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Die Miet-Hühner

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Es geht wieder um Hühner. Kind 1 wünscht sich ein Leben mit Huhn, deshalb habe ich uns welche ausgeliehen. Das funktioniert ähnlich wie in der Bibliothek. Das Medium, das man mit nach Hause nimmt, ist aber kein Buch, sondern ein großer und manchmal übergewichtiger Vogel. Man kann von ihm lernen. Weil Hühner gerade gefragter sind als Helene-Fischer-Konzerte, musste ich unsere kleine Miethuhn-Gruppe mehrere Monate vorher bestellen.

Jedenfalls fuhr ich mit Kind 1 endlich zur Hühner-Ausgabe. Die Chefin, eine zierliche Frau, pflückte in ihrem Gärtchen ein weißes Huhn und drückte es in die Arme meines Sohnes. „Das ist die Lisa“, sagte sie, und fing das nächste Huhn ein. Lisa sei etwas ganz Besonderes. Sie lege jeden zweiten Tag ein kleines, cremefarbenes Ei und sei sehr selbstbewusst für eine Henne. Kind 1 sagte, wir hätten bereits einen sehr selbstbewussten Zwergdackel zu Hause. Deshalb wollte der Junge wissen, wie sich extrovertiertes Verhalten bei einer Henne bemerkbar macht. „Lisa ist der Boss“, sagte die Chefin. Lisa habe den schönsten Platz auf der Stange, dürfe als erste an den Futternapf und gehe in den Stall, wenn sie es für richtig hält.

Etwas später saßen vier Hühner in meinem Kofferraum. Sie hockten in dem kleinen Häuschen, das zum Miet-Paket gehört, und machten Hühner-Geräusche. Zu Hause rollten wir den Zaun aus und spießten seine Pfähle in den Boden. Wir bauten alles in den Vorgarten. Das ist der Platz, an dem dort, wo wir wohnen, frisch rasierte Buchsbäume und Rosenstöcke stehen.

Mein Mann blieb drin und beobachtete uns durchs Küchenfenster. Er hat Vorurteile gegen Hühner. Er mag nur ihre Eier und ihre Keulen und ihre Brüste. Kind 1 öffnete das Häuschen unserer neuen Mitbewohner. „Ein Ei!“, rief der Junge. Da das Ei cremefarben war, bedankte er sich bei Lisa, die mit ihren Freundinnen in einem Busch verschwunden war. Ich ging rein. Mein Mann saß am Küchentisch, trank Bier und suchte im Internet nach schnell wachsendem Grassamen. Den soll ich bitte streuen, wenn wir mit den Hühnern fertig sind. Da spazierte Kind 1 durch die Terrassentür in die Küche, dicht gefolgt von Lisa. „Sie ist schon zahm“, sagte Kind 1. In Wahrheit erpresste er die Henne mit einer Banane. Sie lief ihm hinterher.

Ich habe gelesen, dass Hühner am Schocktod sterben können. Zuviel Stress, zack, hinüber. Der Zwergdackel schoss durchs Zimmer und bellte der Henne die Ohren voll. Überall Federn. Lisa geht es den Umständen entsprechend gut. Fortsetzung folgt...

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