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Kultur
Lagerfelds Haus: Eine Nacht bewohnt – jetzt wird es verkauft

Vier Jahre lang hat er es akribisch restauriert, um wohl nur eine einzige Nacht darin zu verbringen. Nun wird es versteigert. Ein Ort, so rätselhaft wie der Mann, der ihn hinterließ.

Paris.

  Keine pompöse Villa voller opulenter Verspieltheit, vielmehr ein Herrenhaus von kühler Eleganz, das mehr von bürgerlicher Repräsentation als von royaler Pracht erzählt: die "Villa Louveciennes" von Karl Lagerfeld. Jahrelang renovierte und gestaltete der 2019 verstorbene Modezar das Anwesen rund 20 Kilometer westlich von Paris – nur um es letztlich kaum zu bewohnen. Ein Ort, der so rätselhaft ist wie sein Schöpfer.

Am 1. Juli soll das Anwesen unter den Hammer kommen. Der Schätzwert liegt laut den, mit dem Verkauf betrauten Notaren, Maîtres Jérôme Cauro und Arno Felber, bei 4,635 Millionen Euro. Dafür ersteht man in Louveciennes, wo einst Adelige des Versailler Hofs ihre Landsitze errichten ließen, rund 600 Quadratmeter Wohnfläche – ein ehemaliges Jagdschlösschen mit herrschaftlichem Entrée, eleganten Salons, einem Arbeitszimmer, mehreren Schlafzimmern, vier Bädern und einem Aufzug. 

Der Park ist weitläufig, mit Pool, Poolhaus und Tennisplatz. Mehrere Nebengebäude gehören dazu – ebenso wie ein Hauch Biografie, der in jedem Raum spürbar bleibt. Nur die Möbel fehlen: Sie wurden längst versteigert.

Pool und Poolhaus auf dem Anwesen von Karl Lagerfeld vor den Toren von Paris (undatiert).
Pool und Poolhaus auf dem Anwesen von Karl Lagerfeld vor den Toren von Paris (undatiert). Bild: ---/Mediacorp/dpa

Eine Nacht im Poolhaus

2014 erwarb Lagerfeld das Anwesen – und ließ es in den folgenden vier Jahren mit jener Detailversessenheit umgestalten, die untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Wie so oft vermischen sich bei ihm Mythos und Realität. Es heißt, er habe sie einzig deshalb gekauft, um eine seiner großen Leidenschaften auszuleben: die Inneneinrichtung.

Raum für Raum entstand ein Gesamtkunstwerk – vollendet bis zum verchromten Feuerlöscher, durchkomponiert wie eine Kollektion. Und doch: Am Ende soll er nur eine einzige Nacht dort verbracht haben.

Laut den Notaren soll der Maestro nicht im Hauptgebäude geschlafen haben, sondern im gläsernen Poolhaus – ein eleganter Kubus mit integrierter Küche, Schlafzimmer und Sauna. An das Poolhaus angrenzend: ein stilles, eigens umzäuntes Stück Rasen – einst Spielbereich von Choupette, Lagerfelds kleiner Birma-Katze. 

Fast klösterliche Klarheit 

Im Haus bestimmen Symmetrie und raffinierte Schlichtheit die Atmosphäre. Nichts lenkt ab, alles ist durchdacht – ganz im Sinne von Lagerfeld, der dem Überflüssigen nie traute. 

Nichts stört das Auge. Selbst die Haustechnik mit ihren Röhren, Leitungen und Anschlüssen wurde diskret in die Nebengebäude verlegt. Doch die Strenge bleibt nicht kalt: Mehrere lichtdurchflutete Salons öffnen sich zum Park und schaffen eine Balance zwischen kontrollierter Architektur und spielerischer Leichtigkeit – wie Lagerfeld selbst, der Disziplin und Esprit stets pragmatisch zu verbinden wusste.

Kindheit in Leoparden-Tapete

Karl Lagerfeld, der zwar nicht kochte und keine Kochgerüche ertrug, soll die Küche dreimal neu gestalten lassen haben, bevor das gewünschte Ergebnis erreicht war. Auffällig: Die Küche verfügt über fünf Spülbecken. Warum? Das bleibt ein weiteres Rätsel. 

Ein besonders berührender – und kurioser – Ort ist ein Raum, der dem Zimmer seiner Kindheit auf dem Landgut der Familie in Bissenmoor bei Hamburg nachgebildet wurde: mit Leoparden-Tapete und einem originalen Louis-XVI-Bett. An der Wand hing demnach ein Gemälde, das seine lebenslange Faszination für das Zeitalter der Aufklärung und das Barock entfachte: Friedrich der Große empfängt Voltaire in Sanssouci.

Ein Selbstbildnis? Vielleicht. Auch Lagerfeld trug später einen weiß gepuderten Zopf. "Prinz oder nichts", wie er selbst formulierte. 

Ein Raum in der Villa von Karl Lagerfeld vor den Toren von Paris (undatiert).
Ein Raum in der Villa von Karl Lagerfeld vor den Toren von Paris (undatiert). Bild: ---/Mediacorp/dpa

Überbleibsel eines vergangenen Alltags

Im ersten Stock beginnt eine andere Welt: Atelier, Büro, Nebenräume. Die Wände tragen noch Spuren seiner Lesewut – überall Dübel, Reste von Regalen. Zwischen 250.000 und 300.000 Bücher soll Lagerfeld besessen haben. Über 20.000 davon zählte die Bibliothek, die er in einem der Nebengebäude einrichten ließ.

Zehn Bücher gleichzeitig, drei Sprachen parallel – Englisch, Französisch, Deutsch –, das sei für ihn ganz normal gewesen, sagte er einmal. Philosophen, Dichter, Historiker: Lagerfeld konnte sie abrufen wie andere Telefonnummern. 

Zurückgezogen, durchkomponiert, detailversessen: In jedem Raum des Hauses liegt etwas von ihm – Strenge, Stille, Stil. Gefühle, Beziehungen, Vergangenheit – all das hielt er sich auf Abstand. "Privat ist bei mir nur mein Schlafzimmer", sagte er einmal. Und so bleibt Louveciennes ein weiteres Fragment jenes Rätsels namens Karl Lagerfeld. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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