QR Code
Jetzt App herunterladen!
Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
In den 19 Kapiteln des Gesprächsbuches "Kein Grund, gleich so rumzuschreien" sprechen beide Autoren über Gott und die Welt.
In den 19 Kapiteln des Gesprächsbuches "Kein Grund, gleich so rumzuschreien" sprechen beide Autoren über Gott und die Welt. Bild: Sebastian Gollnow/dpa
Kultur

Über Tulpen reden: Neues Buch von Suter und Stuckrad-Barre

Speisereste, Vergissmeinnicht: Zwei Bestseller-Autoren - Suter und von Stuckrad-Barre - sezieren die deutsche Sprache. Sie machen es im Plauderton. Herausgekommen ist etwas sehr Persönliches.

Berlin.

Sie gehören zur ersten Riege der deutschsprachigen Autoren und bezeichnen sich als Freunde. Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre besuchen sich hin und wieder. Daraus machen sie Literatur. Nach rund vier Jahren legen sie am Mittwoch zum zweiten Mal ein Buch mit Gesprächen vor. Wer genau liest, erfährt sehr Persönliches über die Star-Schriftsteller.

Im Kern ist es ein Buch über Sprache. Warum heißt Vergissmeinnicht nicht Vergissmichnicht? - darüber denken die beiden nach. Und ob die Sagenfigur Sisyphos den Stein bis ganz oben auf den Berg rollt und dieser dann auf der anderen Seite runterkippt, oder ob er erst gar nicht oben ankommt. Es wirkt wie ein Nebenbei-Geplauder, aber auf sehr hohem Niveau. Eingestreute Gedanken und alles irgendwie im Fluss. Der "Spiegel" charakterisierte das Werk als "seicht, unterhaltend und rührend zugleich".

Es ist viel passiert in den vergangenen Jahren. Der 76 Jahre alte Schweizer Autor Suter ("Der letzte Weynfeldt", "Melody"), stets elegant in der Öffentlichkeit gekleidet, erlebte einen schweren Schicksalsschlag. Seine Frau, die Modedesignerin Margrith Nay Suter, starb 2023 im Alter von 72 Jahren. Das Paar war rund 45 Jahre zusammen gewesen. Monate darauf starb Suters Mutter. 

Von Stuckrad-Barre publizierte den Roman "Noch wach?", der in der Medienbranche sehr viel Staub aufwirbelte. Das Buch, obgleich konkrete Namen nicht auftauchen, wurde von vielen Medien als Sittenbild des Konzerns Axel Springer mit seinem Boulevardtitel "Bild" interpretiert. Stuckrad-Barre war früher für den Medienkonzern als Autor tätig gewesen.

In den 19 Kapiteln des Gesprächsbuches "Kein Grund, gleich so rumzuschreien" sprechen beide Autoren über Gott und die Welt. Im ersten Dialogband "Alle sind so ernst geworden" aus dem Jahr 2020 hatten sie über Badehosen, Glitzer oder saures Fleisch gesprochen. Jetzt sind es Schnittblumen (Suter: "Tulpen sind ja richtige Säufer. Die wachsen auch noch, wenn sie tot im Wasser stehen."). Die Kapitel tragen Namen wie "Rasenmähroboter", "Eitelkeit", "Rauschmittel".

Der rote Faden: der Tod

Immer wieder führt das Gespräch der beiden zum Tod. Und vielleicht ist das hier die größte Stärke des Buches, weil beide in eine Tabu-Zone vordringen und sie ausleuchten. Das passiert zum Beispiel so: Die Autoren machen sich Gedanken über den Begriff "jemanden zu verlieren". Suter: "Man bedauert damit den Überlebenden statt den Gestorbenen. Deswegen stört mich diese Formulierung." Stuckard-Barre fragt Suter immer wieder nach der Zeit, als seine Frau Margrith starb. Der Schweizer Bestseller-Autor gibt sehr viel Persönliches preis. Er spricht über "hysterisches Trauerlachen". 

Alkohol vor die Hotelzimmertür

Stuckrad-Barre verrät, dass er in Hotelzimmern den Alkohol aus den Minibars ausräumt und vor die Tür "knallt". Der Autor mag keine Rosen ("Eine unfassbar dumme Blume", "ein Klischee für die Vase"), dafür Sonnenblumen. Er besitzt nach eigenen Angaben kein Haus und keine Wohnung: "für immer der Typ Girokonto". Der Autor ist bekannt für Werke wie "Panikherz" oder "Soloalbum". Er schnappt die Sprache von bestimmten Gruppen, Zeitgeist und Milieus auf. Auch Rausch, Sucht und Extreme spielen in seinen Werken immer wieder eine Rolle. Er schrieb auch mal ein Anti-Rauschmittel-Buch und beschrieb, wie es ist, unter Partyleuten nichts zu trinken. 

Von Stuckrad-Barre spricht im Kapitel Eitelkeit über sein Unbehagen, wenn von ihm Fotos gemacht werden. Er sagt zu Suter: "Du kennst ja das stundenlange Körpertheater, das ich jedes Mal aufführe schon für ein ganz einfaches Foto." Er schreibt von einem "Krankheitsbild, Körperschemastörung". Dass er schon unfassbar viel Zeit damit vergeudet habe, sich dick zu fühlen. Er spricht an einer anderen Stelle in dem Kapitel auch von einem "Unterlegenheitsgefühlsknast".

Wie die Gespräche im Buch entstehen

Die Methodik hinter dem Gesprächsbuch: Die beiden Autoren treffen sich, zeichnen Gespräche auf, verschriftlichen und überarbeiten sie. Es sind also keine 1:1 Transkripte ihrer Treffen. Ab dem 14. Dezember gehen beide auf eine Lesereise. Sie starten in Berlin. Weitere Städte sind zum Beispiel München, Frankfurt, Stuttgart, Leipzig, Zürich und Wien.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur im April hatte Suter auf die Frage, ob beide Freunde seien, gesagt: "Ja." Und von Stuckrad-Barre ergänzte: "Unbedingt." Suter: "Wir nennen einander auch "Lieber Freund", und das nicht ironisch. In schwierigen Zeiten war Benjamin einer der wenigen, mit denen ich ganz normal über alles reden konnte." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
20.11.2024
3 min.
Nach Rassismusvorwürfen erscheint Monika Grubers Buch neu
Für ihr Buch "Willkommen im falschen Film" wurde Monika Gruber heftig kritisiert. Nun erscheint es in einer Neuauflage.
Ende 2023 sorgte ein Buch der Kabarettistin Monika Gruber für Wirbel. Eine Bloggerin sah sich darin rassistisch angegriffen und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Nun erscheint eine Neuauflage.
11:20 Uhr
1 min.
FC Bayern knackt beim Umsatz Milliarden-Schallmauer
Der FC Bayern präsentiert wieder imposante Zahlen.
Der FC Bayern ist bekannt für seine guten Zahlen. Diesmal erreicht er eine besondere Zahl. Auch die Rekordmarke bei den Mitgliedern steigt imposant weiter.
07.12.2024
5 min.
Busunglück, Kälte, Schnee: Erzgebirger organisieren für 48 gestrandete Menschen aus Nordrhein-Westfalen und Zwickau spontan Hutzenabend
Schnappschuss von Vereinschef Knut Scheiter. Die in Tellerhäuser gestrandeten Gäste im Dorfhaus: Die Menschen aus NRW hatten einen Busunfall.
So ticken die Menschen in der Region: Wenn Hilfe nötig ist, wird angepackt. Das haben nun die Tellerhäuser eindrücklich bewiesen. Doch wie geht die ganze Geschichte? Da kommt Knut Scheiter ins Spiel.
Jan Oechsner
11:24 Uhr
2 min.
"Darf nicht passieren": Skandal um Hymne bei Charr-Kampf
Der Kölner Profiboxer Mahmoud Charr hat seinen WM-Kampf gegen Kubrat Pulew verloren (Archiv).
Die WM-Niederlage des deutschen Boxers Mahmoud Charr in Bulgarien gegen Kubrat Pulew rückt in den Hintergrund. Vor dem Duell kommt es zu einem Eklat um die deutsche Hymne.
24.11.2024
2 min.
Antiquaria-Preis für Berliner Gestalter Günther Karl Bose
Günther Karl Bose erhält den nächsten Antiquaria-Preis der Ludwigsburger Messe für alte Bücher (Handout).
Jahr für Jahr stellen zwei Messen in der Region Stuttgart den künstlerischen Wert von Büchern, Drucken und Landkarten in den Mittelpunkt. Einen begehrten Preis gibt es dabei auch.
05.12.2024
3 min.
Stempel sammeln im Bonusheft ist bald Geschichte
Noch ist die Papier-Variante beim Bonusheft Standard.
Wer regelmäßig zum Zahnarzt geht, wird von seiner Kasse mit hohen Zuschüssen belohnt. Künftig soll der Nachweis digital erfolgen. Das hat Vorteile.
Kornelia Noack
Mehr Artikel