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Eine Frage des Stolzes

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Manchmal, wenn meine Waden zwicken, meine Seiten stechen und ich vor Blasen kaum noch laufen kann, bin ich am Hadern. Mit der ganzen Aktion. Wenn ich nach Hause komme und mich die Couch anlächelt, mein Bett morgens so schön warm ist oder es draußen gerade in Strömen regnet, frage ich mich: Was in aller Welt soll das eigentlich alles? Reicht es nicht, einfach so ab und zu ein bisschen zu joggen? Für die Gesundheit?

Fakt ist: Ich bin kein Wettkampf-Typ. Es ist nicht so, dass ich keinen Ehrgeiz hätte. Ich vermeide es nur, mich permanent mit anderen zu vergleichen. Wenn ich mich mit jemandem in irgendetwas messe, dann nur mit mir selbst. Vor drei Jahren zum Beispiel bin ich den Halbmarathon beim Adelsberglauf in Chemnitz in einer Zeit von einer Stunde und 56 Minuten gelaufen. Würde ich dieses Jahr genauso lange brauchen, wäre ich enttäuscht. Mich wurmt es aber nicht im Geringsten, wenn mein Bruder die gleiche Strecke in einer Stunde und 31 Minuten zurücklegt. Ich vergleiche ja auch keine Äpfel mit Birnen.

Vermutlich habe ich mich deshalb für einen Marathon entschieden. Ich könnte auch gemütlich an Volksläufen mit Distanzen von zehn bis 20 Kilometern teilnehmen. Das wäre sogar gesünder. Aber dann müsste ich mich bei jedem Lauf signifikant verbessern und wäre am Ende nur noch frustriert. Einen Marathon hingegen bin ich noch nie gelaufen - habe also keine Vergleichsmöglichkeiten. Während bei einem Lauf über zehn Kilometer die persönliche Leistung danach gewertet wird, wie schnell man war und welchen Platz man belegt hat, zählt bei einer Distanz von 42 Kilometern allein das Ankommen. Weil weniger als ein Prozent der Bevölkerung überhaupt einen Marathon schafft, ist am Ende jeder ein Held. Egal, ob er nach zwei, drei oder fünf Stunden ins Ziel kommt.

Außerdem gibt ein Marathonlauf dem sonst eher sinnfreien Tun einen übergeordneten Sinn. Die wenigsten rennen nur zum Spaß durch den Wald. Aber ein Marathon motiviert weit stärker zum Trainieren, als wenn man einfach "nur" abnehmen oder einfach "nur" fitter werden will. Nicht zu vergessen die Sache mit dem Selbstwertgefühl. Nach einem langen Arbeitstag trotz Müdigkeit noch gelaufen? Stolz. Eine neue, längere Distanz geschafft? Stolz. Sonntags extra zeitig aufgestanden? Stolz. Für all die kleinen Siege über den inneren Schweinehund und die eigene Bequemlichkeit lohnt sie sich, die Schinderei.

Das hat sich wohl auch mein Bruder gedacht  - er läuft in München mit. Vermutlich kommen wir nicht zusammen ins Ziel. Aber gemeinsam am Start zu stehen, macht auch schon stolz. So in Familie.

Noch 190 Tage bis Tag X

Läufe: 3

Wochenkilometer: 33

Gemütslage: Stolz

Fazit Woche 5: Der Schmerz geht, der Stolz bleibt. Dass mein Bruder mit an den Start geht, motiviert mich zusätzlich. In diesem Sinne: Freu!

 

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