewünschte Besuchererleben entstehen kann.
Es bleibt daher zu befürchten, dass der "Path" aufgrund seiner inhaltlich unstrittigen Qualität zwar gut wirkt, aber nur in den kulturellen Bilanzen. Die werden zum Ende der Kulturhauptstadt einmal dort entstehen, wo man auch das Projekt ersann: am Schreibtisch. Schöner wäre es, würde der Region ein auch im touristischen wie kulturellen Sinn wirklich erlebbares "Freiluftmuseum" bleiben - und zwar übers Kulturhauptstadtjahr 2025 hinaus. Mit besagtem Konstruktionsfehler ist das aber unwahrscheinlich.